Es ist Samstagmorgen und schon die ganze Woche habe ich mich darauf gefreut endlich mit Kaffee und meinem Buch im Bett zu liegen, Spotify Radio laufen zu lassen und so lange zu lesen bis ich nicht mehr möchte. Ich werde heute nicht in die Stadt gehen, ich werde heute nicht einkaufen, ich werde heute maximal die Wäsche aufhängen und das war es. Ich will auch tagsüber niemanden sehen, nicht telefonieren und mein Bett nicht verlassen. Ich mag das lilafarbene Betttuch und die pinke Bettwäsche. Ja, ich liebe das hier und jetzt.
Ich setzte das Buch an und es vergingen einige Seiten bis meine Gedanken das Geschehen verließen und sich um meine eigene Geschichte wickelten.
Ein Tagebuch. Irgendwo habe ich noch ein Tagebuch und das will jetzt gefüllt werden. Ich finde es schnell, weil ich weiß, wo Sachen liegen, die nicht von anderen gefunden werden sollen.
Ich schlage es auf. Wie lange habe ich nichts mehr gesagt? Der letzte Eintrag ist von 2010, 2. Semester. Siegen.
Was ist da passiert? Was habe ich da getan, gedacht, gefühlt?
Ich fand mein Studium immer noch langweilig. Und ich hatte Angst zu versagen.
Wenn ich sehe, wer schon alles studiert hat… Das schaffst Du mit links!
hat mir damals die meiste Angst gemacht.
Wie immer guckte ich zu denen auf, die in einer gleichen Situation waren, aber irgendwie schon weiter. Die, die die Hausarbeit schon fertig geschrieben haben, während ich noch an der Überschrift saß.
Obwohl ich abends gerne die Leute unterhielt, hatte ich Angst vor einer Gruppe zu präsentieren. Ich war vorbereitet – steht da jedenfalls – und habe mir alle möglichen Fragen überlegt, die man mir stellen könnte.
Wenn die mich nicht mögen, nehmen die mich auseinander.
Und im zweiten Semester habe ich mich nicht sonderlich beliebt gemacht. Und besonders vor diesem einen Dozenten wollte ich mich nicht vorführen lassen, denn ich schätzte ihn so. Es lief gut – steht da – und wenn ich an die Präsentation zurückdenke, kann ich mich an die Zweifel gar nicht mehr erinnern. Ich kannte das Thema gut, denn das Thema war “Präsentationen”. In meiner Ausbildung und in den Praktika hatte ich etliche gemacht und gesehen und von anderen gelernt.
Nicht nur meine Kommilitonen, sondern auch mein Prof war sichtlich begeistert. Nie zuvor hatten alle ihre Laptops geschlossen und die komplette Präsentation lang zugehört. Doch, ich kann sagen, dass es wirklich gut lief.
Und dann lese ich, dass ich vorher Angst hatte. Vielleicht eine gute Angst, vielleicht war sie wichtig, damit es gut wurde. Damit es nicht runtergerotzt wurde, damit keine Lücken entstanden. Vielleicht ist es die gesunde Angst, die ich heute noch habe. Ich präsentiere nicht, aber ich habe so meine Baustellen…
Das Tagebuch ist wie dieses Blog. Neulich habe ich ein paar Einträge gelesen und mich irre gefreut, weil ich mich zurück in die Zeit denken konnte, die Freuden und die alten Fragen kurz wieder auflebten.
Dieser letzte Eintrag hat so viel Mut gemacht. Ich habe zu anderen aufgesehen, die eine Hausarbeit fertig hatten, an mir selbst gezweifelt und hatte Angst, das Studium nicht zu schaffen. Und jetzt liegt ein abgeschlossenes Studium mit 2,1 in Regelstudienzeit, Auslandssemester, und Praktika in der Schublade – als wäre nie was passiert.
Irgendwie finde ich es selber süß, welche Gedanken ich mir da gemacht habe. Es weckt die Hoffnung, dass ich in drei Jahren auf heute zurückblicke und es ähnlich ist. Denn wie immer geht es weiter, immer weiter und wird besser, immer besser.
Und jetzt zurück zu Alder Olsen, das Sonderdezernat Q hat einen Fall, den es zu klären gibt, bevor ich rausgehe und mich meinem eigenen stelle.