das Märchen vom nachhaltigen Konsum [Minimalismus vs. grünes Wachstum]

Von Maria Glatz

Vor einiger Zeit wurde ich durch einen Newsletter auf diesen Beitrag von „Utopia“ aufmerksam, in dem nachhaltige Yoga-Labels vorgestellt werden.

Nachdem mir Yoga seit über einem Jahr sehr viel Freude macht, habe ich ihn mir natürlich gleich angesehen und interessiert erfahren, was es alles an nachhaltiger Yogakleidung und Yogazubehör zu kaufen gibt.

Gibt es nachhaltigen Konsum?

Dieser Frage bin ich schon vor über 3 Jahren nach gegangen. Je länger ich darüber nachgedacht habe, desto klarer ist mir geworden, dass jedes neue Produkt Ressourcen verbraucht und man daher sehr genau überlegen sollte, ob man das Teil überhaupt braucht oder ob es nicht doch eine Alternative gibt.

nachhaltige Yogakleidung

In diesem Fall war es sehr einfach. In meiner Freizeit trage ich sehr gerne „Knotzkleidung“ – so nenne ich Kleidungsstücke, die unglaublich bequem sind um sich auf die Couch zu lümmeln (= knotzen).

Daher habe ich einige Leggings (in verschiedenen Längen) und bequeme Shirts, die sich ganz wunderbar für Yogaübungen eignen. Ich brauche keine neue Kleidung fürs Yoga zu kaufen, sondern kann das verwenden, was ich bereits besitze.

Yoga kann man in fast jeder Kleidung machen

5 Fragen, die Du dir vor jedem Kauf stellen solltest

Schon seit über 3 Jahren kaufe ich so gut wie nichts Neues mehr. Es geht mir auch gar nichts ab, ich besitze mehr als genug von allem.

In der Zeit der Umstellung habe ich mir den Einstieg in die „ich kauf nix“-Zeit durch verschiedene Fragen erleichtert

1. Brauche ich das wirklich?
2. Gibt es etwas in meinem Besitz, das diese Funktion ebenfalls erfüllt?
3. Kann ich mir dieses Teil irgendwo ausleihen?
4. Hat jemand anderer so etwas und benötigt es nicht mehr?
5. Kann ich es auf eine andere Weise gebraucht finden?

Nachgestellt habe ich dann noch die Dringlichkeit. Wenn die Anschaffung zwar nötig, aber nicht dringend war, dann habe ich mir manchmal viel Zeit gelassen, damit der Punkt 5. doch noch erfüllt werden konnte. Eine Möglichkeit dafür waren z.B. Suchanzeigen auf Online-Portalen für gebrauchte Waren.

Linktipp: Viele gute Tipps um Fehlkäufe zu vermeiden hat Gabi in ihrem Beitrag „5 Punkte-Liste gegen Fehl- und Frustkäufe“ gesammelt.

Minimalismus – use what you have

Durch die Frage 1. habe ich erkennen können, dass ich viel weniger brauche, als ich ursprünglich angenommen habe.

Und die Frage Nummer 2 hat mir gezeigt, dass mit den Mitteln der Kreativität sehr viel mehr möglich ist, als man vielleicht ursprünglich annimmt.

Die Wirtschaft, die auf den Verkauf von Produkten ausgelegt ist, versucht natürlich so viel wie möglich zu verkaufen. Eine Methode dafür ist die Spezialisierung. Universalprodukte werden zu vielen Spezialprodukten „zerlegt“, sodass der unkritische Konsument plötzlich eine Vielzahl von Dingen kauft, statt nur einem einzigen.

Ich besitze Sportschuhe und keine Lauf-, Wander-, Radfahr- sowie Freizeitschuhe. Mit meinen Leggings kann ich Yoga und Gymnastik machen, auch Laufen oder ins Fitness-Studio gehen, zu Hause auf der Couch liegen und in der Küche meine Essen zubereiten. Wenn es kalt ist, wärmen sie mich unter den Jeans und ich brauche keine langen Unterhosen oder Strumpfhosen.

In meiner Auflaufform kann ich sowohl mein Frühstücksbrot gehen lassen, als auch eine Lasagne backen. Bei der Herstellung von Holunderblütensirup werden die ausgedrückten Holunderblüten darin gesammelt und am Wochenende das Huhn für den Sohn im Rohr gebraten. Das Apfeltiramisu schmeckt danach genau so lecker wie immer.

universell einsetzbar, ein richtiges Multifunktionsteil

Minimalismus im Kleiderschrank

Frühlingskleidung, Sommerkleidung, Herbstkleidung, Winterkleidung – jede Jahrzeit hat ihre Bedürfnisse und verlangt nach neuen Kleidungsstücken und immer mehr im Kleiderschrank.

