Das Jahrhundert der Hundertjährigen

Aus: Spektrum der Wissenschaft, November 2011
Heute sterben die Menschen im Durchschnitt zehn Jahre später als noch vor 40 Jahren – doch nicht etwa, weil ihr körperlicher Verfall sich über eine längere Zeit hinzöge, sondern weil sie bei besserer Gesundheit alt werden.
Die Lebenserwartung in den Industrieländern ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen: durchschnittlich um 2,5 Jahre pro Jahrzehnt. Die meisten der ab dem Jahr 2000 geborenen Kinder dürften entsprechend ihren 100. Geburtstag feiern können.
Doch die längere Lebensspanne bedeutet nicht, dass sich der körperliche und geistige Verfall über einen längeren Zeitraum hinzöge, erklärt James W. Vaupel, Direktor des Max-Planck-Instituts für Demografische Forschung, in der Novemberausgabe von „Spektrum der Wissenschaft“. Das liege daran, dass die Menschen gesünder ins Greisenalter eintreten – dank hohem Lebensstandard und guter medizinischer Versorgung.
Im Jahr 2025 wird daher das Durchschnittsalter der Deutschen etwa 20 Jahre höher sein als noch 2005. Diese veränderte Bevölkerungsstruktur erfordert neue Arbeitszeitmodelle. Denn je länger die Menschen leben, umso mehr konsumieren sie, und umso mehr Arbeit muss insgesamt von der Bevölkerung geleistet werden. Doch eine längere Lebensarbeitszeit kann auch Vorteile für den Einzelnen mit sich bringen: Sie schafft vielleicht die Möglichkeit für eine kürzere Wochenarbeitszeit, was vor allem in der Phase der Kindererziehung erstrebenswert erscheint.
Um die Lebenserwartung weiter zu erhöhen, suchen Forscher nach der genetischen Grundlage des Alterns. Doch dieser Weg hat sich als schwierig erwiesen, denn beim Menschen gibt es nicht nur ein einziges „Langlebigkeitsgen“. Vielmehr sind Hunderte von Genen am Alterungsprozess beteiligt; dementsprechend müssten Forscher an vielen Stellen im Genom gleichzeitig angreifen, um die Sterbewahrscheinlichkeit zu beeinflussen.
Allerdings erhöhen Wissenschaftler schon heute die Lebenserwartung der Menschen, indem sie schrittweise die Gesundheit der Menschen verbessern. Alte Menschen leiden oft an mehreren Krankheiten zugleich, so dass viele kleine Fortschritte auf verschiedenen Gebieten positiv zusammenwirken und die durchschnittliche Gesundheit der Alten erhöhen.
Dagegen haben die Forscher bisher noch keinen Weg gefunden, den Verfallsprozess zu verlangsamen. Laut James W. Vaupel verläuft die Geschwindigkeit des körperlichen und geistigen Abbaus zumindest im hohen Alter stets gleich schnell. Er geht sogar davon aus, dass es sich dabei um eine biologische Grundkonstante handelt. Die Überprüfung dieser Hypothese könnte dabei helfen, den menschlichen Alterungsprozess besser zu versteh

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