Fleisch aus dem Gefrierschrank – nur unter bestimmten Voraussetzungen!
Wir starten unsere Reise zum perfekten Steak am Kühlschrank. Dort hast Du Dein Fleisch hoffentlich aufbewahrt, denn dort finden Bakterien die denkbar schlechtesten Bedingungen, sich zu vermehren. Es gibt nur einen Ort, wo Fleisch sich länger hält – das ist das Tiefkühltruhe. Tiefgefrorenes Fleisch muss nicht zwangsläufig an Qualität einbußen – dafür muss es aber bestimmte Voraussetzungen erfüllen.
Fleisch muss zur Aufbewahrung im Tiefkühlfach vakuumiert werden, mit einem möglichst starken Vakuum, um Kontakt mit Sauerstoff und Gefrierbrand zu verhindern. Erschwingliche Vakuumierer gibt’s bereits ab 100 Euro, Vakuumierer
Das perfekte Steak braucht Raumtemperatur!
Wenn Du Dein Steak über Nacht auftaust, dann bist Du automatisch auf dem richtigen Weg, jetzt solltest Du es noch auf Raumtemperatur bringen. Gib ihm dafür zwei Stunden Zeit. Ein Stück Fleisch auf Zimmertemperarur ist der optimale Ausgangspunkt für das perfekte Steak, aus zwei Gründen: Bei Raumtemperatur setzen noch keine Denaturierungsprozesse (Garprozesse) ein und doch ist es nicht mehr weit bis zu dem Punkt, an dem das Myosin als erstes Protein im Fleisch zu denaturieren beginnt. Das passiert logischerweise zunächst an der Außenseite, wo das Steak mit der Pfanne in Kontakt steht. Die Wärmeübertragung setzt sich weiter in die Mitte fort – wie schnell das geht, hängt von der Ausgangstemperatur des Steaks ab. Optimal sind 22-23 Grad.
Um es deutlich zu machen: Stell Dir vor, du legst ein 6 Grad kaltes Steak aus dem Kühlschrank direkt in die Pfanne. Außen wirkt starke Hitze auf das Fleisch ein, da du eine schöne Kruste erhalten willst. Innen ist das Fleisch allerdings eiskalt und es dauert sehr lange, bis die Wärme weiter nach innen vordringen kann. Irgendwann ist an der Außenseite das gewünschte Ergebnis erzielt – eine braune Kruste, doch im Kern ist das Steak noch immer kalt. Nun musst Du Abstriche bei der Qualität machen. Entweder in Kauf nehmen, dass die Kruste leicht verkohlt, oder einen kalten, rohen Kern akzeptieren. Alternativ kannst du das Steak im Ofen langsam zu Ende garen, doch der graue, zähe Außenbereich, in dem der Wassergehalt unter 30 % sinkt, fällt dann breiter aus, als eigentlich notwendig. Und schon ist das perfekte Steak Geschichte.
Steak vorher salzen – ja wirklich!
Wir kommen jetzt an einen Punkt, der zu den am heißesteb diskutierten Zubereitungsfragen der Koch-Geschichte gehört. Wahrscheinlich hast auch Du eine Meinung dazu: Steak vor dem Braten salzen oder danach? Es gibt darauf keine wissenschaftlich wasserdichte Antwort, es gibt allerdings Indizien und meine eigenen Testergebnisse, die ich Dir hier näherbringen will. Ein Steak sollte VOR dem Braten gesalzen werden. Es kommt – so glaube ich – auf den Zeitpunkt des Salzens an.
Im Zentrum aller Gedanken zum Thema Salz und Steak steht die Osmose. Sie bezeichnet den Fluss molekularer Teilchen (z.B. Wasser) durch eine semipermeable Membran (eine Trennschicht, die bestimmte Teilchen durchlässt – andere wiederum nicht.) Nach dem Gesetzt der Diffusion sind beide Seiten einer Trennschicht immer bestrebt, ihre Teilchenkonzentration gleich zu halten. Was bedeutet das für ein Steak?
