Da mein Bruder sich aus den USA zwei iPads hat zukommen lassen, gehöre ich nun zu den Privilegierten, die dieses Gerät schon vor dem offiziellen Verkaufsstart in der Schweiz haben ausprobieren können. Obwohl ich selber privat als auch beruflich nur auf Apple-Geräten arbeite, war ich im Vorfeld des ganzen Hypes um dieses neue Produkt eher skeptisch: Ein Fun-Tool, aber nicht zum Arbeiten geeignet, sagte ich mir. Viele teilten im Vorfeld diese Meinung, doch nach den ersten Testberichten wurden viele iPad-Skeptiker bekehrt und waren voll des Lobes für das Produkt. Ich war also gespannt.
Nun, nach ein paar wenigen Tagen des Ausprobierens sehe ich mich bestätigt: Das iPad ist ein Fun-Tool.
Bestechend und ganz Apple-like ist die Technik: Überwältigend toll; ein Erlebnis. Erstaunlich schnell, zuverlässig, auf das Notwendige beschränkt (nein, auf weniger als das Notwendige, aber das ist ein anderes Thema), einfach schön, ihn in der Hand zu halten.
Geradezu ideal ist das iPad um im Web zu surfen. Den Google Reader durchzuarbeiten hat noch nie so viel Spass gemacht. Ein nicht zu bestreitender Nachteil ist gegenwärtig das Fehlen von Flash: Persönlich habe ich Flash noch nie gemocht, doch viele Angebote sind einfach noch nicht bereit für das iPad, weil sie nach wie vor auf Flash setzen. So habe ich zum Beispiel Jon Stewarts Daily Show schmerzlich vermisst. Da davon auszugehen ist, dass – nicht zuletzt wegen des iPads – letztlich mehr oder weniger alle Anbieter von Web-Inhalten auf HTML5 setzen werden, wird sich das Problem von selber erledigen. Bis das soweit ist, wird man beim Surfen mit dem iPad aber immer wieder auf Grenzen stossen.
Wenn ich mit dem iPad arbeiten will, ist es schnell vorbei mit meiner Begeisterung. Ich brauche nicht lange um merken, dass meine Skepsis vollumfänglich berechtigt war. Punkto Bedienung überzeugt das Mailprogramm zwar absolut, und auch mit der virtuellen Tastatur habe ich wesentlich weniger Mühe als befürchtet, und die weitaus mehr hinderliche als nützliche Autokorrektur lässt sich ja zum Glück ausschalten. Dann aber ist es fertig mit praktisch: Ich kriege ein Mail mit einem Anhang, den ich gerne auf meiner Dropbox ablegen würde – Fehlanzeige. Was bedeutet, dass ich das Mail später auf dem MacBook wieder werde aufmachen müssen. Zum Lesen von Mails genügt das iPad, doch danach ist Schluss. Das gleiche Problem auch bei der Handhabung von Dokumenten: Zwar bietet Apple iWork-Programme auch für den iPad an, doch was bringt es, wenn es danach so umständlich ist, die Dokumente sinnvoll auf einem Dateisystem abzulegen? Für die einen mag dies eine vernachlässigbare Komforteinbusse sein; für mich ist es ein ausschlaggebender Grund, weshalb für mich das iPad als Arbeitsgerät nicht in Frage kommt.
Dennoch habe ich in den letzten Tagen sehr viel Zeit mit dem iPad verbracht: Das Ding ist schlicht zu schön, um es einfach so auf dem Tisch liegen zu lassen. Eine freie Minute, und ich surfe wieder mit dem iPad, checke meine RSS-Feeds, gehe auf Nachrichtenseiten, die ich vor eben gerade 15 Minuten abgegrast habe, spiele ein bisschen Solitaire, wer kennt das nicht. Fazit: Mein ohnehin schon grosses Zeitpensum, das ich dem Computer widme, erhöht sich noch einmal drastisch, jedoch ohne dass ein effektiver Nutzen daraus entsteht. Der Suchtfaktor beim iPad ist enorm, und ich bin in unserem Haus nicht der einzige, dem das nicht gefällt.
Darum fliegt das iPad wieder aus meiner Wohnung raus. Danke Dani, dass ich es mal testen durfte.
Nachtrag:
Das war vor neun Monaten. Ich gebe es zu: Mittlerweile hat das iPad wieder Einzug gehalten. Um abends noch kurz via Reeder den Newsfeed durchzuklicken, schnell Facebook und allenfalls Twitter zu checken und für die rudimentäre Bearbeitung von E-Mails ist es tatsächlich sehr gut zu gebrauchen. Ich warte aber noch immer auf ein Tablett, dass sich auch für kleinere Büroarbeiten eignet und ein Minimum an Dateiverwaltung bietet.
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