Das gute Buch: „Lass uns lieber morgen!“ von Stefan Schwarz (mit Verlosung)

Erstellt am 10. September 2017 von Christianhanne

Kaum ist die eine Buchverlosung beendet, startet schon die nächste und Sie fragen sich möglicherweise irritiert, ob Sie sich auf den Hamburger Fischmarkt verirrt haben, wo Aale-Dieter durch die kostenlose Dreingabe eines gammeligen Lachses versucht, sein überteuertes Fisch-Angebot unters Volk zu bringen. Es sei Ihnen aber versichert, dass Sie hier auf dem Familienbetrieb keine maritimen Speisen zu befürchten haben, deren Zutaten bereits vor vielen Monaten das Mindesthaltbarkeitsdatum hinter sich gelassen haben. Ganz im Gegenteil können sie sich auf einen literarischen Hochgenuss freuen: Am 13. September erscheint im Seitenstraßen Verlag der siebte Kurzgeschichtenband von Stefan Schwarz, der den hübschen Titel „Lass uns lieber morgen – Unbequeme Wahrheiten aus dem Liebes- und Alltagsleben eines gereiften Mannes“ trägt. (Also, das Buch trägt diesen Titel, nicht Stefan Schwarz.)

Das verflixte siebte Mal – Stafan Schwarz: „Lass uns lieber morgen“ #dasgutebuch

Ein Beitrag geteilt von Familienbetrieb (@betriebsfamilie) am 10. Sep 2017 um 10:33 Uhr

 Disclosure

Für die vorliegende Buchvorstellung habe ich vom Seitenstraßen Verlag ein Rezensionsexemplar sowie zwei Verlosungsexemplare erhalten. Der Gesamtwert der Bücher beträgt 36,00 Euro. Darüber hinaus hat der Seitenstraßen Verlag mein eigenes Buch „Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith“* veröffentlicht.

An dieser Stelle möchte ich auch offenlegen, dass Stefan Schwarz und ich uns persönlich kennen und ich bei zwei Gelegenheiten gemeinsam mit ihm lesen durfte. Gut, in erster Linie bestand meine Aufgabe darin, die Schlüpfer und Bustiers wegzuräumen, die junge und nicht mehr ganz so junge Damen bei Lesungen von Stefan Schwarz zu werfen pflegen, aber es hört sich besser an, wenn ich sage, ich stand mit Stefan Schwarz auf der Bühne.

Zu guter Letzt sei noch erwähnt, dass Stefan Schwarz keinen Versuch unternommen hat, mittels eines Käsekuchens (oder einer sächsischen Eierschecke) ein gewogenes Urteil meinerseits über sein neues Buch zu erwirken. Dies ist auch gar nicht nötig und ich möchte diese Rezension gar nicht erst in das dünne Mäntelchen der objektiven Literaturkritik kleiden. Als großer Verehrer der Texte und Auftritte von Stefan Schwarz würde ich am liebsten bei seinen Lesungen zu seinen Füßen kauern und jedes einzelne seiner Worte aufsaugen. Allerdings habe ich bisher darauf verzichtet, ist diese Form der devoten Wertschätzung sozial doch wenig akzeptiert und könnte darüber hinaus als Ausdruck homoerotischer Zuneigung missgedeutet werden. Die damit verbundenen Peinlichkeiten möchte ich Stefan Schwarz – und mir – ersparen.

Der Autor

Stefan Schwarz, Jahrgang 1965, ist ein Mann von kleinem Wuchs und großem Wort. Treffender kann man das Leben und Schaffen des gebürtigen Potsdamers wohl nicht auf den Punkt bringen. (Also, ‚man‘ vielleicht schon, ich aber nicht.) In seinen monatlichen Kolumnen für ‚Das Magazin‘ und ‚Brigitte Woman‘ stellt er regelmäßig wortuos seine Expertise in Sachen pointierte Alltagssatire unter Beweis.

