Das Imperium versucht zurückzuschlagen

Das Imperium versucht zurückzuschlagenDass eine Veröffentlichung Wirkung zeigt, zeigt sich vor allem auch darin, wie und dass der Gegner reagiert. Und obwohl es medial in den letzten Tagen ein wenig stiller wurde um das Violettbuch… heute kann ich ein echtes Schmankerl bieten:

Der Bischof von Mainz, Kardinal Karl Lehmann hat reagiert. In der Kirchenzeitung des Bistum Mainz “Glaube und Leben” schreibt er:

Das gesellschaftliche Klima für Religion und Glaube schien in den letzten zwei Jahrzehnten ruhiger und insgesamt auch toleranter zu sein. Die militanten Angriffe auch auf die Kirche traten zurück. [...] Wenn nicht alles täuscht, ist diese Zeit vorbei. Man erkennt freilich auch besser, dass diese Angriffe bisher durchaus aktiv waren, aber etwas verborgener und weniger lautstark wirkten.

Diese Wahrnehmung ist – meiner Meinung nach – eine sehr gestörte. Denn gerade in den letzten zwei Jahrzehnten ist eine nicht nur noch stille Gegenöffentlichkeit entstanden, die der Macht und der Verblödung der Kirchen Aufklärung und Wissenschaft entgegengesetzt hat. Dass Herr Lehmann das bisher nicht bemerkte wird wohl mehr an ihm als an der säkularen Szene liegen. Die sich immer deutlicher Gehör verschafft.

Die schlimmen Ereignisse dieses zu Ende gehenden Jahres, in dem vor allem die katholische Kirche wegen der Fälle sexuellen Missbrauchs einen hohen Vertrauensverlust erlitt, haben das latente Unbehagen, das offenbar im Untergrund stärker war, wieder hochgespült.

Ach, wenn es nur das wäre. Sicherlich: die Missbrauchsfälle brachten das Fass des Schweigens zum Überlaufen. Doch die Warnungen gegen eine Denkweise, die aus der Bronzezeit stammt, gibt es schon bedeutend länger. Allerdings – und da ist Lehmann zuzustimmen – sind es vor allem auch die durch die Presse und das Fernsehen gegangenen Missbrauchsfälle, die den medialen Fokus wieder auf diese Kirche gelenkt haben. Ich habe gestern bei 3sat einen Bericht gesehen über einen Mann, der sein Gedächtnis verlor, weil er jahrelang in einem Heim von Mönchen missbraucht wurde. Ich saß vor dem Fernseher und habe geweint. Eine Organisation, die solches Schutzbefohlenen antut, kann und darf in unserer Moderne einfach keinen Platz mehr haben.

Und also wagt es ein Vertreter dieser Kirche zu schreiben:

Im Lauf dieses Jahres haben manche Gruppierungen, die es bisher in der Öffentlichkeit schwerer hatten, diese gewandelte Situation benutzt, um nicht nur die Kirche wegen dieser „Sünden” an den Pranger zu stellen, sondern auch eine fundamentale Kampagne gegen die Kirche und sogar gegen den Glauben selbst in Gang zu setzen. Dabei ist es natürlich nicht erstaunlich, dass schon länger wirksame Kräfte eine gute Gelegenheit zu erneuten Attacken sahen, wie z.B. die Humanistische Union und die Giordano-Bruno-Gesellschaft. Es wurden neue Felder eröffnet, wie z.B. die Bücher von Carsten Frerk über Caritas und Diakonie, Finanzen und Vermögen der Kirchen und neuerdings das Violettbuch Kirchenfinanzen.

Man beachte, dass Herr Lehmann das Wort “Sünde” in Anführungsstriche setzt. Das macht man in diesem Kontext nur, wenn man das Wort “sogenannte” nicht benutzen mag. Daraus läßt sich also schlussfolgern, dass Herr Lehmann, Bischof zu Mainz,  der Auffassung ist, dass das alles nicht so schlimm ist. Und keine Sünde darin erkennen kann. (Mir wird gerade schlecht.)
Gut, dass er uns als Gruppierung bezeichnet, kann ich hinnehmen; nehme ich doch seinen Haufen auch nicht ernst.

Viele Einwände sind nicht neu, sondern stammen aus der Mottenkiste der Polemik neuzeitlicher Religionskritik, besonders des 19. Jahrhunderts.

das sagt einer, der bronzezeitliche Lehren vertritt… und die 2000 Jahre alten “Lehren” sind offensichtlich moderner als die der Aufklärung.

Es ist keine Frage, dass die Kirche durch das Versagen Einzelner in ihr selbst es diesen neuen Angriffen leichter gemacht hat und dass sie darum auch manche Schuld bei sich selbst suchen muss.

Die Kirche hat auf ganzer Linie versagt, Herr Lehmann! Eher sind es die Einzelnen, insbesondere die Laien, die aus der “Schuld” fallen.

Und dann diese Abschlusssätze, eine Kampfansage:

Auch wenn manche Argumente der Gegenseite unzureichend sind, besonders auch im Blick auf die Kirchenfinanzen, ist es notwendig, offensiver mit den Einwänden umzugehen. Auch wenn manche Auseinandersetzungen diesen Namen nicht verdienen und manchmal auch ausgesprochen beleidigend sind (so z.B. das Buch „Die Kirche im Kopf” von C. Frerk, M. Schmidt-Salomon), so ist jetzt auch die Stunde, sich mannhaft zu wehren.

Also unsere Boxhandschuhe sind geschnürt. Und wenn Lehmann und Co. mit Argumenten kommen, sind wir gern bereit, darauf einzugehen. Allerdings, wenn ich Argumente sage, dann meine ich auch Argumente. Nicht solch ein Wischiwaschi wie hier. Das nehmen wir Euch mit Freude auseinander. Bisher habe ich nur Beschimpfungen und Abwiegeln gelesen; aber noch kein sachliches Argument. Aber das ist wohl auch kaum zu erwarten.

Nic


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