Das Leben im Watt

Während sich auf der Nordseite der Insel Juist der wunderschöne feinsandige Badestrand die komplette Küste entlang zieht, liegt auf des Südseite das Watt. Wenn man auf die Insel mit der Fähre anreist, sieht man es nicht, denn diese fährt nur bei hoher Tide. Wenn das Wasser aber zurück geht, was es zweimal am Tag tut, liegt es trocken. Bei einem durchschnittlichen Tidenhub von ca. 2,5 Metern geht das Wasser mehrere Kilometer weit zurück und man kann nur noch schemenhaft am Horizont das Wasser erkennen. Eine braune, öde, miefige und scheinbar leblose Matschwüste präsentiert sich vor der Küste. Könnte man meinen…

Durch die Schlammwüste geführt

Dass dem nicht so ist, davon haben wir uns bei einer 3-stündigen Wattwanderung mit dem Wattführer Heino überzeugen lassen. Bereits Heinos Vater Alfred war ein bekannter Wattführer, der seinerzeit sogar bei Robert Lembkes heiteren Beruferaten „Was bin ich?“ auftrat. Heino ist sozusagen im Watt aufgewachsen und war schon als Kind von den Kenntnissen und Geschichten seines Vaters über das Watt fasziniert. So trat er vor vielen Jahrzehnten schon in die Fußstapfen seines Vaters und führt bis heute interessierte Menschen jeden Alters durch das sensible Ökosystem dieser einmaligen Gezeitenzone.Das Leben im Watt

Bereits auf den ersten paar hundert Metern mit nackten Füßen durchs Watt stellt sich heraus, dass der trockengelegte Meeresboden ganz unterschiedlich beschaffen ist. Wir laufen über sandigen festen Untergrund, durch tiefen Schlick, matschige Pfützen, lehmigen Boden mit spaghettiartigen Würstchenkringeln und löchrigen nassen Sand.

Das Leben im Watt

Leben im Untergrund

Dort wo die Spaghettis herumliegen legt Heino seinen ersten Stop ein und zieht mit seinem silbernen Metallstab einen großen Kreis in den Sand, um den sich alle herumstellen. Mit seiner Forke hebt er ein paar große Brocken Sand aus dem Boden und stellt uns den ersten Bewohner des Watts vor. Er findet in den Sandbrocken einen Wattwurm. Auf dem Wattwurm baut das gesamte Ökosystem des Watts auf. Er filtert den Sandboden, in dem er ihn aufnimmt, um Kleinstlebewesen wie Plankton daraus als Nahrung zu gewinnen, und stößt den gereinigten Sand am anderen Ende in Form von kleinen Wurmhaufen wieder aus. Ein einzelner Wattwurm filtert dadurch pro Jahr etwa 25 Kilogramm Sand.

Leben im Watt: der Wattwurm Leben im Watt: der Wattwurm Leben im Watt: der Wattwurm

Nur in diesem gereinigten und aufgelockerten Boden fühlt sich auch die Herzmuschel wohl. Kreisrunde Vertiefungen im Boden mit auffällig dunklerem Sand verraten die Positionen der Muscheln. Sie graben sich etwa 10-20 Zentimeter tief in den Sand ein und hinterlassen dabei diese Markierungen. Die Herzmuschel übernimmt eine weitere wichtige Aufgabe in dem Ökosystem. Wie alle Muscheln ernähren sie sich dadurch, dass sie das Seewasser filtern und dadurch auch gleichzeitig umwälzen und reinigen. Heino demonstriert dies, in dem er zwei Einmachgläser mit schmutzigem Meerwasser füllt und in eines zehn Herzmuscheln legt. Während nach etwa einer Stunde das Wasser im Glas ohne Muscheln immer noch trüb und schmutzig ist, ist das Wasser mit den Muscheln inzwischen glasklar.

Das Leben im Watt Das Leben im Watt Das Leben im Watt

Ein weiteres Schalenweichtier, das bis zu 30 Zentimeter tief im Sand vergraben lebt, ist die Sandklaffmuschel. Sie ist ausgesprochen standortreu; wenn sie sich einmal positioniert hat, bewegt sie sich in der Regel das gesamte Leben nicht mehr vom Fleck. Mit einem langen sogenannten periskopartigen Sipho, das sie durch den Sand bis an die Oberfläche ausfahren kann, nimmt sie Seewasser mit Nahrungspartikeln auf und leistet so ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur Watt-Reinigung.

Ein weiterer Watt-Reinigunger: die Sandklaffmuschel Ein weiterer Watt-Reinigunger: die Sandklaffmuschel Ein weiterer Watt-Reinigunger: die Sandklaffmuschel

Freundschaft schließen mit dem Wadenbeisser

Zum Schluss unserer Wanderung bricht Heino noch eine Lanze für den Taschenkrebs, vor dem vielen Menschen Angst haben, dass er sie beim Baden in den Fuß zwickt. Die Hauptfeinde dieser Krabbenart sind die Vögel, daher gehen sie nur bei einer Zubewegung von oben in Verteidigungshaltung. Dann reißen sie wie ein Boxer die Zangen in die Höhe und klappern mit den Scheren. Greift man sie von unten, fürchten sie keine Gefahr und verharren sogar friedlich in der hohlen Hand.

Keine Angst vor Krebsen Keine Angst vor Krebsen Keine Angst vor Krebsen

Alle sind voneinander abhängig

Nur wenn das Ökosystem Watt diesen kleinen Bewohnern einen geschützten Lebensraum bieten kann, wird das gesamte Wattenmeer auch zum Lebensraum für Fische, Kegelrobben und Wale. Das Watt ist vor allem aber auch als überlebenswichtige Drehscheibe und Nahrungsstation für Zugvögel von globaler ökologischer Bedeutung und wurde daher auch 2009 zum Unesco Weltnaturerbe ernannt. Würde dieses empfindliche organismusgleiche System aus dem Gleichgewicht geraten, würden das auch das Ende für viele Vogelarten bedeuten.


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