Das kleine Einmaleins…

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Ein typisches Bild: Gestern Abend sitzen ein paar Triathleten um einen großen Tisch. Man hätte anhand der Leibesfülle direkt die entsprechenden Getränke zuordnen können. Wäre ja alles nicht schlimm. Wenn nicht, wie überall im Leben zu sehen, Menschen jede Menge Ausreden finden würden (und wir haben sie alle, nicht?), warum sie in dieser oder jener Situation ihre Ziele nicht erreichen. Auch ich habe natürlich meinen (nicht kleinen) Anteil an Ausreden – nur bin ich vielleicht etwas reflektierter, sensibler und ehrlicher mit mir.

Selbstverständlich kommt sofort der Einwand, dass es ja nur 1, 2, 3 (hier beliebige Zahl einsetzen) Bierchen sind und – ganz wichtig – dass es ja alkoholfrei ist. Und schon sind wir wieder im Reiche der Ausreden. Selbstverständlich darf jeder tun und lassen, was er will (und trinken sowieso). Aber alles (ausnahmslos ALLES) geht in die Gesamtrechnung ein. Und daher hier ein Versuch einer (sicher immer unvollständigen) Liste, was alles gut oder vielleicht nicht ganz so gut ist, wenn man im Sport (und im Leben) Ziele erreichen will. Und für alle Anderen gilt wie immer im Leben: Einfach ignorieren! Und ja, da ist absolut nichts Neues dabei, was man nciht schon wüsste. Die Frage ist nur: Wie gut bin ich in der Umsetzung der Dinge?

