Eigentlich bin ich ja kein Fan von Bio. Und eigentlich hab ich auch nichts Wirkliches gegen Bio. Aber irgendwie steckt irgendwo tief in mir drin, dass ein Einkauf im Bioladen der beste Weg ist, das eigene Portemonnaie schlagartig zu erleichtern.
„Meide den Bioladen“, ist doch das oberste Gebot der Studentischen Haushaltswirtschaft, und obwohl die studentischen Zeiten nun schon seit einer Weile hinter mir liegen, bleibt das Gebot immer noch unberührt an oberster Stelle. Warum mehr ausgeben für etwas, was es woanders genauso gut billiger gibt?
Bei Kleidung ist das ja anders: da finde ich es phantastisch, mit meinem Klamottenkauf eine ökologisch bemühte kleinen Firma aus dem Baskenland (noch dazu mit den coolsten Japan-inspirierten Designs!) zu unterstützen, oder 200 Euro für ein paar Stiefel auszugeben, die nicht nur wahnsinnig toll aussehen sondern auch noch aus naturgefärbten Materialien und recycelter Gummisohle bestehen!
Nur steht dann eben aus logischer Folgerung die Frage in Blockbuchstaben mitten im Raum: wenn ich es so toll finde, Herkunft, Hintergedanke und Herstellungsweise meines Pullis zu erfahren und dafür auch bereit bin, mehr zu bezahlen, warum ist es mir bei Nahrungsmitteln so komplett wurscht? Weil Nahrung vergänglich ist? Aber Nahrung nimmt man auf. Sie wird, wie es die Eating Designerin Marije Vogelzang so schön ausdrückt, ein Teil von dir. Und wenn wir jetzt nur ganz kurz über all das nachdenken, was unserer Nahrung passiert bevor sie Teil von uns wird … tja.
Der Japanische Parawissenschaftler Masaru Emoto war derjenige, der Reiskörner beschimpfte und feststellte, dass diese im Wasser vergoren während die Reiskörner, denen er wiederholt gedankt hatte, sich länger duftend erhielten. Mit weiteren Experimenten bewies er immer wieder, wie sich negative und positive Energie ganz konkret auf die Anordnung der Atome und Moleküle verschiedener Substanzen auswirken.
Was passiert dann mit den Proteinmolekülen im Fleisch eines Hühnchens, was sein Leben lang unglücklich verbracht hat? Was, mit der Milch einer Kuh, die nur ein eingepferchtes, an Melkanlagen verkabeltes Dasein erlebt hat?
Ist Bio, mit seinen grünen Weiden, seinen glücklichem Hühnerfleischmolekülen und einer Samenvielfalt wirklich besser als Nicht-bio?
Oder wird da doch, wie ich bisher dachte, dasselbe Zeug nur viel teurer verkauft?
Der Sache musste ich nun auf den Grund gehen.
Und veranlasst durch die Entdeckung eines neuen Wunderlands namens Schmatz, konnte ich einfach nicht mehr anders als einen kleinen Bio-Test durchzuführen.
Was ich gemacht habe? Einfach zwei Mal den gleichen Kuchen gebacken. Einmal mit Bio, einmal nicht.
Das Rezept, was ich dazu benutzt habe, ist die Torta al latte caldo (übersetzt der „warmmilchkuchen“) von meiner italienischen Bloggerkollegin Jessica von La Ciliegina sulla Torta.
Los geht’s!
Step 1: der Einkauf.
Man begebe sich ins Glockenbachviertel und folge dem pinken Ladenschild bis zum obengenannten Wunderland, schnappe sich ein Einkaufskörblein (man will ja nicht gleich beim ersten Mal bis zum allerletzten Cent ausgeben und kaufe ein:
- Eine Packung BioMehl (wobei schon den Pluspunkt Nummer eins austeilen muss, denn auf der Packung die ich kaufte stand sogar, welcher Teil des Weizenkorns nun benutzt wurde und wie, um dieses Bio-Weizenmehl type 55 zu gewinnen. Mit Bildchen und Reiskorn-Querschnitt. In meinem gewöhnlichen Supermarkt finde ich sowieso nur ein Typ, geschweige denn mehr Info vielleicht der Preis und die ordnungsgemäße Zutatenangabe.
- Bio-Eier von glücklichen Hühnern (auch cool: man kann die Eier auch lose kaufen! Thumbs up!)
- Eine Packung Bio Milch
- Eine Packung Bio Butter
Dann gehe man zu einem „gewöhnlichen“ Supermarkt, sagen wir mal um keine Namen zu nennen, einer von diesen die eine Kombination aus gelb, blau und/oder rot im Logo haben, und kaufe dasselbe auch dort ein - an dieser Stelle muss ich zugeben, Zucker , Vanille und Backpulver hatte ich schon daheim und habe diese also für beide Testkuchen von derselben (nicht-Bio) Qualität benutzt.
Was schon zu Teil Eins des Experiments zu beobachten ist: im ersten Laden hatte ich zum ersten Mal nach langer, langer Zeit nicht den Eindruck, ich werde unmittelbar nach dem Bezahlen an der Kasse hochkant hinausgeworfen, wenn ich auch nur zwei Sekunden länger brauche, meinen gerade gekauften Krempel einzupacken. Bei meinen blaugelben alten Freunden ist das nicht ganz der Fall, um es mild auszudrücken (Tötende Blicke können Reiskörner auch vergammeln lassen, wie unser japanischer Reisflüsterer gut weiss).
