Das Jahr 2012 neigt sich dem Ende zu. Noch wenige Tage sind es bis zum angeblichen Weltuntergang, ein paar mehr bis die Feuerwerkshersteller ihr Jahresgeschäft machen dürfen. Da stellt sich die Frage, was war das eigentliche Highlight aus Mobilfunksicht? Die erste echte Verfügbarkeit von LTE? Nein, das bringt in meinen Augen wenig Neues. Die Kombination von GSM-R und ETCS Level 2 ist ein erwähnenswertes Highlight, für Endkonsumenten jedoch nicht sichtbar. Aus Sicht der Kunden gibt es da jedoch eines: das erste Handy mit Kamera ist am Markt.
Nokia Pureview 808 (Quelle: Nokia)
Handy mit Kameras? Einige Blogleser mögen nun ihr vermeintlich intelligentes Telefon herausziehen und sagen, das ist doch ein alter Hut! Das habe ich schon seit Jahren!
Dem will ich entgegnen; in den heutigen Geräten mag zwar ein Bauteil inkludiert sein, welches gerne als Kamera vermarktet wird, doch in Wahrheit ist es etwas ganz Banales: mit Megapixeln beworbener Schrott.
Das mag jetzt etwas hart klingen, aber im Prinzip haben wir heute Kameras verbaut, die nicht einmal die Möglichkeiten alter analoger Kompaktkameras erreichen. Dass in Handys keine Zoomobjektive verbaut werden, mag irgendwo noch verständlich sein. Dass es teils nur Fixfokuslinsen sind, ist da schon härter. Der Spass endet jedoch am Abend oder gar in der Nacht. Während hier alte Fotoapparate mit einem eingebauten Blitz der Dunkelheit entgegenwirken konnten, versuchen die heutigen Handys mit Mini-LEDs und für die Sensorgrössen viel zu hohen ISO Werten ein Foto zusammenzuwursteln.
Das meine ich nun im wahrsten Sinne. Teilweise haben diese Geräte sogar Datenbanken dabei, die beschreiben, wie typische Bilder aussehen und anhand dessen kann dann mit Mustererkennung zusammengeraten werden, welches vom Sensor gelieferte Rauschen was darstellen konnte. So werden Gesichter irgendwie mit einem natürlichen Hautton übergossen, Hintergründe mit Schwarz abgewürgt und die Schärfe eben reingerechnet. Sehe ich mir die Handyfotos an, die ich von mancher Abendveranstaltung bekomme, ich fühle mich zurückversetzt in die fotografische Steinzeit. Wenn ich dann sehe, was selbst hochgelobte Handys wie das iPhone 4s fabrizieren, dann frage ich mich, ob derjenige, der die Lobeshymne verfasst hat, überhaupt keine Ansprüche an das Gerät stellt oder die Erwartungshaltung der Konsumenten wirklich so niedrig ist.
Bei sonnigen Verhältnissen sieht es dann besser aus. Hier braucht es zum Glück nicht so extreme ISO Werte und auf den Witz – ich meine den Blitz – oder eben die LED – kann verzichtet werden. Das sind dann teils recht ansehnliche Resultate, wenn auch nicht wirklich besser als das, was eine gute analoge Kamera mit einem Mittelklassefilm erreichen könnte.
Ich weiss nicht wieso es gerade in Finnland geschehen ist, aber offenbar dort haben Entwickler und Verkäufer erkannt, dass hier noch Potential zu heben ist. Als die erste Nokia Pureview Geschichte in den Meldungen herumgeisterte, habe ich mir an den Kopf gegriffen. Statt weniger – aber dafür besserer Pixel, hat Nokia in die vollen Gegriffen: 41 Megapixel sollte die Kamera haben.
Für Teltarif habe ich mich einmal in eine Dunkelkammera begeben und dort ein Experiment gemacht, welches eigentlich jedem klar machen sollte, dass es die Physik nicht zulässt, solche Pixelzahlen auf Flächen wie sie Sensoren von Handys zur Verfügung stellen, zu realisieren. Um echte 41 Megapixel zu erhalten, braucht es eigentlich schon Mittelformatkameras. Objektive, die dies bei “normalen” Vollformatkameras zulassen würden, sind schon richtig teuer. Wer eine L-Linse oder ähnliches mit grosser Ausgangsblende gekauft hat oder es sich vorgenommen hat, eine solche zu kaufen, kann hier ein Lied davon singen.
Doch Nokia ist so auch auf den Zug aufgesprungen, der in der Werbung seinerzeit gezogen hat. Mehr Megapixel ist besser. Das Handy selbst hat dann jedoch keine 41 Megapixel in die JPEG-Datei “hineingeraten”, sondern niedrigere Auflösungen geliefert. Mit fünf Megapixeln können schon sehr grosse Abzüge gemacht werden. Wenn diese fünf Megapixel dann auch mit Informationen gefüllt, Details sichtbar sind und sie eben nicht schöngerechnet wurden, dann können das gute Fotos werden.
Sehe ich nun die Tests an und sehe Beispiele von Bildern, dann bin ich erfreut, wie gut diese sind. Auch war sich Nokia nicht zu schade, den aktuellen Schaukampf nach kleineren und leichteren Handys eben nicht mitzumachen. Bei Kameras braucht Qualität eines: Bautiefe.
So sieht das Pureview 808 nicht so schnittig aus wie ein iPhone und ist von der Bedienung her womöglich nicht so intuitiv. Aber wenn die Kunden damit abends ein Foto machen, bekommt der Betrachter keinen Herzinfarkt, versucht er sich die Resultate auf einem Bildschirm oder gar Fotoabzug anzusehen.
Hier ein grosses Lob nach Finnland: das war mutig und richtig.
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