Das neurologische Nadelkissen

Es begann sich zu einer Zeit, da Dr. Anna noch kleine Assistenzärztin in der Neurologie war und auch nach mehreren Versuchen dem Patienten auf der Stroke Unit partout keine Nadel legen konnte. Es war Sonntag, es war später Abend und Dr. Anna war schier verzweifelt. In dieser Verzweiflung rief sie einen edlen Retter, der aus dem Reich der Anästhesie kam und der sagte: “Kein Problem! Hier lege ich eine grüne Nadel und da drüben eine graue, dann kann auch nichts schiefgehen.” Sprach’s, stach’s, verschwand und war daraufhin nicht mehr gesehen.
Die Aktion hat daraufhin im OP wahrscheinlich für ein paar Lacher gesorgt, aber mir konnte es egal sein, der Kunde war versorgt.

Einige Jahre später. Es ist ein Sonntag, es ist später Abend und das Telefon von Dr. Anna klingelt. Ein wahrscheinlich noch sehr kleiner Neurologe ist am Telefon und sagt: “Ähm… das ist mir jetzt unglaublich peinlich, aber ich habe gerade bei einem Patienten auf der Stroke Unit eine Nadel zu legen versucht und es geht einfach nicht. Dabei habe ich schon vierzehn Mal gestochen!” Ich fand, das könne man ruhig als “ausgiebig versucht” bezeichnen und fühlte mich deshalb bemüßigt, mir das Nadelkissen einmal anzusehen, zumal ich eh grad nichts zu tun hatte und mir die Story ja auch irgendwie bekannt vorkam. Außerdem lege ich lieber schnell eine Nadel als schnell einen ZVK, zumindest um diese Uhrzeit.
Ich fand das Akupunkturopfer auf der Stroke Unit vor. Der Kunde war tatsächlich “not amused”, hatte aber auch wirklich keine Venen. Ich nahm die – zugegebenermaßen rosa – Nadel, stach beherzt dort hin, wo ich mir noch die besten Chancen ausrechnete und ging dann fröhlich pfeifend meines Weges.

Geschichte wiederholt sich eben…


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