Salzt man Fleisch, bildet sich auf der Oberfläche des Steaks eine stark salzhaltige Lösung. Zwischen dem Fleischsaft im Inneren und der Salz-Lösung außen liegt eine solche semi-permeable Membran, die Wasser, aber kein Salz durchlässt. Um die extreme Salzkonzentration außen abzuschwächen, diffundiert nun Wasser durch die Membran nach außen – das Fleisch wird trockener. Dieser Prozess dauert mindestens 15 Minuten – gut sichtbar an der Wasserlache auf dem Fleisch. Doch das ist noch nicht das Ende der Salz-Story.
Viele Spitzenköche sind mittlerweile dazu übergegangen, ihr Fleisch bis zu 12 Stunden vor dem Braten zu salzen. Das hat einen Grund: Lässt man die Salz-Lösung auf dem Fleisch ruhen, beginnt sie, das Fleisch zu denaturieren – damit einher geht der Velust der biologischen Funktionen der Zellen. Das Wasser (bzw. ein großer Teil davon), kann dadurch wieder ins Steak zurück strömen und zwar in leicht gesalzener Form. Damit machst Du Dir zwei Vorteile zu nutze: Das leicht salzhaltige Wasser denaturiert im Inneren weitere Teile des Steaks und macht sie so besonders zart. Zudem ist das Fleisch innen bereits leicht gewürzt. Ich habe mit dieser Methode bereits sehr gute Erfahrungen gemacht. Selbst wenn Du keine 12 Stunden wartest, sondern nur zwei, tritt dieser Effekt bereits ein. Wenn du allerdings 20 Minuter vorher salzst, hast Du Deinem Steak geschadet, denn es wird zäher und trockener. Natürlich kannst Du auch danach salzen – dann aber nutzt du die Effekte der Osmose nicht mehr – das perfekte Steak ist dann eben nicht mehr ganz so perfekt.
Nasses Steak – Keine Kruste!
Egal, wann du salzst und egal, wie viel Wasser wieder ins Steak zurück geströmt ist: Es wird immer ein Rest Flüssigkeit auf der Oberfläche zurückbleiben. Du wirst es immer mit einem nassen Steak zu tun haben – und genau das gilt es zu vermeiden. Tupfe die Flüssigkeit möglichst sorgfältig und vorsichtig ab, bevor Du Dich mit dem Steak der Pfanne näherst, denn mit einem nassen Steak minderst Du die Chancen, auf eine herrlich kross-braune Kruste. Der Grund ist simpel:
Stell‘ Dir vor, Du kochst einen Blumenkohl im Wasser. Was hat der am Ende nicht? Richtig! Er hat keine braunen Flecken, keine Kruste, keine Röstaromen. Wasser kann man auf maximal 100 Grad erhitzen, dann beginnt es zu verdampfen. Diese Temperatur reicht allerdings noch nicht aus, die Maillard-Reaktion auszulösen. Diese Reaktion sorgt im Zuge eines komplexen chemischen Vorgangs dafür, dass Lebensmittel ihre braunen Röstaromen erhalten. Extrem vereinfacht, kann man es mit dem Prozess des Karamellisierens vergleichen – denn auch hier sind Zucker aus den Fleischzellen im Spiel.
Zurück zum Steak: Sobald Du ein nasses Steak in die Pfanne legst, beginnt das Steak zu kochen, anstatt zu braten. Die Wasser-Schicht zwischen Fleisch und Pfanne erhitzt sich, allerdings auf maximal 100 Grad und hält dadurch die Gluthitze der Pfanne vom Steak fern – ein grober Fehler! Natürlich ist das Wasser irgendwann verdampft, doch bis dahin hast Du wertvolle, krustenbildende Zeit verschenkt. Merke: Ein trockenes Steak führt zur krossesten Kruste.
Die richtige Pfanne!
Die Wahl der richtigen Pfanne hat ähnliches Diskussionspotential wie die Frage nach dem Salz. Eines kann man allerdings mit Sicherheit sagen: Beschichtete Teflon-Pfannen sind definitiv nicht zum Steakbraten geeignet. Solche Pfannen mit Anti-Haft-Beschichtung sind für schondende Gar-Prozesse konzipiert – für ein Spiegelei oder gedünstetes Gemüse, jedoch NICHT für extrem hohe Temperaturen, wie Du sie beim Steakbraten benötigst, um die Maillard-Reaktion auszulösen.
