Von Verena Hasel
Berlin - Vergangene Woche waren vier Männer aus Bristol in besonderer Mission nach London unterwegs. Ihr Ziel war die Bank of England. Sie sollten erläutern, was sie da eigentlich vorhätten, hatte man ihnen gesagt, auch die Finanzaufsichtsbehörde hatte noch Fragen. „Wir waren ein bisschen nervös“, sagt Mike Lloyd-Jones. „Aber es ist wunderbar gelaufen.“ Anlass für die überraschende Einladung war die Regionalwährung, die es ab Mai in Bristol geben soll. Bristol Pound soll sie heißen, Mike Lloyd-Jones ist einer ihrer Initiatoren.
Die Havelblüten sind in Potsdam im Umlauf. Und sollten schnell in Waren getauscht werden, denn mit der Zeit sinkt ihr Wert. Foto: ddp - Foto: dapd
Dass die obersten Finanzbehörden Interesse an so einem Projekt zeigen, ist ungewöhnlich. Zweitwährungen sind längst weit verbreitet, allein in Deutschland gibt es 31, sie tragen putzige Namen wie Nahgold und Sterntaler und galten bislang als Spielerei.
Doch seitdem die Finanzwelt verrückt zu spielen scheint, wirken Regionalwährungen gar nicht mehr so versponnen. Auf Kreta etwa haben die Menschen ihr eigenes Geld erfunden, und mit dem Bristol Pound soll man selbst lokale Gewerbesteuern zahlen können. Auch in Berlin, wo in der Vergangenheit mehrere Anläufe scheiterten, soll es bald eine Komplementärwährung geben. Offenbar ist das Vertrauen der Menschen in das bestehende Geldsystem so sehr erschüttert, dass sie auf eigene Faust nach Auswegen suchen.
Uwe Kellermann aus Potsdam kam die Erkenntnis, dass mit der Wirtschaft etwas nicht stimme, beim Frühstück. Wie jeden Morgen aß er eine Scheibe Brot, wie jeden Morgen war er danach satt. Da, sagt er, sei ihm klar geworden, wo der Fehler stecke: Derzeit gehe man davon aus, dass ein System immer wachsen müsse. Aber das stimme nicht. „Nur weil ich heute eine Stulle esse, brauche ich morgen nicht zwei.“ Genauso wünscht sich Kellermann auch die Wirtschaft: Nicht Wachstum verpflichtet, sondern schlicht stabil. Nicht den belohnend, der Geld hortet und Zinsen kassiert, sondern den, der es in Umlauf bringt.
via Das Geld einsperren - Wirtschaft - Tagesspiegel.