Das sagt die Presse

Von Jochen1970

Der Sindelfinger Kammerchor feiert dieses Jahr sein 25-jähriges Bestehen. In solch einem Jubiläumsjahr darf es schon etwas Besonderes sein. Daran wagte sich der Chor nun mit einem Ausflug in den Jazz. Gemeinsam mit der STB-Big-Band führte er in der Christuskirche unter Leitung von Markus Nau das „Sacred Concert“ Duke Ellingtons auf.

Neugier wie Ansturm auf dieses Konzert, bei dem der Kammerchor das in 25 Jahren bislang lediglich marginal beackerte Terrain des Jazz betrat, waren immens. Ein Blick in die bis auf wenige Restplätze gefüllte Christuskirche bestätigte, dass der Chor mit diesem Werk auch Publikum erreichte, dass bei seinen Konzerten mit klassischem Repertoire noch nie gesehen wurde. Und am Ende schien die in stehenden Ovationen bekundete Begeisterung des Publikums kaum Grenzen zu kennen. Was natürlich auch am Werk liegt.

 Wirbelwind mit Stepptanz

Duke Ellington, damals schon seit gut 30 Jahren eine Jazz-Legende, komponierte das „Sacred Concert“ Mitte der 1960er Jahre zum 100-jährigen Jubiläum einer Kathedrale in San Francisco frei von irgendwelchen formalen Vorbildern. Selbst die Texte dieser geistlichen Musik stammen aus seiner Feder. Dabei verbindet Ellington nicht nur glänzend europäische Chortraditionen mit kammermusikalischem Instrumental-, Vokal- und Big-Band-Jazz, sondern beweist sich auch als Entertainment-Profi, der weiß was Showtime heißt.

So lässt er für einen langen Satz einen Stepptänzer aufmarschieren. In der Christuskirche verfehlt das in Presto-Vivace-Manier gebotene Sohlengeknatter von Klaus Bleis als Steppwirbelwind seine Wirkung erwartungsgemäß nicht.

Natürlich liegt der Jubel aber auch an der Aufführungsgüte. Die STB-Big-Band, die sich das Stück bereits vor zwei Jahren für ihr eigenes Festjahr zum 20. Geburtstag erarbeitet hatte, serviert einen Topsound, bestens angepasst an die für sie ungewohnt hallreiche Umgebung. Die wiederum verleiht den hochkarätigen Instrumentalsolisten Matthias Russ (Trompete), Andreas Francke (Altsaxofon) und Django Hödl (Posaune) einen edlen Klang, der auf gängigen Jazzpodien undenkbar ist.

Die Rhythmuscrew um Drummer Ralf Püpcke hält glänzend die verschiedenen Feelings auseinander, hängt mal lässig hinter dem Beat oder sorgt für Vorwärtsdrang in Up-Swing-Nummern.

Obwohl wahrlich kein Jazz-Ensemble, versteht auch der Kammerchor, wo gefordert, zu swingen. Schlicht klasse aber, wie das Ensemble den Spagat schafft zwischen hochnuanciertem, teils feinst abgewogenem klassischem Chorgesang und Passagen, in denen Loslassen und Power gefragt ist: Obwohl keine dreißig Kehlen stark, vermag der Chor der Big-Band bei Bedarf die Stirn zu bieten. Zudem wartet der Kammerchor mit vorzüglicher Intonation in Ellingtons oftmals komplexen Akkorden auf.

Bretter und Euchenhofer

Insgesamt erstaunlich: Trotz der vielen fein abgewogenen Passagen gerät die Balance zwischen Band und Chor kaum einmal in Gefahr. Die große musikalische Bandbreite zwischen bluesigen, swingigen, choral- und gospelartigen Sätzen wird noch erweitert durch zwei Vokalsolistinnen. Mit bluesig-dunklem Timbre beweist sich Pearl Bretter einmal mehr als Könnerin im Fach Jazzballade, während die hell temperierte Klassikspezialistin Christine Euchenhofer als Königin der Höhenregionen auftrumpft.

Ebenfalls stehende Ovationen nach zwei Zugaben ernteten Kammerchor, STB-Big-Band, Pearl Bretter, Christine Euchenhofer und vor allem Klaus Bleis am Sonntagabend in der Stadtkirche St. Johann von Schaffhausen. Zum Konzert, das die Feiern zum 60-jährigen Bestehen der Städtefreundschaft zwischen Sindelfingen und Schaffhausen am Rhein beschloss (), kamen gleich mehrere Sindelfinger, die derzeit am Bodensee Urlaub machen. „Es hat einfach Spaß gemacht“, sagte Markus Nau nach dem Auftritt in der Schweiz.