Das Karussell dreht sich wieder

Fußball ist wie Krieg. Die Spieler sind die Soldaten. Sie kämpfen unten auf den Schlachtfeldern gegen gegnerische Truppen auf Gedeih und Verderb, vergießen Blut und Schweiss. Ihr Tun ist es, was das Land weiter voranbringt.
Dahinter steht eine klare Hierarchie. Der Oberst (Trainer) und sein Hauptmann (Co-Trainer) lenken die Geschicke der Soldaten. Sie besprechen Taktiken für den Kampfeinsatz, beteiligen sich aber selber nicht direkt am Geschehen. Der General (Manager) steht noch über ihnen und hält die Fäden für die Einsätze in der Hand. Und der Aufsichtsrat eines Vereins bildet die Regierung, die nach Gutdünken alles, was Hauptmann,Oberst und General aufgebaut haben, wieder umschmeißen können. Wie sagte doch ein General/Manager gestern so vortrefflich: »…und kann man 27 Spieler beurlauben oder ein Trainerteam.«

Am gestrigen Dienstagmorgen setzte es den Paukenschlag in der Kaiserstadt nahe der niederländischen Grenze. Mit sofortiger Wirkung wurden Peter Hyballa und Eric van der Luer von ihren Pflichten als Trainergespann der ersten Mannschaft des TSV Alemannia Aachen, Bereich Fußball, entbunden und beurlaubt. Erik Meijer, der sichtlich angespannt, wenn nicht sogar ein wenig angefressen wirkte, nannte auf der Pressekonferenz Vertrauensprobleme zwischen Mannschaft und Trainerteam. Man sah unserem Eurohelden von einst an, wie schwer die letzten Tage für ihn waren. Und er bringt es auf den Punkt, wenn er sagt: »Es tut mir unglaublich weh und ich sehe es als Verlust für uns alle, dass Peter jetzt nicht mehr Trainer hier ist.«

Nun befindet sich die Alemannia wieder einmal auf Trainersuche. Seitdem uns Hannover 96 nach dem dritten Spieltag der Saison 2006/2007 unseren Aufstiegscoach Dieter Hecking entriss, glichen die vergangen Trainersuchen eher einer Schnitzel- denn einer Schatzjagd. Michael Frontzeck war zur falschen Zeit beim falschen Verein. Er spielte defensiv mit einem offensiv ausgerichtetem Kader und bot durch seine Gladbacher Vergangenheit genug Angriffspunkte für den Pöbel. Der japanophile Weltmeister Guido Buchwald war vermutlich der deftigste Griff ins Klo. Keine Taktik, kein erkennbares System und seine Interviews vermittelten mir nicht den Eindruck, einem fußballbegeisterten Nerd zuzuhören. Aber sein Intermezzo bei uns war auch seine bisher letzte Station. Vier Jahre arbeitsloser Trainer – in einer Zeit, in der der Hamburger SV oder 1.FC Köln nahezu minütlich nach einem neuen Übungsleiter fahnden – das sagt alles aus.
Jürgen Seeberger, der Mann mit der schnittigen Frisur, ließe sich dann als Beginn alemannischer Trainerkonfusion bezeichnen. Anderthalb Jahre gute Arbeit, darunter ein Platz 4 in der Abschlusstabelle der 2.Ligasaison 2008/2009, waren nicht gut genug für den Verein. Sicher, der Kerl hatte eine Menschenführung wie ein Sack Reis und der Fußball unter ihm war einschläfernder als ein Twilight-Filmmarathon. Aber das Team holte unter ihm Punkte! Mir gefiel das Wie zwar auch nicht, aber in der jetzigen Saison würde uns das super zu Gesicht stehen.
Mr.Pfefferfußball aka Michael Krüger nannte den neuen Tivoli einen »gelben Postkasten«. Vielleicht wollte er damit nicht das Stadion titulieren, sondern metaphorisch ausdrücken, wieviel Fußball darin zu erwarten sei. In meinem Briefkasten habe ich zumindest recht selten den Torschrei gehört. Seine Entlassung, nein, seine Einstellung war ein Fehler. Wie viele war ich auch geblendet von seiner großen Erfahrung und seinen (afrikanischen) Titeln. Aber er passte nicht zur Alemannia. Er war sympathisch, doch das alles zählt im Haifischbecken Profifußball nicht.

Mit Peter Hyballa verpflichtete der Geschäftsführer Sport nun einen „Trainer für den Kader“, statt dem Trainer einen Kader zu verpflichten. D.h. der Verein soll die Spielphilosophie vorgeben, die der Trainer mit dem entsprechenden Material ausfüllen sollte. Das Jugendspielerkonzept ging anfangs auf. Die erste Saisonhälfte 2010/2011 war klasse, vor allem im Pokal gab es gigantische Auftritte der »Strassenköter«. Das flaute leider ein wenig ab, das Spiel war einseitig auf Stieber und Höger ausgerichtet und am Ende erreichte man gerade einmal den 10.Platz.

