Das Mysterium der Plastiktanne.

Von Berit Andersen

Der kalte Gott.

Teile meiner Familie machen sich regelmäßig Gedanken religiöse Art.

“Mama?” sagt zum Beispiel der Sohn, “der Gott ist ganz kalt, weil der lebt im Himmel, und da oben ist es ganz kalt.”

Irgendwie logisch, oder?

Und wie ist das mit der Lebenserwartung der anderen Götter?

“Papa?”

“Hm?”

“Deine Mama ist schon gestorbet.”

“Ja, mein Sohn.”

“Ist dein Papa auch schon gestorbet?”

“Ja, mein Sohn.”

“Papa, und lebt dein Gott noch?”

Das Mysterium der Plastiktanne.

Am Samstag waren wir in der Frühstückskirche. Unsere Kirchen werden nach der Haupttätigkeit benannt, die wir in ihr verüben, außer bei der Mä*cesKirche, die heißt so, weil die neben einer M*cDon*lds-Filiale steht, aber es gibt ja noch die Tobekirche.

Am letzten Samstag stellte der Hausherr der Frühstückskirche die Weihnachtstanne auf. Die ist aus Plastik und hat eine integrierte Beleuchtung, nur die Kugeln waren noch nicht dran. Das durften die Kinder erledigen.

Und dann passierte etwas erstaunliches:

“Mama, Mama!” brüllte die Horde, “guck mal, da lagen plötzlich Geschenke unter dem Weihnachtsbaum!!!”

Sie reckten je ein Paket mit Lego in die Höhe.

“Wie kommen die dahin?” fragten sie mich, und ich zuckte ratlos die Schultern.

“Sohn”, flüsterte ich schließlich, später, beim Zusammenbauen, in ein Sohnohr, hast du dem Thorsten auch ‘Danke’ gesagt?”

“Das kommt nicht von Thorsten, Mama!” entrüstete sich das Kind, “das ist vom Weihnachtsmann!”

Später philosophierten die drei darüber, wie so ein Weihnachtsbaum funktioniere.

“Der wird aufgebaut, und dann kommt der Weihnachtsmann und legt die Geschenke darunter.”

“Aber”, sagt der andere Sohn, “das funktioniert bei jedem Baum nur einmal.”

Am Abend fragte ich den großen Sohn, was heute am schönsten gewesen sei.

“Als wir die Kugeln an den Baum gehängt haben, Mama”, kam die Antwort, mit einem in Erinnerungen schwelgenden Blick.

Ich mag diese Weihnachtsbäume ja nicht. Aber vielleicht sollten wir doch zusammen einen schmücken. Muss ja kein ganz großer sein. Und keiner aus Plastik.

Dies ist das erste Weihnachten, an dem auch ich Geschenke bekomme.

Das ging in den letzten Jahren ja ein wenig unter.

In diesem Jahr werde ich reich beschenkt. Es gibt sogar jeden Tag ein Adventskalenderpäckchen. Eine kleine Tonfigur zum Beispiel. Oder einen Werbejahreskalender, auf dem “Ich libe dich, fon Sohn” steht.

Ein Sohn hat mir sogar ein komplexeres Geschenk in Aussicht gestellt:

“Ich hab ein Ges’enk für dich gebastelt, Mama! Im Kindergarten!”

“Ehrlich, Schatz?” frage ich interessiert zurück.

“Ja, Mama, ein Ges’enk aus Klopapierrollen!”

Die wissen halt, wie man Mamas glücklich macht.