Stefan Schwarz. Zeitlos jung und attraktiv. (Foto: Katja Herr)

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Stefan Schwarz. Zeitlos jung und attraktiv. (Foto: Katja Herr)

Neben seinen Kolumnen schreibt Stefan Schwarz Romane und Drehbücher, wartet aber unverständlicherweise immer noch auf seine erste Literaturauszeichnung. Dafür war er als Kind mehrfacher Kreismeister und einmaliger Vize-Bezirksmeister im Judo und zählte somit zu den gefährlichsten 7- bis 11-Jährigen der DDR. Zumindest sofern sie nicht schwerer als 37,5 Kilogramm waren.

Nachwuchs der deutschen demokratischen Judo-Elite Anfang der 70er-Jahre (Foto: Stefan Schwarz)

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Nachwuchs der deutschen demokratischen Judo-Elite Anfang der 70er-Jahre (Foto: Stefan Schwarz)

Wenn er sich nicht auf seinen ausgedehnten Lesereisen in ganz Deutschland befindet, lebt Stefan Schwarz mit Frau, Kindern, Flaschendepot, Zweifeln und Kleingarten in Leipzig.

Die Hardware

„Lass uns lieber morgen“ kommt als formschöne 144-Seiten starke Klappbroschurausgabe daher. Das handliche Format von 12,6 x 19 Zentimetern bei einem Gewicht von weniger als 300 Gramm erlaubt es dem gereiften Lesern auch bei allmählich erschlaffender Unterarmmuskulatur, das Buch bequem in einer Hand zu halten, um mit der anderen die Lesebrille zurechtzurücken. Oder um nach der Altenpflegerin zu klingeln, damit sie den Katheterbeutel leert.

Der Titel „Lass uns lieber morgen“ prangt programmatisch auf dem Buch-Cover. Es klingt förmlich wie der resignierte Ausruf eines Mannes, der allmählich seine besten Jahre hinter sich gelassen hat und der sein sexuelles Dilemma in vier einfachen Worten zum Ausdruck bringt. Man denkt zwar noch so häufig an Beischlaf wie ein dauererigierter 20-Jähriger, der sprichwörtlich im Safte seiner kopulativen Schaffenskraft steht, aber man ist sich gleichzeitig nicht mehr so sicher, ob Aufwand und Ertrag des Aktes in einem im wahrsten Sinne des Wortes befriedigenden Verhältnis zueinander stehen. Man muss sich bewegen, man schwitzt, die Bandscheibe zwickt ohnehin schon und nach fünf Minuten ist der Spaß auch schon wieder vorbei. (Wobei fünf Minuten äußerst optimistisch geschätzt sind und ab einem gewissen Alter nur noch durch den Einsatz pharmazeutischer Potenzbooster erreicht werden können.)

Vortrefflich bebildert wird das flehentlich-erschöpfte „Lass uns lieber morgen“ durch die pointierte Illustration von Jan Stein. Ein Mann liegt auf dem Bett, den Kopf unter einem Buch begraben, während eine hochhackig beschuhte Frau, die anscheinend am Austausch von Körperflüssigkeiten interessiert ist, über ihm thront. Der Mann ist unbekleidet und trägt lediglich eine gerippte Unterhose mit Eingriff, quasi die männliche Entsprechung des Liebestöters. Ein Kleidungsstück, das bei der Sexualpartnerin das Feuer der Leidenschaftlich unverzüglich erlöschen lässt und die Aufforderung „Lass uns lieber morgen“ überflüssig macht. (Es soll Frauen geben, deren Vaginen sich beim Anblick einer Schiesser-Feinrippunterhose in die Wüste Gobi verwandelten.)

