Urlaub am Mittelmeer. Man kann ihn buchen. Via Internet oder wenn man mal an den Schaufenstern von Reisebüros vorbeigeht. Das Binnenmeer lockt wie eh und je. Adria, Côte d’Azur, Playa del Sol. Schön ist es dort ja auch. Es gibt wenige Friedhöfe, die so attraktiv angelegt sind.
Es werden immer mehr, die im Mittelmeer ertrinken. Die Europäische Union, faktisch ein Friedensnobelpreisträger, sieht dabei zu, wie ihre Abschottungspolitik Menschen über Bord wirft. Sie nimmt es mehr oder weniger hin. Achselzucken. Schließlich verlangt von diesen Afrikanern und Arabern keiner, dass sie übersetzen. Sie hatten doch die freie Wahl, oder etwa nicht? Jeder ist seines Glückes Schmied - und seines Ersaufens Initiator. Die Europäer machen weitestgehend weiter wie immer. Arbeit, Familie und Urlaub planen. Gerne auch im mediterranen Raum. Bis zu den Knöcheln ins Wasser. Das Nass genießen. Ein Nass, das einige Kilometer weiter draußen Flüchtlinge verschlingt. Dieselbe Brühe, in der europäische Kinder schwimmen lernen, lässt guten afrikanischen Schwimmern keine Chance. Selten war der Begriff von der »Insel der Seligen« zutreffender. Nur dass Elysion jetzt keine Insel mehr ist, sondern ein ganzer Kontinent.
Dieses Meer taugte fast als Metapher, wenn es nicht tatsächlich ein Massengrab darstellte. Denn wir stehen alle im selben Gewässer. In der Welt gibt es keine isolierten Bereiche oder Regionen. Alles was geschieht, spielt eine globale Rolle. Das Meer, das tötet, ist ja auch dasselbe Meer, das Urlaubskarten gebiert, nahtlose Bräune und erholsame Wochen erschafft. Wir Europäer können also nicht so tun, als gehe uns das dauernde Ertrinken nichts an. Wir stehen im selben Wasser. Hin und wieder spült es Leichen an europäische Strände. Dann wird weggeschaut. Es ist doch Urlaub, wir wollen uns nicht sorgen. Und der arme Kerl da, der hat doch auch keine Sorgen mehr.
Heraklit soll mal gesagt haben, dass man niemals zweimal in denselben Fluß steige. Denn es »fließt anderes und wieder anderes Wasser zu«. Die Europäer scheinen ihren Heraklit respektive Platon gut gelesen zu haben. Wenn sie denn überhaupt noch solche Sachen lesen. Aber sie benehmen sich so. Sie tun so, als sei das Wasser ihrer Urlaubsfreude nicht in demselben interkontinentalen Bottich, in dem Frauen und Männer und Kinder jämmerlich absaufen und mit ihnen ihre Hoffnung, doch nochmal etwas zu haben, was an ein halbwegs würdevolles Leben erinnert. Ohne Hunger, Not, Verfolgung und die Aussicht, in jungen Jahren an eigentlich heilbaren Erkrankungen zu sterben.
Kritiker warfen der deutschen Öffentlichkeit neulich vor, dass der Abgang eines Bundesligatrainers mehr Interesse zeitigte, als die fast zeitgleich geschehene Katastrophe im Mittelmeer. Es ist aber mitnichten so, dass die Deutschen nicht auch auf das Mittelmeer schauen würden. Sie haben Interesse daran. Sie blättern hübsch in Katalogen und suchen sich schöne Strände und Unterkünfte aus. Oh, ist das Wasser nicht herrlich blau, Schatz! Ein Paradies. Dabei war das Paradies mal als der Ort beschrieben worden, wo es kein Leid und kein Elend mehr gibt. Kann es sein, dass die Hölle manchmal paradiesisch aussieht?
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Es werden immer mehr, die im Mittelmeer ertrinken. Die Europäische Union, faktisch ein Friedensnobelpreisträger, sieht dabei zu, wie ihre Abschottungspolitik Menschen über Bord wirft. Sie nimmt es mehr oder weniger hin. Achselzucken. Schließlich verlangt von diesen Afrikanern und Arabern keiner, dass sie übersetzen. Sie hatten doch die freie Wahl, oder etwa nicht? Jeder ist seines Glückes Schmied - und seines Ersaufens Initiator. Die Europäer machen weitestgehend weiter wie immer. Arbeit, Familie und Urlaub planen. Gerne auch im mediterranen Raum. Bis zu den Knöcheln ins Wasser. Das Nass genießen. Ein Nass, das einige Kilometer weiter draußen Flüchtlinge verschlingt. Dieselbe Brühe, in der europäische Kinder schwimmen lernen, lässt guten afrikanischen Schwimmern keine Chance. Selten war der Begriff von der »Insel der Seligen« zutreffender. Nur dass Elysion jetzt keine Insel mehr ist, sondern ein ganzer Kontinent.
Dieses Meer taugte fast als Metapher, wenn es nicht tatsächlich ein Massengrab darstellte. Denn wir stehen alle im selben Gewässer. In der Welt gibt es keine isolierten Bereiche oder Regionen. Alles was geschieht, spielt eine globale Rolle. Das Meer, das tötet, ist ja auch dasselbe Meer, das Urlaubskarten gebiert, nahtlose Bräune und erholsame Wochen erschafft. Wir Europäer können also nicht so tun, als gehe uns das dauernde Ertrinken nichts an. Wir stehen im selben Wasser. Hin und wieder spült es Leichen an europäische Strände. Dann wird weggeschaut. Es ist doch Urlaub, wir wollen uns nicht sorgen. Und der arme Kerl da, der hat doch auch keine Sorgen mehr.
Heraklit soll mal gesagt haben, dass man niemals zweimal in denselben Fluß steige. Denn es »fließt anderes und wieder anderes Wasser zu«. Die Europäer scheinen ihren Heraklit respektive Platon gut gelesen zu haben. Wenn sie denn überhaupt noch solche Sachen lesen. Aber sie benehmen sich so. Sie tun so, als sei das Wasser ihrer Urlaubsfreude nicht in demselben interkontinentalen Bottich, in dem Frauen und Männer und Kinder jämmerlich absaufen und mit ihnen ihre Hoffnung, doch nochmal etwas zu haben, was an ein halbwegs würdevolles Leben erinnert. Ohne Hunger, Not, Verfolgung und die Aussicht, in jungen Jahren an eigentlich heilbaren Erkrankungen zu sterben.
Kritiker warfen der deutschen Öffentlichkeit neulich vor, dass der Abgang eines Bundesligatrainers mehr Interesse zeitigte, als die fast zeitgleich geschehene Katastrophe im Mittelmeer. Es ist aber mitnichten so, dass die Deutschen nicht auch auf das Mittelmeer schauen würden. Sie haben Interesse daran. Sie blättern hübsch in Katalogen und suchen sich schöne Strände und Unterkünfte aus. Oh, ist das Wasser nicht herrlich blau, Schatz! Ein Paradies. Dabei war das Paradies mal als der Ort beschrieben worden, wo es kein Leid und kein Elend mehr gibt. Kann es sein, dass die Hölle manchmal paradiesisch aussieht?
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