Heute steht man nach sieben Spieltagen mit drei Punkten in nicht allzu aussichtsloser Situation am Tabellenende. Wie ihr bereits nach dem Paderborn-Spiel bei mir nachlesen konntet, habe ich selber Peter Hyballa auch gerne kritisiert. Doch ich bin ein kritischer Geist (sonst würd ich nicht soviele Rezensionen tätigen). Mir liegt aber auch das allgemeine Trainergebaren (fernab von Hyballa mein ich damit JEDEN Fußballtrainer) fern. Ein Trainer kann nicht auf Teufel komm raus, auf Gedeih und Verderb sein System durchzuquetschen versuchen. Als Trainer sollte man eine Philosophie haben: offensiver oder defensiver ausgerichtet. Der Rest ergibt sich. Du kannst ein 4-5-1 unglaublich offensiv ausrichten, aber auch mit 4-3-3 mauern. Alles eine Frage der Einstellung. Das System muss sich dem Material anpassen, nicht das Material, also der Spieler, dem System. Das kritisiere ich bei Peter Hyballa. Mehr aber auch nicht. Mir gefällt die Entscheidung seiner Entlassung nicht, da er sicherlich da unten rausgekommen wäre. Seine Beurlaubung ist purer Aktionismus, aber leider üblich in diesem Geschäft. Der Kader ist gut genug bestückt und ein guter Trainer, wie Peter Hyballa es meiner Meinung nach ist, wird auch irgendwann die optimale Mischung gefunden haben. Aber diese Chance erhält er nicht mehr.

Rästel geben im Zuge dieser Beurlaubung andere Dinge auf:

Wer ist nun der Schuldige? Wenn es einen Vertrauensbruch zwischen Mannschaft und Trainerteam gab, wie kommt es dann, dass sowohl Hyballa , als auch Van der Luer von intakten Mannschaftsverhältnissen sprachen? War es Erik Meijer? Zweifelhaft, seine Mimik und seine Aussagen auf der Pressekonferenz sagen mehr, als jeder Blogeintrag widerspiegeln könnte. Bliebe ja nur der Aufsichtsrat. Achja, der Klömpchensklub mal wieder…

Warum wurde eigentlich Van der Luer mitentlassen? Natürlich ist es Usus, den Co-Trainer meist mitzufeuern, aber hier wiegt der Fall bedeutend schwerer. Er ist Leiter des NLZ. Man rüttelt also nicht nur am Gefüge der Mannschaft, sondern auch an den Strukturen des Vereins. Es findet sich sicher jemand anderes, aber trotzdem ein dummer Schachzug.

Und dann natürlich die Gretchenfrage: Wer folgt auf Peter Hyballa?

»Wir haben noch 27 Spiele Zeit, um 37 Punkte zu holen. Der neue Mann muss sofort funktionieren«, sagte Erik Meijer auf der Pressekonferenz. Damit wäre also Schluss mit Experimenten der Marke „Unerfahren“, wie Hyballa es war. Die Medien kolportieren mit den Namen Frank Schäfer, Huub Stevens, Petrik Sander oder Marcel Koller. Da ich Fan von offensiverem Spiel bin, wären also Stevens und Sander aus prinzip nichts für mich. Obwohl uns der Huub mit Sicherheit den Zuschauerschnitt um 500 bis 1000 steigern würde. Frank Schäfer wäre aus zwei Gründen mein Favorit: er hat letzte Saison bewiesen, dass er einen zusammengewürfelten Kader zu einer Einheit formen kann. Und er wird von den Kölnern heißbegehrt. Sie hätten ihn lieber behalten, als nun den Solbakken zu bekommen. Das wäre ein innerer Vorbeimarsch für jeden Alemannen, den Geißböcken den Trainer wegzuschnappen. Aber ich nehm auch Koller. Der ist erfahren und kann sicher schneller helfen, als Schäfer, der wieder ein Experiment wäre.

Das Karussell dreht sich wieder, diesmal hat Alemannia Aachen den ersten Effet gegeben. Heute verschnellerte der VfL Bochum mit der Entlassung von Friedhelm Funkel noch die Rotation. Und sie werden nicht die Letzten sein, die dem Karussell neue Energie geben.

Peter Hyballa, du bist ein junger Trainer und hast noch viel vor dir. Arbeite an deinen Schwächen, aber bleib trotzdem so großmaulig, wie du eh schon bist. Damit kannst du ein Unikat werden. Du hast der Mannschaft nach vielen Jahren wieder ein wenig Feuer gemacht, wurdest aber Opfer der typischen Klömpchensklub-Querelen. Mach deinen Weg und zeig der Schattenregierung des Vereins, wie falsch sie gelegen haben.

Auf Wiedersehen Hyballa, beim nächsten Mal als sportlicher Gegner.

 


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