“Das kann auf gar keinen Fall gutgehen”, hätte ich früher gesagt. “Sie und ich unter einem Dach? Du spinnst wohl! Sie würde mich immer nur kritisieren und ich würde mich über jede ihrer Bemerkungen ganz furchtbar aufregen. Immer reden wir aneinander vorbei; will ich ihr etwas Gutes tun, ist sie beleidigt, will sie mir eine Freude machen, fühle ich mich vor den Kopf gestossen. Wir können einfach nicht miteinander auskommen.”
So dachte ich – und so dachte wohl auch sie – und darum fürchtete ich mich vor dem Moment, in dem sie uns brauchen würde. Wie sollte ich für sie tun können, was ich für richtig erachte? Wie für sie da sein, wo ich mich doch stets von ihr zurückgewiesen fühlte? So, wie sie sich von mir zurückgewiesen fühlte.
Ich bin dankbar, dass ich damals, als ich noch so dachte, nicht für sie da sein musste. Dankbar, dass wir beide inzwischen erkannt haben dass wir einander nicht verändern können, auch nicht verändern müssen. Dankbar, dass wir gelernt haben miteinander auszukommen, ja, einander gar zu mögen, auch wenn wir viele Dinge nie gleich sehen werden. Dankbar, dass wir Themen gefunden haben, über die wir ganz entspannt miteinander plaudern können, so dass es kein Krampf mehr ist, Zeit miteinander zu verbringen. Dankbar, dass ich heute ganz ehrlich sagen kann: “Herzlich willkommen, Schwiegermama. Lass es dir wohl sein bei uns und erhole dich von deiner Operation, wir sind gerne für dich da.”