Durch geschicktes Layering kann man auch mit wenigen Kleidungsstücken große Temperaturschwankungen ausgleichen. In dem Zusammenhang möchte ich noch einmal auf den sehr interessanten Beitrag von Anne „Sommerklamotten im Winter tragen“ hinweisen.

Ein ganz besonderes Beispiel für Minimalismus im Kleiderschrank zeigt uns Bea Johnson in ihrem Beitrag „one dress, 22 ways“, in dem sie Fotos zeigt, wie sie während ihrer Tournee das schwarzes Kleid auf 22 verschiedene Arten getragen hat.

Minimalismus bedeutet nicht Verzicht

Das Geheimnis des Minimalismus ist vermutlich die Kreativität. Der Minimalist besitzt zwar weniger Teile, aber dafür sind diese multifunktionell zu verwenden.

Ich verspüre keinen Verzicht, wenn ich z.B. eine alte Pralinendose aus Glas als Butterdose verwende. Ganz im Gegenteil, ich liebe sie sehr, da sie mir so gut gefällt, weil sie mich an meine Großmutter erinnert. Und wenn sie gerade keine Butter beherbergt, ist sie auch anders für mich nützlich.

meine Butterdose aus Glas

Minimalismus bedeutet daher für mich, weg von speziellen hin zu universellen Dingen. Und das sowohl bei der Bekleidung als auch beim Geschirr in der Küche und bei vielem anderen auch.

es gibt keinen nachhaltigen Konsum

Jedes Teil, das neu angeschafft wird, verbraucht Ressourcen und belastet damit die Umwelt. Grünes Wachstum gibt es nicht, denn es ist noch immer Wachstum und in unserer heutigen Zeit kann die Wirtschaft nicht mehr wachsen ohne die Umwelt weiter zu belasten.

Der einzige Weg da heraus ist, weniger zu konsumieren und mit dem zu leben, was man bereits besitzt (siehe „Postwachstumsökonomie“). So wie vorhin schon beschrieben ist es wichtig sich zu fragen, ob es nicht doch möglich ist, seine Bedürfnisse mit dem abzudecken, was man bereits besitzt, bevor man etwas Neues kauft bzw. das Teil, das kaputt geworden ist, repariert.

Wenn eine Anschaffung unumgänglich ist, kann man sich umsehen, ob jemand so etwas besitzt, aber nicht mehr benötigt. Eine sehr gute Möglichkeit dazu ist ein Kostnixladen, auch unter dem Namen Umsonstladen bekannt. Weitere Alternativen sind auf Facebook bei regionalen Verschenkgruppen oder auf Verschenkportalen wie beispielsweise „willhaben-verschenken“ zu finden.

kein Neukauf ohne Müll

Und noch ein Punkt spricht aus meiner Sicht dafür, Bestehendes zu verwenden statt Neues zu kaufen. Bei jedem Neukauf entsteht Müll. Bei der Produktion werden die Ressourcen für den Transport der Rohstoffe und für die Herstellung der Ware verbraucht, aber natürlich auch jene für die Fabrik und die Maschine, welche die Ware herstellt.

Danach muss das Teil verpackt und zum Geschäft transportiert werden. Um den Transport heil zu überstehen, werden viele Waren zusätzlich zur handelsüblichen Verpackung mit jeder Menge Plastik gesichert. Darüber habe ich in meinen Beitrag „grauer Plastikmüll – die unsichtbare Gefahr“ geschrieben.

All das fällt weg, wenn ich mit dem, was ich bereits besitze, zufrieden bin und Ersatz auf dem Gebrauchtmarkt suche, wenn es wirklich nötig ist. Du siehst – nachhaltiges grünes Wachstum gibt es nicht.

jede Menge Plastikmüll im Warenlager

warum ich „grünes Wachstum“ trotzdem (mit Vorbehalt) gut finde

Trotz all meiner eigenen Argumente dagegen finde ich es durchaus begrüßenswert, dass es mittlerweile einige Unternehmen gibt, die sich über die Umwelt Gedanken machen und grünes Wachstum propagieren. Es gibt sicher einen Markt dafür, denn meine Art zu denken und zu leben, ist wohl nicht für jeden Menschen möglich.

Und wenn diese mit grünen Gedanken agierenden Unternehmen mehr Menschen erreichen, die dann ressourcenschonend und fair produzierte Waren kaufen, welche die Umwelt weniger belasten als konventionell produzierte Dinge, dann ist insgesamt doch ein Schritt in die richtige Richtung getan.

Solange der Rebound-Effekt nicht dazu führt, dass mehr gekauft wird, weil ja alles so grün und nachhaltig ist und der Schaden in Summe doch größer ist als der Nutzen…


einfach.nachhaltig.besser.leben [#EiNaB]

Meinen heutigen Beitrag schicke ich zur Blogparade einfach.nachhaltig.besser.leben.
Hier geht es zur aktuellen Linkparty.

Weiters verlinkt zu ANL von Rostrose.
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