Das Limited Edition Problem

Von Milchschoki @MilchSchoki

Gleich Vorab - ich werde in diesem Beitrag bestimmt nichts nennen, diskutieren oder erläutern, was ihr nicht alle schon wisst oder was euch als Konsument nicht auch schon tausendfach selbst durch den Kopf ging. Darum geht es auch nicht. Es ist viel mehr ein Gespräch in meinem Kopf. Ich nutze meine Seite hier also praktisch gerade Mal als virtuellen Schreibblock für meine Gedanken. Viel ähnlicher einer Kolumne, als einem detailliert durchgeplanter Blogpost, auch wenn hier sicher kein regelmäßiges Format draus wird. Geplant war dieser Beitrag einfach nicht, da ich ihm nicht einmal besonders viel Mehrwert zuspreche - er entsteht gerade einfach beim Niedertippen spontaner Hirngespinste.________________________________________________________________________________________________________________


künstliche Verknappung - sie funktioniert. Vermutlich schon seit der Mensch handelt und kauft. Angebot und Nachfrage usw. - ihr kennt das. Im Laufe dieses Jahres fiel mir nun aber vermehrt auf, wie anfällig ich dafür bin. Schreib irgendwo Limited Edition drauf und Conny kauft es - gibt's ja bald nicht mehr! Klappt natürlich vorzugsweise bei Kosmetik, denn man könnte ja was verpassen. Eigentlich ist die Aussage, dass ich dieses Jahr besonders anfällig war, gar nicht mal so richtig. Denn während ich zumindest hemmungsloser bei Limitierten Kollektionen von indie-Marken wurde, wandte ich mich sichtbar von den vielen allgegenwärtigen und, meiner Ansicht nach, sich schon fast wiederholenden Kollektionen aus der Drogerie ab. Kennt man alles, hat man alles schon gesehen und zu Hause, warum also dieses Blush oder jenen Lidschatten noch kaufen, nur weil sie eine besonders schöne Prägung haben. Die kleine, pummelige Beautyfee in meinem Kopf erfreute sich daran, dass ich ja anscheinend so vernünftig mit mir selbst diskutierte und kritisch hinterfragte, was denn nun sein musste und auf was man verzichten kann.Von 'Brauchen' ist ja keine Rede - wir alle wissen, dass es bei unserem Hobby nicht ums Brauchen und besonders nicht ums Aufbrauchen geht. Es geht um Leidenschaft! Um neue Farben, Texturen und Möglichkeiten. Sich neu erfinden, herumspielen, vielleicht auch um kleine morgendliche Rituale, die wir uns damit erschaffen und die uns anders in den Tag starten lassen.Andere Sammeln Kronkorken oder Kuscheltiere, wir 'sammeln' Kosmetik. Das Überkonsum, wie er in wohlhabenden Gesellschaften eben nun einmal stattfindet, nicht logisch oder rational ist, muss man eigentlich auch nicht erwähnen. Wir können's, also tun wir's.Der Handel hat das längst erkannt. Reine Psychologie. Gib den Leuten das Gefühl, dass sie diese mehr oder minder exotische Neuheit eben nur über einen gewissen Zeitrahmen oder eine eingeschränkte Stückzahl erwerben können und sie rennen dir die Bude ein. Wenn ich es jetzt nicht kaufe, bereue ich es danach vielleicht für immer...Lasst uns kurz inne halten und ehrlich sein. Wie häufig ging euch dies im Nachhinein wirklich so? Wie häufig denkt ihr heute noch an Produkte, die ihr nicht gekauft habt und schmerzlich vermisst?In meinem Fall sind es in all den Jahren, die ich Make Up konsumiere, vielleicht 2 Artikel bei denen ich wirklich bereue, dass ich sie damals nicht kaufte. Überschaubar oder? Lernt man draus? Nicht wirklich.

Man weiß ja auch vorher nicht, was man später wirklich bereuen könnte. Also lieber alles kaufen.

Recht neu scheint es zu sein, dass auch oben genannte indie-Marken, wie Jeffree Star oder Colour Pop, die teilweise erst 1-2 Jahre existieren, neben rasantem Aufbau ihrer Sortimente, nun auch limitierte Kollektionen betreiben. Wäre auch blöd, wenn man das Potenzial dahinter nicht erkennt.Independent (also von großen Konzernen unabhängige) Marken haben den Vor- und für mich (oder meinen Geldbeutel) eben auch Nachteil, dass sie sich Marktlücken und unkonventionelle Ideen zum Steckenpferd machen und somit all die Wünsche erfüllen, die der gemeine Konsument in seinen Drogerien und Parfümerien Vorort nicht befriedigt findet. Sie greifen am schnellsten Trends auf (vielleicht weil sie 'näher' am Endverbraucher sind?), setzen die exotischsten Farben um, die sich in einer Drogerietheke bei Otto Normalverbraucherin wohl kaum verkaufen würden und erschaffen Texturen, von denen wir nicht zu träumen wagten. Kurz gesagt - ich will immer alles haben!

