Das Licht zwischen den Meeren
M. L Stedman
Limes, 2013
978-3809026198
19,99 €
Wenn das Leben dir etwas an den Strand spült, was du dir gewünscht hast, wirst du es behalten oder wieder ziehen lassen? Tom wird Leuchtturmwärter auf Janus Rock. Ein einsames Fleckchen Erde, das ihn aber sofort gefangen nimmt. Aber sein Herz gerät in Aufruhr als er auf dem Festland Izzy kennenlernt. Was fehlt zum Glück ist ein Baby. Und dann spült das Meer etwas an, was das Leben der beiden für immer ändern wird …
Das ist diesmal wirklich schwierig. Ich kann nicht sagen, dass ich einen Charakter wirklich gemocht habe oder einen wirklich gehasst habe. Die ganze Zeit habe ich neutral auf das Geschehen geguckt und ich glaube, das hat mit der fast neutralen Darstellung von Tom und Izzy zu tun, die eher Menschen werden durch ihr späteres Verhalten. Ich weiß gar nicht, ob man das jetzt verstehen kann!
Tom ist ein kriegsgebeutelter Mann, der recht sanft ist. Er passt einfach super in den Job des Leuchtturmwärters hinein, da er ruhig ist, alles auf sich zukommen lässt, aber auch sehr gelassen ist. Später spürt der Leser seine Liebe zu Izzy durch seine Taten und nicht durch seine Worte. Wirklich viel sprechen – das macht er nicht.
Izzy ist das wirkliche Gegenteil und ich konnte mir zwar vorstellen, dass sie sich mögen, aber nicht, dass Izzy mit nach Janus Rock zieht. Das passt jetzt nach dem Buch immer noch nicht zu ihr. Sie wird viel zu quirlig und schwierig beschrieben, als dass sie auf einem einfachen Fleckchen Erde zurecht kommen würde.
Die anderen Menschen, die auf dem Festland leben, kommen sehr knapp davon. Zwar besuchen wir mal ihre Häuser und sie geben auch ihre Meinung zu einigen Szenen ab, aber ein wirkliches Bild erhält man von ihnen nicht.
Die Kulisse verführt zum Träumen! Zwar ist das Jahr eher minimalistisch und vom Krieg gebeutelt, 1918, aber das macht die Landschaft wieder wett. Warum? Weil ein Leuchtturm einfach toll ist. Wer schon einmal vor so einem hohen Turm in den beliebten Farben gestanden hat, und vielleicht sogar sein Licht gesehen hat, weiß, dass er sehr majestätisch sein kann. Tom geht auch mit vollem Elan an die Sache und so erfährt man auch, wie damals ein Leuchtturm gewartet wurde, warum er läuft und was ein Wärter alles beachten muss.
Das Alleinsein war mit all seinen Tücken beschreiben, aber doch entstand ein verklärter Blick durch all das stürmische Meer, die Abgeschiedenheit und die (später) pure Liebe der Protagonisten. Als ich André von diesem Buch erzählt habe, goggelte er sofort: “Leuchtturmwärter” Jobs.
Es geht um die Wünsche der Menschen und wie sie erfüllt werden sollen. Wann überschreiten wir eine Grenze, wenn ein Wunsch mit allen Mitteln erfüllt wird? Muss man immer auf die Gefühle der anderen achten? Dieses Buch bespricht ein wichtiges Thema: Das Kind seiner Mutter wegnehmen. Ich verrate nicht zu viel, denn es steht sogar auf dem Klappentext, was ich selten dämlich finde.
Im Endeffekt ist dieser schmale Grat im Buch auch gut sichtbar. Dadurch, dass Tom und Izzy grundverschieden sind, befinde ich mich mit ihnen immer im Zwiespalt. Jeder Gedanke hat etwas Wahres und gerade am Ende, was ich so nicht erwartete habe, merke ich, wie sehr Tom leidet. Oft schwankt meine geringe Sympathie für irgendjemand hin und her und da macht das Buch aus: Es spielt mit Vorurteilen, Gerüchten und falschen Entscheidungen, die in einem anderen Licht gar nicht so falsch sind.
Und da wäre noch Janus Rock, das Fleckchen Erde, das nichts dafür kann, was dort passiert. Aber seine Wirkung ist so stark, dass es für mich fast eines Protagonisten würdig war. Dieser Eindruck wird schriftstellerisch gut vermittelt durch die schlichte, aber ernste Sprache, wenn über den Turm nebst Land gesprochen wird. Es ist kein Buch, das mit vielen Gefühlen spielt, eher recht nüchtern wird in Rückschritten erzählt, wie sich Toms Leben entwickelte. Vielleicht ist Izzy deswegen oft nicht präsent, denn es ist Tom, den wir begleiten und das jede Minute seines Lebens.
Gefesselt hat mich das Cover, denn wenn ich ehrlich bin, greife ich selten von alleine zu normalen Romanen. Auch Familiengeschichten müssen mich sofort fesseln. Hier fesselt mich vor allem auch die gediegene, manchmal etwas ältere Ausdrucksweise, die sehr gut dem damaligen Leben angepasst wird.
“Das Licht zwischen den Meeren” ist nicht nur schwarz oder weiß. Es wandert auf einem menschlichen Grat daher, den man mögen muss, sonst ärgert der Leser sich zu sehr über die Figuren. Aber tief in diesem Buch ist eine Botschaft verborgen, die ehrlich ist und berührt.