‚Das Lächeln meiner Mutter’ • Ein Buch von Delphine de Vigan

Der Roman von Delphine de Vigan ‚Das Lächeln meiner Mutter’ ist eine Buchempfehlung für die Sommerzeit. Endlich ein Roman, der unterhält, aber den Leser, beziehungsweise die Leserin nicht unterfordert, der aber auch keine Buchtitel Das Laecheln meiner MutterÜberforderung für angenehme Lesestunden ist. Die Übersetzung von Doris Heinemann aus dem Französischen ist hervorragend und so ist dieser Roman auch sprachlich ein Genuss.  

Die Autorin Delphine de Vigan lässt das Frankreich der 50iger und 60iger Jahre und deren nachfolgenden Jahrzehnte vor dem geistigen Auge des Lesers auferstehen und begibt sich selbst in diese Zeit, um ihre Mutter, die sie tot aufgefunden hat, als Frau, als Menschen und kennen zu lernen, um ihre Mutter, ihr Sein und ihr Handeln besser zu verstehen. Mit der Frage nach ihrem Tod, wer war meine Mutter eigentlich?, beginnt eine Spurensuche durch das Geflecht der Großfamilie ihrer Mutter, mit all dem Gesagten und Nichtgesagtem. Aber auch die Tochter fragt sich selbst, ob es denn richtig ist, dies Buch zu schreiben. So stapft man mal schwerfällig mit der Autorin in den Widrigkeiten einer Familie umher, doch sind solche Momente nie peinlich oder unangenehm, auch fragt sich der Leser nie, ob das hätte zu Papier gebracht werden müssen, denn immer wieder lösen sich Knoten auf, um die Geschichte weiterzuerzählen. Mal mit einer gewissen Distanz, dann aber wieder mit einer liebevollen Nähe, die einen mitschwingen lässt. Nicht immer ist so ein Blick hinter die Kulissen einer Familie nur von schönen Farben begleitet, überhaupt dann, wenn die agierenden Personen mit all ihren Brüchen, aber auch mit ihrer Strahlkraft dargestellt werden, doch so wird der Leser mitgerissen, wohl wissend, dass keine Familie ohne Brüche und auch Ungesagtem auskommt. Doch so schafft es die Autorin immer wieder, den Leser nicht zu bescheren, sondern ihn auch in die herrlichen, oftmals völlig verrückten Sommerurlaube einer schier unzähligen Anzahl von Familienmitgliedern mitzunehmen.

Als sehr angenehm kann man es empfinden, dass die Mutter nicht auf dem Seziertisch einer vermeintlichen ‚Dokumentation’ (ver)-kommt, diese Mutter darf auch nach ihrem selbst gewählten Tod ihren letzten Schleier behalten, er wird nur hier und da ein paar mal angehoben; zart, mit Respekt und doch ehrlich. Obwohl es Ansätze der Schonungslosigkeit gibt, gibt es nie Momente der Verdammnis oder Abwertung, auch bleibt dem Leser in fast jedem Moment des Buches genug Spielraum seine eigene Phantasie spielen zu lassen, aber auch seine eigene Wertung der Geschehnisse vorzunehmen.
So schafft es Delphine de Vigan einen Roman zu schreiben, über den der Leser gern hinterher reden möchte.

Wie häufig bei guten Büchern, möchte man dies Buch kaum aus der Hand legen, doch tut man es doch, so ist der Einstieg in die Geschichte leicht, denn der rote Faden des Romans liegt locker vor einem. Nur vor einem sollte der Leser gewarnt sein, ein flüchtiges ‚drüber hinweg’ Lesen nimmt dieser Roman ‚übel’, denn die einzelnen Sequenzen, auch wenn sie losgelöst erscheinen, kommen an anderer Stelle wieder und dann ‚fehlt einem etwas, also Vorsicht.
Alles in allem eine sehr gute Sommerunterhaltung und darum an dieser Stelle auch sehr empfehlenswert…

Delphine de ViganDelphine de Vigan hat bisher vier Romane veröffentlicht, den ersten ‚Jours sans fai’ jedoch unter dem Pseudonym Lou Delvig. Für ihren 2006 veröffentlichten dritten Roman ‚Un soir de décembre’ erhielt sie den Literaturpreis Saint-Valentin. Ihren endgültigen Durchbruch als Autorin erreichte sie mit ihrem Roman ‚No et moi’, in dem sie das Leben einer jungen Obdachlosen aus Sicht eines dreizehnjährigen Mädchens schildert. Der Roman wurde mit dem Prix des Libraires 2008 und dem Prix Rotary International 2008 ausgezeichnet. Für den Roman ‚Das Lächeln meiner Mutter’ wurde sie für vier Literaturpreise nominiert.

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Bild 1: Buchtitel – Quelle: Droemer Verlag · Bild 2: Delphine de Vigan – Quelle: emka.si


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