Das mit der Sichtweise


Manche Dinge im Zusammenleben von Eltern und Kindern haben zwei Perspektiven, zwei Sichtweisen, die auch sehr stark aus der ja nicht gleichlaufenden Entwicklung kommen:

Aus der Elterperspektive: kommt ein Kind zur Welt beginnen die Eltern, es zu fördern. Unterstützen Fähigkeiten, bemühen sich Interesse zu wecken. Das Kind wächst heran, entwickelt Kenntnisse und Fertigkeiten. Leider (für die Eltern) wenden sich die Interessen nicht automatisch in die gelenkte Richtung. Orientierung gibt es auch im Kindergarten, in der Schule, im Freundeskreis. Sich mit sich selbst beschäftigen heißt nicht immer, dass das Kind diese Fähigkeit in jedem Alter und im selben Maß beibehalten wird. Und dann gibt es noch so viel mehr, Medien, Fernsehen, iPad, Computerspiele … Eltern bieten dem Kind Programm, Beschäftigung. Nur ist es nicht so, dass Kinder gerne und immer Programm haben. Oder dankbar das annehmen, was die Eltern ihnen anbieten. Nicht alles macht Spaß, Vorlieben entwickeln sich, anderes gefällt nicht. Es wird gemotzt, es wird gemeckert … Dürfen Eltern dann irgendwann beleidigt sein, sich zurückziehen, aufhören mit dem Planen – weil sie ihr Kind als undankbar empfinden? Weil ihr Kind deutliche Anzeichen eines A…-Kindes zeigt? Dürfen Eltern von ihrem Kind enttäuscht sein?

Aus der Kinderperspektive: seit ein Kind denken kann, wird ihm Spielzeug angeboten, kümmern sich die Eltern um sein Wohl. Einige Kinder beginnen früh, selbst zu spielen, andere binden immer andere mit ein, gerne auch Erwachsene, lassen sich bespielen. Manchmal ist das gebotene Programm toll, manchmal nervig. Je älter Kinder werden entwickeln sie eigene Vorlieben, Interessen. Wenn immer was geboten wird kann das auch schnell langweilig werden? Oder zumindest gewohnt? Dass ein Kind dann fordernd wird, mosert und meckert, ist unter anderem ein Beweis dafür, dass es nicht wirklich beurteilen kann, was ihm zusteht? Dass es gewohnt ist, zu bekommen. Dass es keine Grenzen kennt, oder akzeptiert, oder sie gar nicht versteht? Dass es Grenzen überschreitet, mehr fordert, das Danke vergisst, weil es gar nicht merkt, dass es angebracht wäre ….

Die Tantenperspektive ist etwas neutraler, da sie beide Sichtweisen nachvollziehen kann: Regeln sind gut, auch wenn sie nicht immer klar sind. Erziehung ist gut, auch wenn sie nicht immer hilfreich ist. Grenzen müssen aufgezeigt, aber auch erläutert werden. Und eventuell öfter wiederholt, denn offensichtlich sind einmal gesetzte Grenzen in Kinderaugen auch und gerade da, sie auszutesten. Selbstreflexion im Kindesalter – wäre für Erwachsene oft hilfreich. Denn wenn die Kinder logisch über ihr Verhalten nachdenken ist ihnen möglicherweise klar, dass sie eine Grenze überschritten haben? Nachträglich eine Grenze ziehen, wo es vorher keine gab? Kommt möglicherweise in der Kinderlogik nicht an. Mir hilft im Zweifel immer der Wechsel der Perspektive: warum fordert ein Kind von mir gerade etwas ein? Woher kommt das Selbstverständnis? Oder die Entrüstung? Warum wird mein Nein nicht akzeptiert? Wie erkläre ich die Grenze? Und wie kann ich generell erklären, dass zu viel Fordern nicht gut ankommt? Hilft, zumindest hin und wieder :-)


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