Ich habe mal in der Zeitung von zwei Staubwedeln gelesen, die ein Wettwedeln veranstalten wollten, aber keinen Ort fanden, der staubig genug gewesen wäre. Ich habe dann gedacht, vielleicht wäre mein Büchergestell etwas für den Wettkampf, und bat die Redaktion der Zeitung um die Adresse der beiden. Die Anschrift wurde mir umgehend gegeben und ich schrieb den beiden einen Brief. Zwei Tage später klingelte es an meiner Tür, und ein freundlicher Herr in einem blauen Overall stand vor der Tür. Auf seiner Brust stand in goldenen Buchstaben: Staubwedelvereinigung – und er stellte sich vor: „Mein Name ist Bruno Staubfang, ich arbeite im Auftrag der beiden Damen, denen Sie geschrieben haben, Frau Staubschwanen und Frau Staubfedern. Dürfte ich Ihr Büchergestell mal ansehen?“ Ich wunderte mich, dass die ganze Sache schon so gut organisiert war, und bat den netten Mann in mein Zimmer hoch. Seine Enttäuschung war ihm anzusehen, als er den bescheidenen Staub auf meinem Büchergestell sah. „Wissen Sie“, sagte er mir zum Abschied, „wir brauchen für den Wettkampf ziemlich viel Staub.“
Bruno Staubfang fuhr mit seinem Wagen davon, und ich hätte die Sache vergessen, wenn nicht drei Wochen später eine staubige Einladung gekommen wäre. Schon beim Aufreißen des Briefumschlags flog eine Staubwolke hoch, und als ich den staubfarbenen Brief in der Hand hatte, las ich: Sehr geehrte Staubliebhaberinnen und Staubliebhaber. Sie sind herzlich eingeladen zu einem Probeturnier. Es werden zwanzig verschiedene Staubfänger teilhaben. Teilnahme kostenlos. Ihre Frau Staubschwanen und Frau Staubfedern.“ Verwundert legte ich den Brief auf den Tisch und schnupperte den etwas verstaubten Geruch in der Luft. Ich war sofort fest entschlossen, da hinzugehen, obwohl ich an dem Termin schon etwas abgemacht hatte, aber das sagte ich ab.
Das Probeturnier fand in einer Gegend der Stadt statt, in der ich noch nie war. Ich fuhr mit dem Tram hin (es war nicht weit von der Endstation) und es fiel mir schon auf, dass wir immer langsamer wurden, je näher die Haltestelle kam. Ich sprach den Tramführer darauf an. „Das ist hier immer etwas staubig“, knurrte er, „da kann man nicht viel machen.“ Jetzt war ich aber plötzlich sehr neugierig.
Mit der Einladung in der Hand ging ich auf die Suche nach dem Ort des Turniers. Aber ich hätte die Adresse gar nicht gebraucht. Ich musste nur dem Staub folgen. Und bei jeder Abzweigung schaute ich auf die Staubmenge am Boden, und da wo’s mehr hatte, ging ich hin. Irgendwann kam ich zu einem Haus, bei dem der Staub aus den Fenstern, aus dem Schornstein, und aus dem Briefkasten quoll. Ich klingelte. Da machte mir auch schon Bruno Staubfang auf und führte mich rein. Durch das Gehen wurde so viel Staub aufgewirbelt, dass ich kaum sehen konnte, wohin es ging. Aber plötzlich stand ich in einem prächtigen, großen Saal: phantastisch, dieser Staub! Von der Decke hingen Spinnwaben mit Staub darin, am Boden eine dicke Schicht und in der Mitte standen verschiedene Dinge wie Figuren oder Vasen, die bestimmt beim Wettkampf abgestaubt werden müssen. An der Front war groß ein Stoffband aufgehängt, auf der in goldenen Buchstaben gestickt war „Staubwedelvereinigung“. Darunter saßen zwei herausgeputzte Staubwedel aus Schwanenfedern, unverkennbar die Wedel-Damen Frau Staubschwanen und Frau Staubfedern. Am andern Ende des Saals waren die Wettkämpfer: Besen, Wedel, Sauger, Puster und Wischer in allen Formen und Größen – eine Augenweide sondergleichen!
Als das Spiel losging, musste ich mich leider zurückziehen, denn die Luft war so dicht mit Staub gefüllt, dass ich kaum mehr atmen konnte. Das war eigentlich bedauerlich, aber da lässt sich nichts machen. Zuhause sah ich verträumt mein Büchergestell an. Wo hatte ich denn da Staub gesehen? Es war mir schon richtig peinlich, das ich Bruno Staubfang hergebeten hatte. Später las ich in der Zeitung, dass ein Herr Kondorwedel, ein peruanischer Staubwedel, bestehend aus sechs Geierfedern, gewonnen hatte. Gratuliere.