"Twin Peaks" anders gedacht: In Wes Cravens ulkigem Schabernack "Das Haus der Vergessenen" geben Everett McGill ("Oh, Ed") und Wendy Robie ("Oh, Nadine") ein tolldreistes Ehepärchen aus dem Gruselschmöker. Dieser Film ist daher mordlustig – insbesondere aber mordslustig, und entdeckt man ihn heute als eines von Cravens leicht(er)bekömmlichen, wenngleich prächtig kindischen Nebenwerken, neigt man dazu, sich in dieser bizarren Spielwiese zu verbarrikadieren, anstatt händeringend die Flucht anzutreten. Hermetische Horrorhäuser, blutfeuchte Keller, aggressiv bellende Hunde. Alles drin. Und noch mehr. Zum Beispiel Kannibalismus. An der Schwelle zum unverblümt eingefädelten Sozialmärchen schwarzer Unterdrückter (hervorragend doof: Brandon Adams, Ving Rhames) gegen weiße Unterdrücker jongliert Craven mit den alltagsverfremdeten Eigenheiten seines Kinos, schmutzige Durchgänge, Flure und Geheimecken in ein verschachteltes Karussell endloser Verbindungsstreben zu verwandeln, bei dem die Verlangsamung flüchtig ist. Ehe die Tragödie von vorn beginnt. Und die Komödie. Hierbei steckt sich "Ed" in ein S/M-Lederkostüm, samt Wumme, und "Nadine" greift sich das Küchenmesser. Oder die heißätzende Badewanne. Oder benutzt ihr, natürlich, loses Mundwerk. Nur die lautlosen Vorhänge fehlen. Dafür gibt es schließlich Vorhängegitter! Tendenziell wenigen Cravens gelang es, Genretexturen und die Kommentierung derselben "nebenbei", ganz ungeniert, ganz unprätentiös, ganz authentisch, erblühen zu lassen, auslaufend in gestalterischem Größenwahn und absoluter Leidenschaft für den Alptraum.
6 | 10