Das Ironische ist, dass gerade Indiemarken dafür bekannt sind, sehr beliebte Artikel dauerhaft ins Sortiment zu übernehmen, wenn die Kundschaft nur laut genug schreit. Also Limited Edition hin oder her - wer's nicht rechtzeitig gekauft hat, hat spätestens ein halbes Jahr später wieder die Chance dazu (auch hier zeigt sich wieder Kundennähe). Vielleicht ist das aber auch gar keine Frage der Wahl, denn wer als recht 'kleine' Marke, ohne große Werbekampagnen in Fernsehen und Magazinen verkaufen will, der muss eben auf den Kunden hören, der direkt über Instagram oder Facebook zu einem 'spricht'. Win-Win
LE's sind eigentlich doch auch mal eine feine Sache. Bieten Abwechslung. Viele Marken arbeiten auch gerne Mal mit diversen Promis zusammen und nutzen deren Bekanntheitsgrad und Fanbasis, um zu polarisieren und der Kunde wiederum bekommt das Gefühl einen Artikel erwerben zu können, an welchem diese Persönlichkeit vielleicht tatsächlich aktiv mitdesignt hat und der für ihren Lifestyle steht. Ob das nun wirklich so ist oder nicht, will doch eigentlich gar keiner so richtig wissen...

Häufig kriegt uns auch die Aufmachung, die Verpackung. Besonders, wenn sie scheinbar liebevoll gestaltet und in das jeweilige Thema eingebunden ist. Viele von uns sind bereit, gerade bei High End Marken, den höheren Preis in Kauf zu nehmen, wenn die Verpackung dafür schwerer in der Hand liegt und sich wertiger anfühlt sowie elegant aussieht. Oberflächlich? Geschmackssache? Allemal nichts, was verurteilsungswürdig sein dürfte. Wir haben schließlich auch alle unterschiedliche Standards bei anderen Gütern, die wir so konsumieren.

Und wer verliebt sich nicht in ein elegantes Rosenprint auf dem neuesten Highlighter, holografisches Schneegestöber auf den Deckeln oder den mit Schnörkeln verzierten Lippenstift. 

Das Herz bricht allerdings spätestes dann, wenn man ein LE-Produkt dann doch einmal aufbraucht oder es in seltenen Fällen tatsächlich mal einem Unfall zum Opfer fiel und nun nicht nachgekauft werden kann. #firstworldproblem schon klar, aber trotzdem etwas, das uns schweren Kummer bereitet. Da hat man sich Monate oder Jahre zuvor verbogen und gequält, um diesen Artikeln noch bekommen zu können, dann hat man ihn heiß und innig verehrt und dann tritt er einen kräftig in den Beautyhintern.  

Immer wieder.
Und immer wieder nehmen wir das gern in Kauf. 

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Was will sie nun mit diesem Beitrag? Will sie konsumkritisch sein?! Unsere Gesellschaft in Frage stellen?! Uns zum Umdenken bewegen?! Oder nur die vielen LEs auf dem Markt anprangern? Ich mach's euch einfach: Ich weiß nicht, was ich hier will. Muss man immer etwas bezwecken? Eigentlich 'wollte' ich nur Schreiben und habe dann wohl aus Neugierde auf "veröffentlichen" geklickt. Denn vielleicht habt ihr ja auch Gedanken dazu oder vielleicht lest ihr einfach nur gerne lange, unsinnige Texte. Ich habe viel Freude an meinem Hobby. Ich konsumiere aus dieser Freude heraus und ich bereue nicht. Wenn ich durch meine 'Sammlung' (in Ermangelung eines anderen Wortes, denn eigentlich finde ich diesen Begriff immer sehr unpassend) wühle, dann bin ich glücklich. Dann gibt es Produkte mit denen ich Erinnerungen oder emotionalen Wert verbinde. Und selbst wenn ich es nicht tue, stellen all diese Produkte eine kleine, unwichtige Bereicherung in meinem Alltag dar. Ich möchte das hier noch einmal erwähnen, damit dieser Beitrag vielleicht nicht so kritisch wahrgenommen wird, wie er womöglich klingt. Es sind nur Worte - Worte zu dieser Hassliebe die Limited Editions gerne sind. Ein Segen und ein Fluch. Ein Drahtseilakt zwischen verantwortungsvollem Kauf und Besitz und dem schlichten Genießen einer Leidenschaft. Eine Nervenprobe, wenn es um das Nachjagen geht - egal ob Vorort oder Online. Vielleicht kickt uns genau das ja sogar ein wenig. Purer Adrenalinschub, wenn das Ergattern dann doch geklappt hat? Und dann will man es wieder.Habt ihr Gedanken dazu, die auch so unnötig sind wie meine?Welche Bedeutung haben LEs für euch? Wie anfällig seid ihr? Und besonders wichtig - könntet ihr (in einer fiktiven Welt) noch gut darauf verzichten oder würdet ihr es missen?