Das Glück des Minimalismus: Weniger Zeug, mehr Freiheit

Mein reisendes Leben bringt einen schönen Nebeneffekt mit sich: seit vielen Jahren nun schon ziehe ich mit relativ geringem Ballast, sprich: eher wenigen Dingen, durchs Leben. Zwar ist es, aus meiner Sicht, manchmal immer noch zuviel, doch im Vergleich zu den meisten Menschen, die ich kenne, ist der Umfang meiner Besitztümer wirklich klein. Eigene Möbel besitze ich sowieso schon seit Jahren nicht mehr, meine Kleidung passt in zwei Taschen, Bücher reisen zwischen sechs und zehn Stück mit mir – das variiert. Alte gehen, Neue kommen dazu, doch nur wenige dürfen über die Zeit hinaus, die ich zum Lesen brauche, bleiben. Hauptsächlich der schnelleren Verfügbarkeit wegen – ich muss dann keine Wochen auf die Lieferung nach Wo-auch-immer-ich-gerade-bin warten – wähle ich öfter PDFs oder Kindle-eBooks. Die wiegen nichts und nehmen keinen Platz weg. Eigentlich lese ich jedoch nicht gern am Bildschirm. Filme und Musik gibt es aus dem Netz. Des Rohkost-Cafés und der Rezepte wegen schleppe ich relativ viel „Küche“ durch die Welt: Im Gepäck sind neben dem Vitamix, dem Personal Blender & dem Dehydrator einige Ausstecher, Formen usw. und ein wechselndes Sortiment an trockenen Basiszutaten.

Ich bin mein ganzes Leben lang so oft umgezogen, habe schon in meiner Kindheit nie länger als fünf Jahre am selben Ort gelebt, in den letzten Jahren nie länger als 6-7 Monate 😉 … es fällt mir leicht, mich von Dingen zu trennen. Mehr noch – von wenigen Ausnahmen abgesehen, ein ganz paar Dinge, an denen ich wirklich hänge, u. a., weil ich sie mit meiner Existenz verbinde, wie z. B. mein Laptop – genieße ich die befreiende Wirkung des Loslassens. Es macht mich frei, wenig zu besitzen. Ich muss weniger aufräumen & sauberhalten, mich um weniger kümmern, weniger verstauen. Mich weniger um mögliche Verluste sorgen. Und die Frage „was soll ich anziehen“ lässt sich ja, wie jede Frau weiss, mit vollerem Kleiderschrank auch nicht leichter beantworten.

Ja, manchmal sind Dinge nützlich, um etwas damit zu tun. Oder einfach erfreulich, weil sie schön anzusehen sind. Doch dafür muss ich sie nicht dauerhaft besitzen. Manches bleibt länger, manches geht früher. Was ich mir wirklich wünsche oder was ich brauche, findet schon im richtigen Moment zu mir; es muss nicht jahrelang meine Räume verstopfen und auf seinen Einsatz warten. Nebenbei fördert es die Kreativität, nicht für alles und jedes sofort das perfekt spezialisierte Werkzeug zur Hand zu haben. Und es belebt das Sozialleben, einfach mal im Umfeld nachzufragen, ob etwas ausgeliehen werden kann.

Altes loszulassen kann auch Raum für Neues schaffen. Und/oder helfen, Dinge in Gang zu bringen. So hatte ich z. B. sämtliche Kleidung, Spielzeug usw. meines Erstgeborenen jahrelang aufbewahrt – verbunden mit dem Wunsch nach weiteren Kindern. Nach knapp acht Jahren hatte ich endlich akzeptiert, dass meine Lebensumstände grad so gar nicht nach weiterem Nachwuchs aussahen und habe den Großteil der Sachen verkauft. Kurze Zeit später war ich wieder schwanger. 😉

Als unglaublich befreiend habe ich unsere Haushaltsauflösung vor sieben Jahren erfahren. Bis dahin hatte ich (mit meinen Kindern) in Deutschland gelebt, wir hatten eigene Möbel und trotz der relativ häufigen Umzüge doch so einiges an angesammeltem Zeugs. Nun wollten wir, nur mit Koffern und Rucksäcken und dem wenigen, was dort hineinpasste, nach Teneriffa ziehen. Und haben Stück für Stück all unsere Sachen verkauft, verschenkt oder weggeworfen. (Fast alle: die Tochter, damals sechs Jahre alt, wollte sich nicht so endgültig von ihren Sachen trennen und hat viele Kisten bei ihrem Vater eingelagert.) Mit jedem Stück weniger habe ich mich freier & leichter gefühlt. In den letzten Wochen wohnten wir in einem fast leeren Haus … & es war toll. Auch der Sohn, damals 15, hat sich damit so wohl gefühlt, dass er fragte, warum wir eigentlich nicht schon die ganze Zeit so gelebt hätten.

