Verteidigungsminister Guttenberg tritt ab, Innenminister de Maizière tritt seine Nachfolge an und CSU-Politiker Friedrich rückt an die Stelle des Innenministers nach. Ja, nicht nur in der arabischen Welt und in Frankreich werden die Regierungen umgebildet, auch Deutschland ist fleißig am wechseln. Doch kaum ist in Deutschland der frei gewordene Posten des Innenministers neu besetzt, sorgt “der Neue” schon für Schlagzeilen.
Ich denke, dass die Menschen, die hier leben und islamischen Glaubens sind, natürlich hier auch Bürger in diesem Land sind und zu diesem Land gehören, aber dass der Islam zu Deutschland gehört, ist eine Tatsache, die sich auch aus der Historie nirgends belegen lässt. (Innenminister Friedrich)
Mit diesen Worten beginnt Hans-Peter Friedrich also seine Karriere als Innenminister. Er galt bereits nach der Rede von Bundespräsident Wulff, als einer der ersten Kritiker, als dieser dem Islam zugestand, auch Teil Deutschlands zu sein. Dies lässt schnell daran zweifeln, ob der neue Innenminister seiner tragenden Rolle – auch als Vorbild für das Zusammenleben in Deutschland – gerecht werden kann, denn mit der obigen Aussage trägt er weniger einem “Zusammenführen”, als einem “Auseinandertreiben” und “Polarisieren” der Gesellschaft bei. Abgesehen von der Tatsache, dass seine Aussage zudem auch noch falsch ist, bleibt dennoch abzuwarten, wie sich Innenminister Friedrich in den nächsten Monaten positioniert. Sollte seine Haltung, wie er sie zu seinem Amtsantritt gezeigt hat, weiterhin in diese Richtung weisen, so stellt sich die Frage, ob er das Grundgesetz denn überhaupt verstanden hat.
Das Grundgesetz. Dieses steht seit Anfang März beim Zentralrat der Muslime im Vordergrund. Oder besser gesagt im “Migrations-Vordergrund”. Auf der Internetpräsenz islam.de soll insbesondere jungen Muslimen das republikanisch-demokratische Staatswesen durch das Projekt “Grundgesetz im (Migrations-)Vordergrund” näher gebracht werden. Der Islam- und Politikwissenschaftler Muhammad Sameer Murtaza wird das Projekt mit seinen wöchentlich erscheinenden Essays redaktionell begleiten. Die angeschlossenen Moscheevereine werden dann im Anschluss das Projekt als Handreichung für die Gemeinden aufbereiten und in die Gemeinden weitertragen. Durch dieses Projekt wird ein besseres Verständnis der trockenen Paragraphen ermöglicht. Eine durchaus empfehlenswerte Lektüre, um sich mal etwas intensiver mit dem Gehalt des Grundgesetzes auseinanderzusetzen. Auch historische Hintergründe und Ansätze, sowie aktuellere Geschehnisse werden dabei in Betracht und in den Kontext bezogen.
Interessant ist beispielsweise die Einleitung der Präambel des Grundgesetzes “Im Bewusstsein der Verantwortung vor Gott und den Menschen”, die mit den folgenden Worten erläutert wird:
Vertreter einer imaginären jüdisch-christlichen Leitkultur pflegen darauf hinzuweisen, dass der Gott der Präambel der Gott der Bibel sei – wobei sie gänzlich außer Acht lassen, dass sich das jüdische und christliche Gottesbild grundsätzlich unterscheiden. Die Grundgesetz-Kommentare betonen gerade, dass die Präambel dem Christentum keinen Vorzug einräume. Man beachte, wie zurückhaltend die Formulierung des Parlamentarischen Rates war, der von Gott sprach, sich aber jegliche theologische Festlegung entsagte. (Murtaza in “Die Präambel des Grundgesetzes”)
Ohnehin stoßen die Vertreter einer imaginären jüdisch-christlichen Leitkultur auch bei den Juden auf harsche Kritik. Diese widersprechen dem Anspruch – auch von Innenminister Friedrich, dass es solch eine gemeinsame Leitkultur gebe. Es entspreche vielmehr einem Versuch der Abgrenzung, was folglich zu einer Missachtung des Gleichheitsgebotes der Religionsfreiheit entspricht.
Auch wenn man nun die Ansicht vertritt, der Innenminister habe gar nicht mit seiner Aussage dazu beigetragen, die Muslime etwas vom gesellschaftlichen Zusammenleben abzugrenzen, dem stimme ich teils zu. Er hat tatsächlich keine direkte Äußerung von sich gegeben, die die Muslime von der Gesellschaft ausgrenzt. Er hat ihre Präsenz sogar bejaht. Dennoch bleibt der unschöne Unterton, der eine Historie mit dem Islam in Deutschland ausschließt. Eine Äußerung, die wohl mehr separiert, als zusammenführt und zugleich faktisch falsch ist.
Dem Herrn Innenminister und seinen Anhängern der jüdisch-christlichen Leitkultur empfehle ich daher folgendes: Trinken Sie keinen Alkohol oder Kaffee mit Zucker mehr. Pflanzen Sie keine Tulpen in ihren Vorgarten, schlafen Sie nur noch auf hartem Boden, waschen Sie sich nicht mehr mit Seife, schreiben Sie nicht mehr auf Papier, nutzen Sie nur noch kabellose Geräte und trinken Sie aus der Hand, anstatt aus der Tasse. Ach… und eh ich es vergesse. Fahren Sie bloß nicht mehr mit Benzin, verzichten Sie ab sofort auf Razzien und lassen Sie die Tarifverhandlungen sein. Ebenso sollten Sie ab sofort bei ihrer Literatur- und Musikauswahl wählerischer werden. Und stellen Sie ihre Uhr auf die römischen Zahlen um (Kleiner Tipp: Sie sollten vielleicht noch die Ziffer Null vorher erfinden). Hier noch eine weitere Checkliste.
Mit freundlichen Grüßen.