Das kontroverse Thema: Schuld und Sühne – so geht Beichten heute

Von Die Angelones @DieAngelones

“Die Versöhnung ist, was die Liebe bewahret. Und ihre zarten Blüten!” Jeremias Gotthelf

«Vergebung ist der Schlüssel zum Handeln und zur Freiheit.» Dieses Zitat einer deutschamerikanischen Philosophin las ich just einen Tag vor dem sogenannten Versöhnungstag unserer Pfarrei, zu welchem unser Grosser zusammen mit mir eingeladen war.

Das Sakrament der Versöhnung kennet ihr – wie ich übrigens auch noch – wahrscheinlich unter dem Begriff «Beichte». Wenn ihr an «Beichte» denkt, kommt bei euch – wie bei mir auch – möglicherweise etwas verstörende Erinnerungen auf: Schuld und Sühne, dunkle Beichtstühle, grüne und rote Lämpchen, die anzeigten, ob jemand am Beichten war oder ob man selber an die Reihe kam, «alles» zu gestehen. Vielleicht erinnert ihr euch sogar an den Beichtspiegel für Kinder, diese ominöse Checkliste mit Fragen zu Bereichen, in denen man als Kind gesündigt haben könnte.

Doch das Sakrament der Versöhnung hat sich seit meiner Kindheit stark verändert. Heute stehen nicht die unter Furcht und Scham gebeichteten kindlichen «Schandtaten», sondern die Reflexion und der Prozess der Versöhnung im Vordergrund.

Unter diesem Aspekt bin ich letzten Samstag gemeinsam mit unserem Grossen den Versöhnungsweg gegangen und habe mich zusammen mit ihm vielen Fragen aus unserem täglichen Leben als Familie gestellt. Wir haben uns auch über Schule und Freizeit ausgetauscht und Gedanken zur Schöpfung und zu Gott gemacht. Wie verhalten wir uns in diesen verschiedenen Lebensbereichen? Welches sind unsere Stärken, welches unsere Schwächen? Wie wollen wir miteinander umgehen?

Der Versöhnungstag war für mich persönlich viel mehr als nur eine moderne Form der Beichte. Er stellte einen wertvollen, intimen Moment der Begegnung mit meinem Grossen dar und bot uns beiden die Gelegenheit für Gespräche, die wir in dieser Tiefe sonst kaum geführt hätten. Unserer Pfarrei möchte ich ein Kränzchen winden – ich habe mich mit der Beichte versöhnt.

immer mittwochs im Tagblatt der Stadt Zürich

Kennt ihr das Sakrament der Beichte? Wie steht ihr dazu?