Der gestrige Tag war hart für die TV-Zuschauer. Zahlreiche Nachrichtensendungen begannen mit dem Satz. “Jetzt sind wir in Berlin mit XY verbunden.” Es stimmte nie, weil jedes Gespräch vor der Sendung aufgezeichnet wurde. Das erfuhren die Zuschauer meist im Anschluss an die schlecht zusammengeschnittenen Interviews, bei denen die Moderatoren stets das gleiche fragten und wie auf Bestellung die gleichen Antworten geliefert bekamen.
Grundsätzlich bedeutet eine Aufzeichnung ja immer, dass der Interviewpartner zum Zeitpunkt der Live-Sendung nicht zur Verfügung stand. Dennoch erwecken die Moderatoren zunächst den Eindruck, als wäre es so. Warum? Irgendwie ist man ja dann enttäuscht, wenn ein designierter FDP Generalsekretär nicht von Studio zu Studio hetzen muss, um sich werbewirksam in Szene zu setzen. Irgendwie sieht das ja nach Arbeitsverweigerung aus. Vielleicht wollte man auch bloß vermeiden, dass Patrick Döring wieder einen Außenspiegel demoliert und anschließend Fahrerflucht begeht.
Okay, ich kann verstehen, dass der Vorsitzende der Jungen Liberalen, Lasse Becker, im Nachtmagazin der ARD aus Jugendschutzgründen vor der Sendung aufgezeichnet wurde, aber den Christian Lindner hätte man schon gern noch einmal live gehört. Denn warum der jetzt zurückgetreten ist, erschließt sich dem aufmerksamen Beobachter nicht. Vielleicht will er jetzt neben Oli Welke in der heute-show auftreten, nachdem das Zusammenspiel zwischen ihm und der Satiresendung immer besser funktionierte. Dagegen hätte ich nichts. Unterhaltsam ist der Lindner schon, wenn er will.
Allerdings muss man sich generell Sorgen machen um den Zustand der Koalition. Denn Regierungssprecher Seibert ließ in einer Aufzeichnung verkünden, dass der Rücktritt von Lindner keinerlei Auswirkungen auf die Arbeit der schwarz-gelben Koalition habe. Da hätte man schon gerne zurückgefragt, ob ein Wegfall der gesamten FDP auch keinen Einfluss auf die Arbeit der Koalition gehabt hätte oder haben würde.