Perfekt zum Steakbraten ist eine schmiedeeiserne bzw. gusseiserne Pfanne. Diese hier ist ein gutes Einsteigermodell mit hervorragenden Bewertungen. Solche Eisenpfannen haben besonders gute Eigenschaften im Bereich Wärmespeicherung und Wärmeübertragung – exakt das, was ein krosses Steak benötigt. Wichtig bei der Anschaffung: Eine Eisenpfanne musst Du einbrennen. Das raucht und stinkt, ist aber essentiell, damit sich schnell eine sogenannte „Patina“ bildet. Das ist eine Art natürliche Beschichtung mit einem gewissen Anti-Haft-Effekt, die gleichzeitig für besonders intensive Röst-Aromen sorgt. Beliebt sind auch Steakpfannen mit geriffeltem Boden – sie sorgen für die klassischen Röststreifen im Fleisch. Hier findet allerdings keine ganz gleichmäßige Wärmeübertragung ins Fleisch statt, da das Steak gewissermaßen auf den Rillen liegt. Dennoch lassen sich auch damit perfekte Ergebnisse erzielen.
Bloß kein Sonnenblumenöl!
Nun stehst Du vor dem Herd, mit dem Steak und der Eisenpfanne. Bitte keine Dummheiten jetzt! Das heißt: Kein Sonnenblumenöl, kein Olivenöl, kein Rapsöl, keine Butter. Hast Du kurz Zeit für einen Exkurs in Sachen Bratfett?
Bratfette haben ganz unterschiedliche Aromen und Eigenschaften. Zu einem Steak passen am besten dezente Butter-Aromen, alles andere ist entweder nichtssagend oder zu intensiv. Warum also nicht in Butter braten? Aus einem einfachen Grund: Wenn man Butter zu hoch erhitzt, zersetzt sie sich in ihre Bestandteile Fett, Milcheiweiß, Milchzucker und Wasser. Während das Wasser unter lautem Zischen verdampft, verbrennen Eiweiß und Zucker und bilden dabei giftige Stoffe. Die flüssige Butter beginnt zu rauchen, ihr Rauchpunkt liegt bei 175 Grad. Das Steak entwickelt durch die verbrannten Stoffe ein bitteres Aroma und nimmt ungesunde Partikel auf.
Andere Fette wie raffiniertes Olivenöl oder Sonnenblumenöl lassen sich höher erhitzen (bis ca. 200 Grad), überzeugen allerdings geschmacklich nicht. Sonnenblumenöl schmeckt nach nichts, Olivenöl so intensiv, dass es den Steak-Geschmack überlagert. And so the Winner is… Butterschmalz! Dieses Fett bietet die beste Kombination aus hohem Rauchpunkt (205 Grad) und dezentem, passendem Aroma. So lässt sich in der Eisenpfanne eine tolle Kruste herausbraten und das Steak nimmt ein leicht buttriges Aroma an. Und das steht jedem Steak gut! Steak-Experten greifen auch mal gerne auf raffiniertes Erdnussöl zurück, es hat einen noch höheren Rauchpunkt und ein sehr mildes Aroma.
Das perfekte Steak braucht eine heiße Pfanne!
Jetzt gehen wir in die heiße Phase. Du erhitzt die Pfanne auf maximaler Stufe. Wer einen Gasherd sein Eigen nennt, hat Glück, denn der erhitzt extrem schnell, aber auch ein herkömmliches Cerranfeld tut’s – keine Sorge. Es dauert dort nur ein wenig länger, bis die Pfanne richtig heiß ist. Du könntest das Fett nun von Anfang an mit in die Pfanne geben, ich empfehle allerdings eine andere Herangehensweise:
Gib der Pfanne in jedem Fall 3-4 Minuten Zeit, sich aufzuheizen. Dann spritzt du von deinen Fingern etwas Wasser hinein. Erst wenn die Tropfen auf der Oberfläche tanzen und binnen Sekunden verdampft sind, ist es Zeit, das Fett hinein zu geben. Nochmal 20 Sekunden warten und dann ist es auch endlich Zeit für das Fleisch. Dass Du alles richtig gemacht hast merkst du, wenn es mächtig zischt und ein wenig raucht. Ganz ohne Rauch wird es nicht funktionieren. Jetzt kannst Du sicher sein, dass die Maillard-Reaktion unverzüglich für Dich arbeitet. Das perfekte Steak ist auf dem Weg.