Für alle, die sich nach mehr Luft, mehr Freiheit, weniger Klöter (Gerümpel) sehnen & denen das Loslassen nicht ganz so leicht fällt, habe ich hier ein paar spaßige & hoffentlich hilfreiche Tipps & Ideen für mehr Spaß beim Entrümpeln:

  • Spiele Umzug. Eine interessante, allerdings etwas aufwändige Idee aus dem Blog The Minimalists. Verpacke all deine Sachen in Kartons. So, als wolltest du umziehen. Nun lebst du einen Monat lang aus Kartons. Nimm heraus, was du immer du brauchst. Am Ende des Monats behältst du alles, was du herausgenommen hast; der Rest kann weg, da du ihn doch nicht brauchst.
  • Die Anzahl-Challenge. Schließ dich einer der zahllosen, im Netz kursierenden Challenges an oder kreiere deine eigene (nur für dich). Du kannst dieses Spiel wahlweise mit all deinen Besitztümern oder nur mit einem Teil davon – Garderobe, Geschirr, Bücher, … – spielen. Was du auch wählst: es geht darum, die Anzahl deiner Dinge auf die gewählte Zahl zu reduzieren. (Englischsprachige) Beispiele dafür sind Project333 – reduziere deine Garderobe auf 33 Teile – oder die 100-Dinge-Challenge.
  • Das Versteckspiel funktioniert am Besten mit eine*m*r Mitbewohner*in. Eine Person versteckt etwas von der Anderen, und wenn die Andere Person es nicht innerhalb einer vorher verabredeten Zeit vermisst, braucht sie es nicht & es kann weg.
  • Eine Variante des Ophra-Winfrey-Kleiderbügel-Experiments: Ähnlich wie das Umzug-Spiel, jedoch weniger aufwändig. Sortiere den Inhalt deines Kleiderschranks so, dass du alle Teile auf die gleiche Art einsortierst. Z. B. alles auf Bügeln mit dem Bügelhaken nach vorne, alle Pullover mit dem Kopfausschnitt nach hinten usw. Wenn du etwas getragen hast & es zurück einräumst, hängst/legst du es andersherum. Nach einem Monat (oder einem anderen, vorher festgelegten Zeitraum) kannst du so genau erkennen, welche Teile du nie trägst – und kannst sie aussortieren.
  • Das Kalender-Spiel. Für alle, die es gern extrem mögen. 😉 Verhilft relativ schnell zu einem deutlich minimalisterischen (lässt sich dieses Wort eigentlich steigern?) Haushalt. Jeden Tag entsorgst du so viele Dinge, wie die Zahl im Kalender es vorgibt. Also eine Sache am 1., zwei am 2. usw.
  • Für alle, denen dieses Tempo Angst macht: Gib pro Tag eine Sache weg. Ob in den Müll, verschenken oder verkaufen, ist dabei egal. Aber nicht schummeln: der normal täglich anfallende Müll zählt natürlich nicht mit. 😉 Auf diese Art hast du nach einem Monat immerhin schon 30 oder 31 Dinge weniger; nach einem Jahr sogar 365!
  • Der Ansatz der KonMari Methode zum Entrümpeln: Hierbei geht es um unser mentales Festhängen an Dingen. Nimm jedes Teil in die Hand & spüre, ob es dir Freude macht, ob es dich glücklich macht. Lautet die Antwort „Nein“ – weg damit! Die KonMari-Methode ist noch umfangreicher; sie sagt, dir wo du anfangen sollst, wie du entrümpelst und wie du anschließend deine Sachen einsortierst, so dass du wirklich mehr Raum und Ordnung hast. Genau beschrieben wird sie von ihrer Erfinderin Marie Kondo in dem Buch Magic Cleaning: Wie richtiges Aufräumen Ihr Leben verändert
    Eine alternative Frage (für alle, die es weniger esoterisch mögen) zur Entscheidungsfindung könnte sein: wäre es nicht deins, wärest du dann jetzt bereit, Geld dafür auszugeben, um es zu besitzen?
  • Falls dir keine dieser Ideen weiterhilft, versuch es mit einem Wechsel deiner Perspektive. Schnapp dir deine Kamera und mach Photos von deinem Wohnraum. Lade einen Freund mit seinem Kleinkind zu Besuch ein. Oder bitte deine Chefin/deinen Kunden, dich in deinem Home-Office zu treffen. Na, hast du jetzt mehr Motivation auszumisten? 😉

Das Glück des Minimalismus: Weniger Zeug, mehr Freiheit


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