Normalerweise schreibe ich die Rezensionen zu den Büchern die ich gelesen habe ja hübsch in der Reihenfolge in der ich sie lese, aber dieses Mal muss ich da eine Ausnahme machen :-)
Titel: Das Gewicht der SeeleAutor: Oliver Kern
Verlag und Buchbestellung: Sieben Verlag
Genre: Thriller
Erscheinungsjahr: 2009
ISBN: 978-3-596-19507-7
Form: Taschenbuch 196 Seiten / ebook
Preis: TB 14,99 / Ebook 8,99 €
Geregelte Arbeit ist nicht Paul Tucholskys Sache, aber auch seine zweifelhafte Karriere als Kleinkrimineller gerät plötzlich ins Stocken. Notgedrungen muss er nun zusehen, dass er sich sein Geld anderweitig verdient und bewirbt sich auf eine Chiffe-Stellenanzeige. Chauffeur für wohlhabende Dame klingt gut und vor allem scheint ihm das nicht mit allzuviel Arbeit verbunden zu sein. Beim Einstellungsgespräch stellt sich heraus, dass er vier alte Damen quer durch Europa chauffieren soll. Die Bezahlung ist mehr als gut und so nimmt er den Job an in der Hoffnung, eine Urlaubstour mit vier alten Damen würde nicht übermäßig aufregend werden. Schnell stellt er fest, dass das ein Irrtum war…
Mein Eindruck:
Eigentlich bin ich ohne allzu große Erwartungen an das Buch herangegangen, ich kannte den Autor nicht und hatte bis dato auch nichts von dem Buch gehört. Nach den ersten paar Seiten erwartete ich eine Geschichte im Stil von “Arsen und Spitzenhäubchen”, denn das die Damenrunde etwas zu verbergen hat wird schnell klar. Gott sei Dank habe ich mich aber mit “Arsen und Spitzehäubchen” getäuscht :-)
Die Geschichte ist in der Ich-Perspektive geschrieben und so bin ich immer, in etwa jedenfalls, auf dem Kenntnisstand von Paul Tucholsky, den die Merkwürdigkeiten im Verlauf der Reise natürlich auch immer neugieriger machen. Als die ersten Leichen im Umfeld der gar nicht immer reizenden alten Damen auftauchen forciert Tucholsky seine Recherchen und stößt auf Geheimnisse die in der Nazi-Zeit ihre Wurzeln haben.
Held wider Willen
Im Verlauf des Buches gewinnen die Hauptcharaktere, Paul Tucholsky und das Damenquartett, von Seite zu Seite an Kontur und es zeigen sich immer mehr Facetten ihrer Persönlichkeit.Tucholsky wird dabei nicht wirklich sympathischer, er bleibt der etwas zwielichtige kleine Gauner – trotzdem kann ich mich gut in ihn hineinversetzen, eben weil er nicht der strahlende Held ist der immer weiß, was zu tun ist – er versucht lediglich so lebendig wie möglich aus der Geschichte heraus zu kommen, versucht das Richtige zu tun und trotzdem seine Finanzen und seine Freundin im Blick zu behalten :-)
Reizende alte Damen
Auch die vier Damen sind nicht so wirklich Sympathieträger, aber ich kann ihren Wunsch die Dinge zu ordnen nachvollziehen. Sie merken schnell, dass ihr Chauffeur ihnen nachspioniert und tricksen ihn dann gerne mal aus. Dabei nutzen sie natürlich geschickt ihr Alter mit der einhergehenden augenscheinlichen Gebrechlichkeit aus, aber auch Tucholsky Geldgier und seinen Hang mehr zu trinken als er verträgt.
Unglaubliche Erkenntnisse
Aber davon lässt sich ein Mann wie Tucholsky nicht aufhalten, er sucht weiter nach Antworten und mit jedem kleinen Puzzleteil das er findet setzt sich eine schreckliche, unvorstellbare Geschichte zusammen und genauso wie Tucholsky nicht aufhören kann der Geschichte auf den Grund zu gehen, konnte ich nicht aufhören zu lesen :-) Je mehr ich dem Ende des Buches näherte, desto fantastischer, spannender und atemberaubender wurde die Geschichte um größenwahnsinnige Forscher die im Auftrage des Nazi-Regimes herausfinden sollten, wieviel eine Seele wiegt und dabei etwas viel Unglaublicheres entdecken. Zwar taucht die Frage nach dem Gewicht der Seele immer mal wieder in anderen Büchern als Randgeschehen auf, allerdings ist sie mir als Grundthema eine Buches in der Form noch nirgendwo begegnet – also endlich mal wieder eine neue Idee, die dann auch noch toll umgesetzt wurde.
Temporeich, aber ohne Hektik
196 Seiten (in der Taschenbuchausgabe) sind sicher nicht viel, aber mir kam es eigentlich viel mehr vor. Nicht weil es langatmig gewesen wäre, sondern weil eben so viel Geschichte auf so wenig Seiten passte. Die gesamte Story wird schnell vorangetrieben, ohne dabei jedoch hektisch zu werden und die immer wieder eingestreuten kleinen Prisen schwarzen Humors lockern die Geschichte ein wenig auf und sorgen für so etwas wie kleine Atempausen im Geschehen. Man kann schließlich nicht permanent die Luft anhalten :-)
Das Gewicht der Seele ist, wenn ich das richtig sehe, Oliver Kerns zweites Buch. Das erste Buch Die steinernen Drachen ist offenbar im Moment nicht erhältlich, aber ein dritter Roman Chocolat Rouge soll wohl bei Voodoo Press erscheinen. Jedenfalls kann man das der Homepage des Autors so entnehmen und mich würd’s auf jeden Fall sehr freuen.
Mein Fazit:
Ein absolut spannender Roman mit einer ganz neuen Idee, die dann auch noch toll umgesetzt wurde. Ich kann Das Gewicht der Seele jedem empfehlen der spannende, gut konstruierte Geschichten liebt. Von mir bekommt das Buch 5 von 5 Drachen und ein gedachtes zusätzliches Sternchen :-)
Vielen Dank an den bookshouse-Verlag, der mir das Ebook zur Verfügung gestellt hat!