Das diesjährige Dok.fest geht in die zweite Woche und wir präsentieren an diesem Mittwoch, den 15. Mai, unseren zweiten Film, den wir in Kooperation mit dem Filmfestival im Filmmuseum zeigen: Claude Lanzmann: Spectres of the Shoa. Dieser 40-minütige Film aus dem Jahr 2015 ist eine filmische Hommage an den im vergangenen Jahr verstorbenen Regisseur und Intellektuellen Claude Lanzmann, der mit seinem 9,5-stündigen Dokumentarfilm SHOA aus dem Jahr 1985 einen Meilenstein der Filmgeschichte geschaffen hat und ein unüberwindbares filmisches Zeugnis über die Vernichtung der europäischen Juden.
In Memoriam – so lautet die Kategorie in der Reihe Dok.special, die sich in diesem Jahr vier Pionier_innen des europäischen Dokumentarfilms widmet, die den Stil ganzer Generationen von Filmschaffenden geprägt haben. Claude Lanzmann ist einer von ihnen.
Und angesichts seiner Bedeutung, wunderte es Adam Benzine, einen jungen britischen Journalisten doch sehr, als er 2011 nach der Sichtung von SHOA feststellte, dass es über den Mann hinter der Kamera, der 12 Jahre seines Lebens mit der Arbeit an diesem Film verbrachte, kein filmisches Portrait gab, das den französischen Intellektuellen, sein Denken und Handeln rund um dessen filmische Arbeit an diesem Monument näher vorstellte. Benzine entschied dies nachzuholen und suchte den Kontakt mit Lanzmann. Nur widerstrebend entschloss sich dieser, schon 88jährig, dazu, über die Jahre zu sprechen, in denen er an SHOA arbeitete, über sein Verständnis ein filmisches Zeugnis dieser Art über die Vernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden zu schaffen und nicht zuletzt über einen Film zu sprechen, der ihn persönlich an den Rand seiner Kraft gebracht hat und von schweren Krisen begleitet war.
Adam Benzine ist mit Spectres of the Shoa ein sehr intensives Filmportrait gelungen, das uns heutigen Zuschauenden Claude Lanzmann näher bringt und uns einen Einblick ermöglicht, wie dieses filmische Monument SHOA entstanden ist, wie die Arbeit und dramaturgischen Entscheidungen hinter der Kamera abliefen. Der 40-minütige Film ist wie ein Nachklang auf Lanzmanns monumentales Werk und so kommen nun zu den 9,5 Stunden, die SHOA dauert, eine weitere gute halbe Stunde an Filmminuten dazu, die es sich unbedingt lohnt anzusehen. Spectres of the Shoa wurde 2016 in der Kategorie Dokumentar-Kurzfilm für den OSCAR nominiert.
CLAUDE LANZMANN: SPECTRES OF THE SHOA ist am 15. und 19. Mai 2019 auf dem DOK.fest München zu sehen. Alle Termine und weitere Informationen finden Sie hier.
Beitragsbild: Claude Lanzmann: Spectres of the Shoa, Regie: Adam Benzine, 2015. Text von Ulrike Heikaus