Das japanische Schulwesen wird, als Folge der Reformation nach dem zweiten Weltkrieg, als 6-3-3-4 System bezeichnet, welches nach der Anzahl Jahre, die in den jeweiligen Schulen verbracht werden, benannt ist. Zu jenen Schulen gehören Grundschule, Mittelstufe, Oberstufe und Universität, in denen jeweils sechs, drei, nochmal drei und vier Jahre gelernt werden.
Allgemeines
Der Besuch der Vorschule, in Japan unter mishuugaku (未就学) bekannt, wird im 6-3-3-4 System aufgrund seiner Freiwilligkeit und der Kostenverbundenheit in der Benennung nicht mitaufgeführt. Dennoch besuchen beinahe 90% der Kinder eine der beiden Vorschulvarianten: youchien (幼稚園) oder hoikuen (保育園). Youchien entspricht dem westlichen Kindergarten und steht dementsprechend Kindern ab drei Jahren offen, die in dieser Institution anfangen, Hiragana, eins der japanischen Silbenalphabete, zu lernen. Hoikuen ist hingegen eher als Kinderkrippe aufzufassen, da dort bereits Kinder ab drei Monaten aufgenommen werden.
In allen Schulen gehört die Schuluniform zur Kleiderordnung, auf deren Sauberkeit ebenso viel Wert gelegt wird wie auf die der Schule im Gesamten. Für die Reinigung des Gebäudes sorgt jedoch für gewöhnlich kein Hausmeister, sondern Schüler und Lehrer selbst, welche die Aufgaben unter sich aufteilen. Dass den Kindern und Jugendlichen viel Eigenverantwortung übertragen wird, zeigt sich auch an der Tatsache, dass nur wenig Vertretungslehrer eingesetzt werden. Sollte ein Lehrer krank werden, erwartet man von den Kindern, dass sie sich in Eigenregie den Unterrichtsstoff aneignen.
Das Anspruchsvolle an diesem Bildungssystem ist unter anderem daran erkennbar, dass sich das Wochenende bis zum Jahre 1992 für Schüler lediglich auf den Sonntag erstreckte, da für Samstag noch Schulpflicht bestand. Auch wenn die Regierung schließlich die Entscheidung traf, den Schülern etwas mehr Freizeit zu gönnen, findet auch heute noch in manchen Schulen samstags Unterricht statt, wenn auch häufig nur einmal im Monat.
Den Fakten nach zu urteilen, ist dieses Bildungssystem, möglicherweise gerade auch aufgrund der Strenge, vor allem in der Breite von langfristigem Erfolg gekrönt. Dieser äußert sich vor allem darin, dass in Japan nahezu kein Analphabetismus besteht und beinahe 100% der Jugendlichen die Schulpflicht tatsächlich erfüllen.
Grundschule - shougakkou (小学校)
Mit der Grundschule beginnt für japanische Kinder die Schulpflicht. All diejenigen, die vor dem 1. April, welcher den offiziellen Beginn von Schuljahren darstellt, sechs Jahre alt werden, besuchen für gewöhnlich die am nächsten am Wohnort gelegene öffentliche Grundschule. Der Anteil privater Grundschulen beträgt in Japan nur etwa 1%.
Dem Lehrplan zufolge kennen Schüler nach dem Abschluss der Grundschule 1006 Kanji, die pro Schuljahr in 80, 160, 200, 200, 185 und 181 Kanji portioniert werden. Diese werden als kyouiku kanji (教育漢字) oder gakushuu kanji (学習漢字) bezeichnet.
Mittelstufe - chuugakkou (中学校)
Um eine hoch angesehene Mittelschule besuchen zu können, ist das Bestehen einer Aufnahmeprüfung notwendig. Allerdings gibt es, wie im Falle der Grundschulen, nur wenige private Institutionen dieser Art. In der Mittelstufe wird die Größe der Klassen möglichst unter 40 Schülern gehalten, was für unsere Ohren vielleicht bereits zu umfangreich ist, aber für Japaner Normalität darstellt. Schließlich waren auch schon Klassen mit 50 Schülern Gang und Gebe.
Mit dem Abschluss der Mittelstufe, was in Deutschland der 9. Klasse entspricht, endet die Schulpflicht. Die Jugendlichen sind dann etwa 15 Jahre alt und haben mit durchschnittlich sechs Zeitstunden einen sehr anstrengenden Schulalltag hinter sich. Der gewöhnliche Schultag eines japanischen Schülers gehört mit zu den längsten auf der Welt, dabei sind nach diesen sechs Stunden die Jugendlichen meist noch nicht einmal in die „Freiheit" entlassen, sondern in weitere Schulaktivitäten eingebunden. Allerdings stehen immerhin, wie in der Grundschule auch, generell die Textbücher zur kostenfreien Verfügung, was aber gewiss von den wenigsten hier als Trost angesehen würde.
Oberstufe - koutougakkou (高等学校)
Auch wenn die Oberschule nicht mehr Teil der Schulpflicht ist, besuchen sie 97% aller Jugendlichen. Die Freiwilligkeit des Besuchs spiegelt sich unter anderem in den Aufnahmeprüfungen und dem Schulgeld wieder, deren Umfang und Höhe von Schule zu Schule sowie von Ort zu Ort variieren, wobei selbstverständlich auch das Ansehen eine Rolle spielt. Der Anteil der Schüler, die eine private Institution besuchen, steigt in der Oberstufe auf ein Viertel an.
Die Beliebtheit der Oberstufe lässt sich insbesondere dadurch erklären, dass der Abschluss einer entsprechenden Schule Bedingung für die Aufnahme in eine Universität darstellt. Dieser Abschluss erfolgt aber im Allgemeinen, im Gegensatz zum Abitur in Deutschland, nicht in Form einer Prüfung.
Universität - daigaku (大学)
Auch wenn die Anzahl der Schüler, die eine Universität besuchen wollen, in den letzten Jahren gestiegen ist und bei über 50% liegt, gestaltet sich der Eintritt in eine Universität nicht gerade einfach. Die Aufnahmeprüfung weist vor allem bei renommierten Universitäten einen hohen Schwierigkeitsgrad auf, weshalb die Oberstufenabsolventen sehr viel Zeit und Mühe auf die Vorbereitung dafür verwenden.
Gelingt es einem jedoch, die Universitätsausbildung erfolgreich abzuschließen, stehen einem beruflich alle Wege offen. Besagte Universitätsausbildung kann auf zwei Arten erfolgen: Entweder man studiert vier Jahre lang und erreicht den Bachelor-Abschluss, wonach man mit dem Master-Studium oder gar der Promotion weitermachen kann, oder man wählt die kürzere Möglichkeit, bei der man nur zwei Jahre an der Universität lernt. Letztere Möglichkeit ist vor allem bei japanischen Frauen beliebt, die aufgrund des Wunsches der Familiengründung nicht lange auf dem Arbeitsmarkt bleiben wollen.
22 Jahre alte Germanistikstudentin / Japanliebhaberin / [eigene Bezeichnung bitte hier einfügen], die mehr Spaß am Schreiben und Korrigieren von Artikeln hat, als sie sollte