Der Rüttel-Trick: Steak nur einmal wenden
Da brutzelt es nun vor sich hin und ungeduldig fragst Du Dich, wann es endlich Zeit ist, das gute Stück zu wenden. Keine Panik! Es gibt eine simple Faustregel, die zumindest in der Eisenpfanne gilt: Das Fleisch wird zu Beginn erstmal leicht am Pfannenboden ankleben. Du kannst mir vorsichtigen, ruckartigen Bewegungen testen, ob es sich bereits löst. Erst wenn es sich ohne große Mühe in der Pfanne hin und her schieben lässt, hat es eine durchgängige Kruste gebildet, das sollte aber in der Regel mindestens 2-3 Minuten dauern.
Zwei Minuten ist ein gutes Stichwort. Jetzt reduzierst Du die Hitze auf dem Herd auf mittelhohe Stufe (z.B. 7/9). Nach erfolgreichem Ruckel-Test wendest du das Steak und gibst ihm auf der Rückseite die selbe Zeit. Die Pfanne hat genügend Hitze gespeichert, um auch hier eine wunderschöne Kruste zu erzielen. Sorge dafür, dass beim Wenden wieder etwas Fett unters Steak gelangt. Nach der selben Zeit von der Rückseite, ist das Steak medium gebraten. Die genauen Bratzeiten habe ich Dir hier aufgelistet.
Bratzeit nach Dicke des Steaks (medium)
Für rare – 1 Minute, für well done + 1 Minute
- 2 cm: 3 Minuten von jeder Seite
- 2,5 cm: 3 1/2 Minuten von jeder Seite
- 3 cm: 4 1/2 Minuten von jeder Seite
- 3,5 cm: 3 Minuten von jeder Seite, dann 6 Minuten im Backofen bei 180 Grad.
Das perfekte Steak: Die perfekte Nachsorge
Es ist fast geschafft und doch kannst Du es noch immer versemmeln. Zum Beispiel indem Du das Steak nun sofort anschneidest, im übelsten Fall auch noch gegen die Faser, also längs. Das sind die zwei größten Fehler, die immer wieder passieren. Dann läuft der Saft aus dem Fleisch und es schmeckt zäh.
Essentiell ist, dass Du Deinem Steak jetzt noch ein wenig Ruhe gönnst, abseits der Hitze. Der Grund: Der Fleischsaft in den äußeren Regionen hat jetzt eine Temperatur von mindestens 100 Grad – also viel zu heiß. Im Kern ist das Fleisch in der Regel ein wenig zu kühl. Durch die Ruhezeit gibst Du dem Fleischsaft nun die Möglichkeit, seine Temperatur in allen Bereichen des Steaks anzugleichen. Zudem ziehen sich die Fleischfasern beim Braten zusammen und drücken den Saft aus den Zellen. Während der Ruhezeit, können sie sich wieder entspannen, sodass der Fleischsaft auch beim Anschneiden gehalten werden kann.
Aufschneiden solltest Du ein Steak immer quer zur Faser, das bedeutet in den meisten Fällen NICHT der Länge nach. Denn in dieser Richtung verlaufen die Fasern, die das Fleisch zusammenhalten – du würdest sie quasi intakt lassen und parallel zu ihnen entlang schneiden. Zertrennst du sie allerdings, indem Du quer zur Faser schneidest, löst du die natürliche Spannung auf und sorgst so für den letzten Zartmacher-Effekt.
Guten Appetit!
PS: Für micht gibt es nur eine Methode, die noch besser ist. Kennst du schon Sous-vide?