Der Inhalt

„Lass uns lieber morgen“ vereint in 40 Kapiteln Kolumnen aus ‚Das Magazin‘ und ‚Brigitte Woman‘ sowie einige neue Texte. Einige unverbesserliche Nörgler, die keine Scheu verspüren, ihren Geiz offen zur Schau zu tragen, werden möglicherweise in anklagendem Tonfall kritisieren, das Buch böte ja fast gar nichts Neues und Verlag und Autor wollten sich nur mit ein paar schnellen Euros die Taschen füllen. Diesen kleingeistigen Krämerseelen sei entgegnet, dass es sich bei „Lass uns lieber morgen“ mitnichten um eine perfide Abzocke handelt, vor der bei ‚Nepper, Schlepper, Bauernfänger‘ zu warnen ist. Vielmehr stellt der Seitenstraßen Verlag ein hilfreiches Dienstleistungsangebot zur Verfügung, das es einem ermöglicht, die gesammelten Texte von Stefan Schwarz auch ‚to go‘ zu konsumieren, ohne 40 Ausgaben von ‚Das Magazin‘ und ‚Brigitte Woman‘ mit sich führen zu müssen.

Inhaltlich geht es bei „Lass uns lieber morgen“ um die ganz großen Themen: unter anderem um die Abwanderungstendenzen des männlichen Haupthaares, dass vom Kopfe in die Bauch- und Rückengegend emigriert, um das Bedürfnis von Frauen Beachtungsmangel durch hochhackige Schuhe zu kompensieren, um die Schwierigkeiten von Männern, ab einem gewissen Alter die Bewunderung von Frauen zu erregen oder um die identitätsstiftende Funktion schweinischer Lieder in Kleingartenanlagen.

Auch wenn „Lass uns lieber morgen“ in heiterem Ton daherkommt, sollte es nicht als belletristische Trivialliteratur missverstanden werden, sondern einen prominenten Platz in den Ratgeberregalen deutscher Buchhandlungen bekommen, denn ihm kann ohne Übertreibung eine beziehungsverländernde Wirkung zugesprochen werden. Auch wenn das Buch in erster Linie die Perspektive des gereiften Mannes schildert, bietet es dennoch geschlechterübergreifende Erkenntnisgewinne und erhöht das gegenseitige Verständnis im partnerschaftlichen Zusammenleben.

Männer können beispielsweise lernen, dass es unter Umständen mit den monatlichen Hormonschwankungen zu tun hat, wenn die Frau rechthaberisch den Geschirrspüler umräumt. Oder dass man seine Partnerin nicht durch eine jüngere Frau ersetzen sollte, da dies insbesondere beim sexuellen Akt von Nachteil ist, denn „warum soll man sich als Mann stundenlang mit einer jungen Frau einen abrackern (…), wenn man auch mit jemandem das Lager teilen kann, der einem schon nach einer Minute sagt: ‚Okay, so bleiben. Und jetzt mit mehr Druck.‘“

Frauen wiederum werden mit Interesse von der reinigenden Wirkung zotiger Männerbündelei lesen, die Männern vor Augen führt, dass „Maskulinität (…) kraftraubend und im Dauergebrauch auch nervtötend“ ist. Ebenso lehrreich sind die Kapitel, die sich dem menschlichen Beischlaf widmen. Beispielsweise über die Herausforderungen beim Stehsex, der auf Kinoleinwänden von Leidenschaft und Raserei zeugen mag, in der Realität jedoch den Genuss des Aktes insbesondere für wenig sportliche Menschen stark einschränkt und allenfalls für einen Boom in physiotherapeutischen Praxen sorgt.

Der Preis

„Lass uns lieber morgen“ kostet in der Printausgabe 12,00 Euro. Bei 144 Seiten liegt der Preis fürs Umblättern bei etwas mehr als 16 Cent. Damit kann es zwar nicht mit Tolstois „Krieg und Frieden“ mithalten, bei dem der Umblätterpreis in der Taschenbuchausgabe bei sensationellen 2,6 Cent liegt, aber bei Stefan Schwarz lohnt sich das Umblättern wenigstens bei jeder Seite. Bei Tolstoi kann man sich da nicht immer so sicher sein.

