Das Leben ist echt eine Krücke. Jedenfalls im Augenblick. Und wer schon mal mit Krücken unterwegs war, der weiß was ich damit meine. Unter Bewegungsfanatikern muss die Krücke ein absoluter Albtraum sein. Mit den Teilen geht ja so gut wie gar nichts.
Aber der Reihe nach. Erst mal zu der Vorgeschichte.
Im letzten Winter hat´s mich am Knie erwischt. Das erste Mal überhaupt, dass ich seit Beginn meines Laufens irgendwelche Beschwerden am Knie hatte. Entsprechend konnte ich die ganze Sache nicht so recht einordnen.
Anfangs dachte ich die Sache würde sich wieder „verlaufen“, aber die Kniebeschwerden blieben hartnäckig. Also folgten ein Besuch beim Sportorthopäden und die Diagnose beim MRT das es sich um einen Meniskusriss handelt. Die erste Agenda bestand aus dem langfristigen Versuch die Sache ohne großen Eingriff zu behandeln. Mit Reduktion der Laufumfänge und Erweiterung der Bikeumfänge konnte der Bereich um mein linkes Knie gestärkt werden.
Als „Standardknie“ für Alltagsaktivitäten in meiner Alterklasse hätte diese Behandlung ausgereicht. Für Wanderungen und kleinere Laufeinheiten bis 20km war das Knie weitgehend schmerzfrei.
Wer mich aber kennt weiß, dass ich damit nicht besonders glücklich war. Mir fehlten die langen, lockeren Einheiten durch die Wälder. Nachdenken auf langen Läufen. Genießen und die Seele baumeln lassen. Grenzen erfahren und trotzdem dabei Spaß haben.
All dies fehlte.
Zwar macht das Mountainbiken und das Wandern auch Spaß, aber so richtig Ersatz für´s lange Laufen ist es nicht. Jedenfalls für meine Person.
Und das schlimmste im Leben ist es, unglücklich zu sein!
Mein Arzt hat mir klar signalisiert, dass „mein Glück“ und „mein Knie“ aktuell nicht zusammen passen. Also wurde entschieden einen Chirurgen mit einzubeziehen. Und der Konsens aus allem war die OP meines Meniskus. Garantien dass es nach der OP besser wird gibt es nicht, aber der Versuch es nicht probiert zu haben hätte mich mehr gequält
Und so lag ich am letzten Mittwoch im ambulanten OP-Raum in den Städtischen Kliniken Darmstadt. Aufgeregt und mit einem ungewissen Gefühl in der Magengegend. Alle an der OP Beteiligten kümmerten sich rührend um mich. Ich hatte jederzeit das Gefühl gut aufgehoben zu sein.
Mittags ging´s schon wieder nach Hause. Mit den ungewohnten Krücken bewaffnet quälte ich mich zu Hause auf die Couch. Die Schmerzen waren auszuhalten und für den Notfall hatte ich die Produkte der Pharmaindustrie stets greifbar.
Am Donnerstag war Verbandswechsel und erstes Nachgespräch mit dem Chirurgen.
Das Knie, soweit dies als Knie erkennbar war, hatte die Größe eines Kinderkopfes. Aber wenigstens war der Verband einmal ab. Bei Temperaturen über 30°C ein gutes Gefühl.
Wie sich herausstellte war der Eingriff doch größer als im MRT erkennbar und langfristig auch für´s „Standardknie“ nicht vermeidbar. Und ich hatte es hinter mir. Für mich ein gutes Gefühl.
Leider kann das Knie die ersten beiden Wochen auf Grund der Schwere des Eingriffes nicht belastet werden. Also Krücken und Couch. Für einen Bewegungsfanatiker wie mich schon schwer genug.
Aber die Höchststrafe kam ja noch!
THROMBOSESPRITZEN!!
Wer eine panische Angst vor allen Arten von hautdurchbohrenden Teilen hat, kann sich vorstellen wie ich leide. Jeden Morgen muss ich mir solch ein Folterinstrument durch die Bauchdecke jagen. Und trotz ausreichender Speckschicht, leider ich jedes Mal wie ein geprügelter Hund. Ich spüre jeden einzelnen Millimeter die die Nadel in mich eindringt. Und jeder Millimeter ist einfach nur grausam.
Der Bauch ist mit blauen Flecken übersät und ich bin jedes Mal schweißgebadet bis die Prozedur abgeschlossen ist.
Ein harter Kerl durch und durch!
Ansonsten bin ich auf Hilfe angewiesen. Mit Krücken etwas tragen geht nicht. Musste ich akzeptieren. Und für jemanden der am liebsten alles selber macht auch nicht besonders einfach. Aber meine Mädels kümmern sich um mich.
Wobei beim 13-jährigen Teenager der Ferienbeginn bestimmt andere Vorstellungen geweckt hat, als das man Krankenschwester für seinen Alten spielt!
Das Knie ist nach einer Woche wieder als solches zu erkennen, die Schmerzen halten sich einigermaßen in Grenzen und die kurzen Strecken innerhalb des Hauses kriege ich mit den Krücken auch gebacken.
Am kommenden Dienstag werden die Fäden gezogen und es geht los mit der Physiotherapie. Ich denke mal erst dann kann man so langsam über Erfolg oder Misserfolg der OP nachdenken. Letztendlich wird es noch ein paar Monate dauern bis das Ergebnis feststeht.
Ich kann nicht mehr mache als das Knie noch zu schonen und positiv nach vorne zu schauen. Step by Step! Nur so geht´s.
Aber ich bin mir sicher, dass ich wieder Laufen werde.
Ganz, ganz sicher!