Endlich ist es soweit:
Die Lizenz zum Abkassieren der Blogger, Zwitscherer und Facebook Fans kommt
Internet – Verleger sollen ein eigenständiges Verwertungsrecht für ihre Online – Presse Erzeugnisse erhalten. Wer fortan Urheber rechtlich geschützte Presse-Artikel auch nur zu kleinsten Teilen übernimmt, kann mit saftigen Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen überzogen werden. Die Anwaltskanzleien freuen sich schon auf das lukrative Geschäftsmodell, genau wie die finanzstarken Großverlage, wie zum Beispiel der Axel Springer Verlag, der mit seiner Lobbyarbeit bei der Regierungskoalition wesentlich zur Ausgestaltung der neuen Gesetzesvorlage verantwortlich zeichnet – selbstverständlich nur als Berater.
Blogger, Facebook User und Betreiber kleiner privater Homepages, die Texte aus Zeitungen oder Zeitschriften übernehmen, müssen nun eine Lizenz erwerben. Einzige Voraussetzung, um rechtmäßiger Lizenzgeber zu sein, ist die Gewerbetätigkeit des Web – Publizisten. Laut Gesetzes – Entwurf ist dies bereits der Fall, wenn überhaupt irgendwelche Einnahmen erzielt werden ganz gleich wie und in welcher Höhe. So reichen ausdrücklich die Existenz von Werbebannern oder die Implementierung von Micro-Bezahldienste, etwa Flattr oder PayPal, auf der Website aus.
Zwar sollen nach der Ges.Vorlage, das Zitatrecht sowie reine Links, nicht unter das Leistungsschutzrecht fallen, aber es wird nirgends deutlich festgelegt, nach welchen Kriterien eine solche Abgrenzung vorzunehmen ist, zumal ja andererseits betont wird, dass schon kleinste Passagen aus einem digitalen Presse Erzeugnis geschützt seien. Mit dieser vagen Wischiwaschi Formulierung wird viel Raum für willkürliche Interpretationen gegeben, so dass, mit einer wohlkingenden Begründung schlicht alles als geistiges Eigentum definiert werden kann, theoretisch sogar einzelne Begrifflichkeiten. Wer denkt, dies ist eine schlechte Hollywood Komödie, der irrt. Denken wir an Paris Hilton, die sich den geistreichen Spruch “I am hot” (oder war es “it’s hot?) gesetzlich hat schützen lassen, um jeden, jede oder jedes abzukassieren, der, die, das selbiges von sich behauptet hat.
Bei der Gesetzesvorlage bezieht sich das Justiz Ministerium auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Dieser hatte in seiner Weisheit und Realitätsbezogenheit, für Musik festgelegt, dass schon die Übernahme kleinster Schnipsel unzulässig sei, so dass zum Beispiel die GEMA umgehend youtube Videos eines Kindergeburtstages sperren lies, weil leise und verzerrt im Hintergrund gelegentlich Ausschnitte aus einem urheberrechtlich geschützten Kinderlied zu vernehmen, oder besser gesagt, zu erahnen waren. Wir müssen fortan äußerste Vorsicht bei allen, was wir benutzen und von uns geben, walten lassen. Sollten Sie liebe Leser, in einer öffentlichen Sanitäranlage zufällig die Melodei von Hänschen Klein im Beisein eines GEMA Bürokraten furzen, seien Sie versichert, das wird teuer. Auch das laute Vorlesen eines Online Artikels von der Bild Zeitung, so gewohnt beschissen er auch sein mag, wird ab sofort scheußliche Folgen haben. Ob die Rezitation und Benutzung von Alltags Vokabeln, die im digitalen Deutschen Duden stehen, ab sofort ebenfalls lizenzpflichtig für alle Sprachbegabten sein wird, steht nach der Logik der bisherigen BGH Entscheidungen zu befürchten.
Eine zweite Abmahnwelle wird also auf uns allen zurollen, und auch diesmal werden viele eingeschüchterte Verbraucher, die nicht wissen, wie ihnen geschieht, keine rechtlichen Gegenmaßnahmen ergreifen, sondern sofort die unrechtens erpressten Abmahnkosten bezahlen. Das kennen wir schon aus dem Fileshare Bereich. Die Eltern bezahlen illegal gedownloadede Musikstücke ihres filius und schämen sich sogar dabei. Wegen mangelnden technischen und juristischen Sachverstandes, kommen sie gar nicht auf die Idee, dass die Forderungen vielleicht gar nicht rechtens sind, oder wenn sie es sind, dann doch maßlos überteuert.
Und viele Betroffene ahnen zwar, dass sie nichts Unrechtes getan haben, aber können sich einen Prozess gar nicht leisten. Darum ist es wichtig, kühlen Kopf zu bewahren und sich nie alleine und kampflos der Situation auszuliefern. Holen Sie sich Hilfe. Im Internet finden sich viele Verbraucherschutzvereine und rechtliche Beratungsstellen.
Warum nicht google weiter gemolken wird, ist aus der Resistenz des Großkonzernz zu erklären. Der Schwenk weg von Google zu Netzpublizisten erscheint aus Verlegersicht folgerichtig, denn offenbar hat man gut erkannt, dass sich beim Giganten aus den USA kein Geld holen lässt. Denn dieser wird seine deutschen News-Dienste im Zweifel eher abschalten, als dass er sich von den Medienhäusern über den Tisch ziehen lässt. Schon im Streit Youtube gegen GEMA praktiziert Google ja dieses Konzept, indem die Firma Musikvideos für den deutschen Markt einfach sperrte, auch solche, die von der gEMA gar nicht moniert worden sind. Da der einzelne Verbraucher nicht über derartige Mittel verfügt und eindeutig schwächer ist, wird er nun stattdessen gemolken.
Außerdem, was sind schon zehn oder 20 marktrelevante Suchmaschinen gegen abertausende, wenn nicht gar Millionen potenzieller Opfer? So viele Blogger, facebook User, Homepage Inhaber und – nicht zu vergessen, die Micro Blogger bei twitter. Einschließlich der unbedarften Kids, die man ebenso gleichmütig ins Messer des Leistungsschutzrechts laufen lassen wird, wie man sie und ihre Familien seit Jahren zu Opfern der Film- und Musikverwerter werden lässt, ergibt das eine erquickliche Ernte.
Fast überflüssig zu erwähnen, dass das Leistungsschutzrecht die Meinungsfreiheit bedroht und eine gewisse Zensur des Internets darstellt. Wer als Bürger nur noch Zeitung lesen, aber nichts mehr im Internet dazu sagen darf, kann sich getrost als digital kastriert bezeichnen. Insoweit ist das Leistungsschutzrecht auch ein erster Schritt zurück in die Zeit, als die Medien alles zu sagen hatten, der normale Bürger aber die Frese halten musste. Wer die Medien konrollierte, hatte und wird damit die Meinungsbildungskontrolle. Orwell lässt grüßen.
Wer nun noch ruhig sitzen bleiben kann, heisst entweder Elfriede Springer oder Merkel; oder leidet unter anderen geistig moralischen Beschränkungen.
Der Gesetzentwurf ist hier. Bitte ausdrucken und sich den Arsch damit abputzen.
mit freundlichen Grüßen
René Brandstädter, Blogger und unkastrierbarer Meinungsäußerer