Das Leben ist ein Schiff – wusstest du das?

Von Lukas Röthlisberger @Adekagabwa

Während ich noch ein wenig am Strand spazierte blickte ich auf das herrliche, weite Meer hinaus. Ich dachte mir: “Das wäre doch wundervoll, wenn ich da auf den glitzernden Wellen fahren könnte.”

Dann kam tatsächlich eine wundervolle Fee, eine mit blonden Haaren und so, und sie schenkte mir ein Schiff. Ich war begeistert. Ein wundervolles Ruderboot! Blau gestrichen, mit zwei Bänkchen drin, mit nagelneuen Rudern, einem Strick zum Anbinden, einem Schöpfkrug, um allfällig eingedrungenes Wasser herauszuschöpfen und so weiter. Und ich probierte es gleich aus. Herrlich, da fahr ich nun – und du hast auch ein Boot bekommen, denn sonst würdest du ja nicht hier sitzen und diesen Text lesen. Was hast du für ein Boot? Ein Kajak? Oder auch ein Ruderboot, aber ein grünes? Oder hast du eine weiß lackierte Jacht bekommen? Da fahren wir also, Du und ich, und alle übrigen Menschen auch, jeder mit seinem Schiff. Das Leben ist wie ein Schiff auf dem weiten Meer, der sichtbaren Wirklichkeit.

Wenn man noch klein ist, freut man sich einfach jeden Morgen über das Boot, in dem man sitzt. Man merkt auch gar nicht, dass man nicht genau dasselbe Boot hat wie die andern, sondern man hat einfach eines, und das ist schön. Die Sonne ist schön, das Spielen ist schön, und manchmal hat man Hunger auf süsses aber man konnte sich nicht durchsetzten, und dann heult man. Schiff hin oder her. Ging es dir  damals nicht auch so?

Aber früher oder später beginnt man das eigene Schiff zu vergleichen. Und dann beginnt sich einiges zu ändern. Vielleicht stelle ich fest, dass es durchaus nicht allen so geht wie mir: Ich werde nämlich in meinem Ruderboot nass wenn’s regnet – aber das Boot von meinem Nachbarn hat ein Dach. Ich will auch ein Dach. Aber wenn ich dann einen auf einem Floss vorbeifahren sehe, dann denke ich wiederum, oh der arme Kerl und wie gut, dass mein Boot einen Rand hat.

Je länger man auf diesem Meer fährt, umso mehr andere Menschen sieht man in ihren Schiffen vorbeifahren. Wenn mir der Sturm in meinem Ruderboot die Haare zerzaust, sehe ich plötzlich ein Segelboot vorbeiflitzen, welches großen Nutzen aus dem Wind zu ziehen vermag. Und ich sage mir, ich will auch ein Segel. Und ein Dach übrigens immer noch. Und ich mache alles erdenkliche, und habe irgendwann ein wundervolles Dach. Aber mit dem Segel will es nicht so recht klappen.

Und zum Glück gibt der Besitzer eines großen Segelschiffes einen Vortrag darüber, wie er zu seinem wundervollen Windjammer kam. „Früher war mein Schiff auch nur so ein Kanu wie eures, aber seht euch an, wohin man es bringen kann, wenn man meine Ratschläge befolgt.“ Und einer mit einer Autofähre beginnt sie umzubauen in ein Segelschiff.

Jeder macht sich so seine Theorie über das Meer und weshalb nicht alle dasselbe Boot haben. Einige sagen, selig sind die schlechte Boote haben, denn sie werden im Himmel einmal Dampfer kriegen. Andere erklären, dass man bei der nächsten Schiffverteilung (wenn man mit dem jetzigen Boot untergegangen ist) dann ein besseres bekommt. Wieder andere wollen die Boote anders verteilen oder zumindest Teile von den Booten – und andere sagen wie der Segelschiffbesitzer, man müsse sich nur genug anstrengen, und dann ist jedes Schiff in Reichweite. Und Beispiele von Menschen, die ihr Boot zu Lebzeiten verändert haben, gibt es genug.

Aber ob es wirklich stimmt, dass der Besitzer des Hochseedampfers nur durch kreatives Visualisieren sein Schlauchboot in den Ozeanriesen verwandelt hat? Oder erzählt er uns irgendetwas nicht? Oder hat er es vergessen? Oder gibt es Dinge, die wir nicht sehen?

Darf ich dich einladen, diese Geschichte weiterzuspinnen? Von den Leuten, die statt einem Schiff nur einen Schwimmring haben? Oder denjenigen, die Schiffe versenken?

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