  1. Die Regeneration muss bewusst als eine der höchsten Prioritäten im Kopf verankert sein. Wir alle wissen, dass ohne ausreichende Erholung keine Superkomepnsation stattfinden kann. Ohne Erholung kein Training auf ein neues Level! Was und wann ich esse, was und wann ich trinke, wie und wie viel ich schlafe hat alles direkten Einfluss auf meine Erholung. Ob und wie viele reine Regenerationseinheiten streue ich ein? Wie viele externe Stressoren (Arbeit, Familie, Beziehung, etc.) habe ich? Wie kann ich diese minimieren? Und wir kennen alle diese Gruppen, in denen zu Beginn des Trainings gesagt wird “Heute machen wir mal locker!”, nur um einen weiteren “all out effort” folgen zu lassen.
  2. Das Gewicht spielt natürlich eine Rolle. Ein Athlet wunderte sich vorgestern, warum er eine Minute langsamer seine Standard-10k-Runde lief, nur um später festzustellen, dass die inzwischen reparierte Waage vier Kilo mehr anzeigte. Da wunderte er sich nicht mehr. Jedes Kilo zu viel auf den Rippen hat selbstverständlich direkten Einfluss auf unsere Leistung – speziell beim Laufen und speziell bergauf. Also auch aus dieser Sicht haben Essen und Trinken einen Einfluss auf unseren Output (siehe 1.).
  3. Wir sind Individuen, das heißt wir sind absolut einzigartig. Ergo ist es sinnvoll, das Training gemäß der Individualität (auch im zeitlichen Ablauf) zu organisieren. Ich sehe viel zu viele Athleten, die die Trainingseinheiten andere Leute kopieren. Auf einem niedrigen Niveau mag das noch Fortschritte bringen, aber im Sinne von “besser als nichts”! Daher sind jegliche standardisierte Trainingspläne (ob aus dem Internet oder von einem Coach, der 387 Athleten “betreut”) so sub-optimal. Die beste Frage ist hier immer: Was bringt MICH ZU DIESEM ZEITPUNKT unter den gegebenen Ressourcen-Limitationen (Zeit, Budegt, etc.) am meisten weiter?
  4. Die reine Quantität ist nicht entscheidend. Ich sehe einfach viel zu viele Menschen, die viel zu viele Kilometer trainieren – vor allem für das Trainingstagebuch (und natürlich, um sich selbst zu beruhigen). “So lange ich X Kilometer trainiert habe, kann ich gut schlafen, bin ich gut vorbereitet für das Rennen Y.” Insbesondere im Langdistanz-Bereich sehe ich dieses Verhalten. Viel bringt viel. Mitnichten! Qualität vor Quantität müsste es richtigerweise heißen! Welche Trainingseinheit bringt mich jetzt maximal weiter (siehe 3.)?
  5. Ein weiterer Klassiker ist die Standardrunde (siehe 2.). Warum gibt es überhaupt eine Standardrunde? Meine Wahrnehmung ist folgende: Ich brauche die Standardrunde, um mich regelmäßig selbst zu messen, wie schnell ich bin. Mit anderen Worten: Wir laufen ein Rennen (gegen uns selbst). Wenn wir das oft genug machen, brauchen wir gar keine tatsächlichen Rennen mehr zu laufen. Das Problem dabei ist, dass wir nie wirklich standardisierte (und damit vergleichbare) Bedingungen vorfinden und damit die Ergebnisse nicht wirklich vergleichbar sind. Und die Gefahr ist groß, dass man so viele, regelmäßige “Mini-Wettkämpfe” macht, dass man viel zu viel Intensität ins Training streut und am wirklichen Wettkampftag keine Leistung abrufen kann. Es gibt nichts, was ich häufiger unter Amateur-Athleten sehe: Am Wettkampftag (wenn’s wirklich zählt!) kommt nichts. Jedenfalls nciht mehr, als an jedem beliebigen Trainingstag. Warum? Weil das Training ja schon Wettkampf war! Nebenbei verführt die Standardrunde den nicht so ambitionierten Athleten dazu, den Körper an eine bekannte (eben Standard!) Leistung zu gewöhnen. Kein Stress, keine Herausforderung = keine Anpassung notwendig = kein Training!
  6. Ein- und Auslaufen (-radeln, -schwimmen) ignorieren. Frei nach dem Motto: “Vom Einschwimmen ist noch niemand schnell geworden!” Kann man machen, sollte man aber nicht. Vor allem für uns älter werdende Athleten ist das ein Rezept für Misserfolg und Verletzung. Auf der anderen Seite habe ich nach dieser Saison gelernt (und Danke an Brett Sutton), dass es manchmal gerade ins Schwimmtraining gehört, ohne Aufwärmen sofort volle Pulle loszuheizen. Warum? Weil das manchmal leider im Rennen genau so exerziert wird: Eiskalt für 15-20 Minuten rumstehen um dann genau so eiskalt zu starten.
  7. Von ganz wenigen (meist professionellen) Ausnahmen abgesehen, wird ausschließlich körperlich trainiert. Die mentale Seite wird dagegen vollkommen ausgeblendet. Nun hören wir vor Kona immer wieder den selben Spruch, wonach 15-20 Athleten das Rennen “auf dem Papier” (körperlich) gewinnen können. Aber genauso regelmäßig gewinnt nur ein Typ das Rennen. Woran liegt’s? Die Profis sind sich einig: Der entscheidende Faktor liegt zwischen den Ohren. Und warum trainieren das dann so wenige? Ein paar Minuten mentales Trainign können einen riesen Unterschied machen. Und nicht nur bei den Profis um den Sieg. Warum gehen tausende Age Grouper durch extreme Mühen, Trainingsaufwand, viel investiertes Geld und Zeit, nur um dann nach wenigen Kilometern auf der Laufstrecke aufzugeben? Weil sie schwach in der Birne sind!
  8. Ein Klassiker der “Verlierer-Ausreden” sind die “Wenn ich doch nur…”-Sätze. Wenn ich doch nur mehr Zeit hätte, dann… Wenn ich doch nur einen besseren Trainingsplan/Trainer hätte, dann… Wenn ich doch nur das bessere Super-Duper-Aerobike (den aerodynamischeren Helm, den schnelleren Wesuite, etc.) hätte, dann… Wenn ich doch nur Zeit und Geld hätte für ein Trainingslager im Malle/Kanaren oder sonstwo, dann…  und weiter und weiter… Ausreden! Einfach mal trainieren gehen! Aber auch wirklich ab und zu TRAINIEREN (siehe 5. Stress = Anpassung).
  9. Und dann ist da ein weiterer Klassiker aus meinem Job: Ehrlichkeit – vor allem mit sich selbst! Die meisten von uns sind ziemlich gute Lügner – vor allem aber mit sich selbst. Wie ehrlich bin ich mit mir, wenn die Dinge nicht so laufen, wie ich mir das vorgestellt habe? Typische Aussage: “Ich bin ganz zufrieden mit meinem Rennen!”, wenn das Ergebnis einfach unterirdisch schlecht war (oder zuimindest sub-optimal). Wen wollen wir denn da verarschen? Lasst uns doch ehrlich zu uns selbst und anderen sein (die Anderen schätzen unsere Leistung sowieso für sich meist recht realistisch bis überkritisch ein – wir brauchen nicht zu glauben, dass wir die mit solchen Aussagen überzeugen). Aber darum geht es auch gar nicht. Was andere Denken sollte uns völlig egal sein. Aber wir für uns selbst sollten verdammt nochmal ehrlich zu uns sein. Daraus ergibt sich dann auch eine ehrliche Analyse, warum es so sub-optimal gelaufen ist und daraus wiederum die Möglichekit zu lernen, zu wachsen und es das nächste Mal besser zu machen.

Amen. Das wird mal wieder viel zu ehrlich für viele Leser sein (vgl. oben -> einfach wegklicken, Mülleimer). Aber das ist mir total egal (siehe 9.). Und für die Anderen gilt: Setzen lassen, mal drüber nachdenken und vielleicht kann der eine oder andere mit dem einen oder anderen Punkt etwas anfangen. :-)


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