Auch konnte ich in Laden Nummero 1 Fragen zu den Produkten stellen, weil dort die Verkäufer wirklich existieren (!), auch im Laden herumlaufen, sich Zeit für einen nehmen und – siehe her!- sie lächeln sogar wirklich, genauso wie die aus der Werbung!!
Auch ist es der Wahnsinn, was es im Bioladen (oder genaugesagt, in diesem Fall im Schmatz) für eine Auswahl an Marmeladen, Chutneys, Aufstrichen, Gewürzpasten, Mehl- und Getreidesorten gibt. Ein paar kleine extrathematische Mitbringsel mussten also auch unbedingt sein.
Im Gegenzug noch ein paar Anmerkungen zum Preis: JA, Bio ist teurer und das ist nicht nur ein Gerücht. Eins von den obengenannten, coolerweise einzeln angebotenen Eiern kostet runde 50 cent. Glatt fünf Mal so viel wie die herkömmlichen Eier im Zehnerpack (von denen man jedes 10,9 cent bezahlt) . Das Mehl mit Erklärung bekommt man für 1,29 das Kilo, also rund 220% mehr als sein anonymer Cousin aus dem gelbrotblauen Laden. Bei der Butter entschloss ich mich dann für eine kleine Packung, die mit ihren 125 gramm Inhalt und 1,49 Euro Preis im Verhältnis fast dreimal so viel kostet als einige nicht-Bio-Marken.
Man gehe also gelassen und ungestört entspannt durch die verbraucherfreundliche Kasse, dann schleppe man das Ganze nach Hause und backe backe Kuchen.
Step 2: die Zubereitung
Man nehme:
-120 g frische Vollmilch
- 60 g Butter
- 165 g feines Mehl (Typ 55 eben)
- 6 g Backpulver
- 165 g Zucker
- 3 Eier
- 1 Teelöffel Vanilleextrakt
- eine Prise Salz
Den Backofen auf 175°C vorheizen.
Mehl, Backpulver und Salz in einer Schüssel mischen und beiseite stellen.
Butter und Milch in einem Töpfchen erhitzen, bis die Butter flüssig wird, inzwischen die Eier mit dem Zucker und der Vanille mit dem Rührgerät aufschlagen. Darauf die Mehlmischung sieben und vorsichtig unterheben, zuletzt die Milch dazu gießen und vermengen. Den Teig in eine gefettete Backform füllen und etwa 25 Minuten bei 175°C backen.
Das war‘s schon!
Für mein Experiment hab ich also schön brav den Vorgang zwei Mal wiederholt (immer nur halbe Menge, sonst essen wir Milchkuchen bis Weihnachten) und genau dieselbe Zeit bei derselben Temperatur gebacken.
Step 3: der Vergleich
Ich schwöre, ich habe nichts getan. Ich habe weder zugeflüstert, noch insgeheim sabotiert oder irgendwie anders die Beweisstücke manipuliert, und auch nicht photo-geshoppt.
Beide Kuchen haben wunderbar gebacken, sind zum selben Zeitpunkt aus dem Ofen gekommen, die Krume goldgelb, der Geschmack zart-vanillig , mit Eigelbnoten und Butterigem Aroma…
Der Biokuchen ist wunderbar aufgegangen, ist gewachsen, locker geworden, fluffig und luftig mit geschmeidiger Krume… und der Nicht-Bio-Kuchen nicht. Der ist zusammengedatscht, flach wie ein Fladen, und ist so geblieben. Er schmeckt auch super, eigentlich praktisch genauso gut wie der sein Biobruder, vielleicht ein klitzekleines Bisschen weniger nach Eigelb schmeckend.
Aber er ist nicht fluffig. Nicht luftig. Nicht Kuchig.
Das sind die unglücklichen Proteinmoleküle aus den traurige-Hennen-Eier, würde unser weiser Freund Emoto sagen. Meine Oma würde natürlich knallhart gegenkontern, ich hätte viel zu oft den Ofen aufgesperrt um reinzuglotzen, daher kommt das, da erschrickt das Backpulver und der Kuchen schrumpft automatisch.
Wer von beiden Recht hat, was der tatsächliche Grund war dafür, dass zwei identisch zubereitete Kuchen so verschieden ausfallen? Und ob Bio nun tatsächlich besser ist als nicht-Bio? Das weiss ich nicht. Mein hausgemachtes Hobbybäckerexperiment ist da nicht wissenschaftlich genug. Was eins ist sicher: das gute Gewissen, was man beim Schlemmen eines Bioküchleins hat, wenn man sich die glücklich zappelnden Eigelbmoleküle der fröhlichen Bodenhennen vorstellt, kriegt man im blaugelben Laden mit der furchteinflössenden Kassengeschwindigkeit nicht. Süchtigmachendes Ingwer-Weissbier und Chilisosse in eleganter Designflasche auch nicht.
Ich glaube ja, ab und zu kann meine Hauswirtschaft auch ein Bisschen Bio vertragen.