Darüber hinaus sollten Sie die 12,00 Euro nicht als Ausgabe, sondern als Investition ansehen, mit der Sie der schleichenden Beziehungsverödung Einhalt gebieten und sich möglicherweise sogar eine letzte Bastion schaffen, mit der Sie die drohende Scheidung, die sich allmählich am Horizont des täglichen Zusammenlebens abzeichnet, verhindern können. Und vergessen Sie nicht: Eine Sitzung beim Paartherapeuten kostet Sie locker das Zehnfache.

Das Fazit

Wer klugen Witz, scharfsinnige Alltagsbeobachtungen und Sätze, die aus mehr als Subjekt, Prädikat und Objekt bestehen, zu schätzen weiß, der sollte bei „Lass uns lieber morgen“ unbedingt zugreifen. Und wer zumindest den Eindruck erwecken möchte, klugen Witz, scharfsinnige Alltagsbeobachtungen und Sätze, die aus mehr als Subjekt, Prädikat und Objekt bestehen, zu schätzen zu wissen, der sollte sich das Buch ebenfalls zulegen. Von daher gibt es für „Lass uns lieber morgen“ eine uneingeschränkte Lese- und Kaufempfehlung.

Ohnehin gehört es zum guten Ton, sein Bücherregal mit dem Oeuvre von Stefan Schwarz zu veredeln. Geschickt zwischen Schopenhauers ‚Ueber die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde‘ und den Tagebüchern von Henry David Thoreau platziert, demonstriert man eindrücklich, kein Mitglied bildungsferner Schichten zu sein, sondern beweist gleichermaßen intellektuelles Format wie eine Vorliebe für klugen Humor.

Sollten Sie sich erst in Ihren späten Zwanzigern oder frühen Dreißigern befinden und noch kleine Kinder haben, so dass Sie sich nicht ganz mit der Lebenswelt eines gereiften Mannes mit halb- und ganzwüchsigen Kindern identifizieren können, dann kaufen Sie einfach die Bücher aus dem Schwarzschen Frühwerk, zum Beispiel „War das jetzt schon Sex?“ oder „Ich kann nicht, wenn die Katze zuschaut“. Und wenn Sie gar keine Kinder haben und alleinstehend sind, sollte Sie das dennoch nicht daran hindern, die Bücher von Stefan Schwarz zu lesen. Man muss ja auch kein Crystal-Meth-Labor im Keller betreiben, um gerne ‚Breaking Bad‘ zu schauen.

Das Gewinnspiel

Der Seitenstraßen Verlag hat für die Verlosung unter den Leserinnen und Lesern des Familienbetriebs zwei Exemplare von „Lass uns lieber morgen“ zur Verfügung gestellt. Dafür ein herzliches Dankeschön. Ein Los gibt es für einen Kommentar unter diesem Blog-Beitrag (nicht für Kommentare bei Facebook oder Twitter). Mehrere Kommentare einer Person führen nicht zu mehreren Losen. Teilnahmevoraussetzung ist lediglich eine gültige Email-Adresse (Diese wird nicht veröffentlicht und nur zum Zwecke der Gewinnbenachrichtigung verwendet.). Es betrübt mich, erneut darauf hinweisen zu müssen, dass Käsekuchenspenden an mich keine Vorteile für die Verlosung bringen, sondern sich lediglich positiv auf Ihr persönliches Karma-Konto auswirken. Die Verlosung endet am Donnerstag, den 14. September, um 18 Uhr. Rechts- und Linksweg sind ausgeschlossen, eine Auszahlung des Gewinns ist nicht möglich. Viel Glück allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern!

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Stefan Schwarz: Lass uns lieber morgen. Seitenstraßenverlag*

(*Amazon-Affiliate Link, d.h. wenn Sie das Buch über diesen Link kaufen, erhalte ich eine kleine Provision (ohne Mehrkosten für Sie) und kann mich in 187 Jahren als Privatier zur Ruhe setzen.)