Das Geld der Reichen und nur der Reichen

Das Geld der Reichen und nur der ReichenMensch, der Grönemeyer. Der hat richtig sein Fett weg bekommen. Der alte Populist. Das konnte man letzte Woche lesen. Allerlei Medien nahmen seinen Auftritt bei Jauch unter die Lupe. Billig sei der gewesen, »verlogen«, »typisch Künstler«, der arg vereinfachend und somit populistisch fordere, dass man die Reichen zur Kasse bittet, um die Kosten für die Flüchtlingskrise leichter stemmen zu können. Geld von denen zu nehmen, die es haben, das nennt man hierzulande billig. Dabei ist das ja das Problem: Die Behebung von Elend ist gar nicht billig zu haben. Sie ist im Gegenteil ziemlich teuer. Und dann waren da ja noch die Vorwürfe gegen den griechischen Ex-Finanzminister, dem man Verlogenheit nachsagte, weil er die Vermögen der Reichen nicht angetastet hat, obgleich man das von linken Regierungen doch erwarten sollte. Die griechische Administration mit demselben Argument zu diskreditieren, mit dem Grönemeyer in dieser Talkshow saß und das man ihm nun um die Ohren haut, war aber natürlich nicht billig.

Varoufakis gab kurz nach seinem Rücktritt dem »Zeit-Magazin« ein Interview, das die deutsche Öffentlichkeit eher nicht zur Kenntnis genommen hat. Er rechtfertigte sich darin und diktierte ins Protokoll, dass er gerne Griechenlands Superreiche belangt hätte. Aber die hatten ihr Geld schon lange, ja schon vor der Krise, auf Konten im europäischen Ausland. Er hätte die Hilfe seiner europäischen Kollegen benötigt, um an diese Gelder zu kommen – aber leider kam da wenig Feedback. Er zeigte in dem Interview nicht mit dem Finger auf die Finanzminister des Kontinents und unterstellte ihnen nicht, dass sie gar nicht an den Speckgürtel der Millionäre und Milliardäre wollten. Doch als Leser musste man unwillkürlich glauben, dass es genau so gewesen ist. Aber verlogen sind natürlich diejenigen, die Gelder dort abholen wollen, wo sie in aller Üppigkeit ruhen.
Dass Reichtum geschröpft werden soll, um etwaige Engpässe zu überbrücken, gilt seit Jahren als Populismus. Wer so argumentiert, der diskreditiert sich von selbst. Konzerne oder reiche Einzelpersonen sind unantastbar geworden. Man nennt eine solche Ansicht »billig« und tut so, als haben alle Normalverdiener zusammen gefälligst selbst zu sehen, wie sie sich gesellschaftlich finanzierbar halten und über die Runden kommen. Es ist, als würde man den Normalverdienern empfehlen, sie sollten sich zieren, wenn ein Reicher mit seinem Geld um die Ecke kommt. »Lass stecken, ich kriege das selbst hin.« Es sei denn, er gibt freiwillig, macht auf Giving Pledge, dann kann man schon mal was annehmen. Aber genau das ist natürlich Quark, denn Reichtum zu besteuern ist keine Großzügigkeit, sondern fiskalpolitische Vernunft.
Wann genau hätte denn eine solche Forderung Konjunktur? Wann wäre sie mal kein »billiger Populismus«? Seien wir doch ehrlich: Für eine Forderung nach einer Reichensteuer gibt es nie Raum. Leere Sozialkassen waren jedenfalls nie ein Grund, Steuererhöhungen für Reiche zu einer legitimen Forderung zu erheben. Eine humanitäre Katastrophe wie die derzeitige Krise ist es auch nicht, wie diverse Medien jetzt beweisen, die gegen Grönemeyers Auftritt Stellung beziehen. Man kann davon ausgehen, dass es nichts gibt, was eine solche Forderung tolerabel macht. Wachsende Armut, Verelendung, sieche Bildungsangebote, eine öffentliche Hand, die Freizeitangebote schließt, Menschen, die in Zelten überwintern – egal was, es gibt einfach keinen guten Grund, der in der Öffentlichkeit ein Klima erzeugen würde, wonach Reichtum durchaus »ausbeutbar« sein sollte. Nein, dass bestimmte Eliten Konten haben, auf denen das Geld nutzlos herumliegt, ist viel wichtiger – ein elitäres Grundrecht gewissermaßen. Es kann passieren was will, jedes denkbare Fiasko - egal. Das Geld der Reichen ist auf alle Zeiten unantastbar. Wer es doch mal antastet, nimmt moralische Schuld auf sich und wird geächtet.

Wir müssen einsehen, dass es keine Notsituationen gibt, die diese Maßnahme je rechtfertigen würde. Die Eliten sind weit genug entfernt, als dass sie jemals glauben könnten, ihr Geld ist nur vom Gemeinwesen geliehen, bis es sich das zurückholt. Man hat zu lange nichts mehr dort abgeholt, als dass man sich dort oben noch erinnern könnte wie das ist, wenn man einem etwas von dem nimmt, was man monatlich überwiesen bekommt und als Vermögen geparkt hat. Dass die fetten Jahre je vorbei sein könnten, ist für sie nicht nur undenkbar - man nimmt es als Forderung und Absicht auch wie eine Frechheit wahr, die man sich nicht gefallen lassen muss. Und etwaige Lohnschreiber finden sich immer, um einen dieser Frechdachse, die populistisch »die Neiddebatte« anfachen, in die moralischen Schranken zu weisen und zu vershitstormen.
Man muss ja zugeben: Es klingt wahrhaftig so einfach. Reichtum besteuern in Krisen, in Zeiten leerer Kassen und teurer Anstrengungen. So einfach. Nehmen um geben zu können. So einfach. Verteilen eben. Einfach. Vielleicht viel zu einfach? Kann sein. Man muss ja auch über die Modalitäten sprechen. Wo fängt Reichtum an? Geht es um Vermögen oder Einkommen? Wie hoch sollen Prozentsätze sein? Sind Reiche nur Personen oder auch Unternehmen? Aber ja und nochmals ja, genau so einfach wäre es tatsächlich. Man hat in den letzten Jahrzehnten nur einen Popanz aufgebaut, der uns eingetrichtert hat, dass leere Staatskassen ein hochkomplexer Vorgang seien, den man nicht einfach regulieren könnte. Simplify our life. Es wird Zeit. Auch wenn man uns beständig klarmachen will, dass es nie an der Zeit sein wird, Reichtum in die Verantwortung zu nehmen.
Reiche, die sakrosankt sind und daher leere Sozialkassen, Abbau und Armut? Es wird nicht besser werden, bei der Zukunft, die sie für uns planen. Im Übrigen bin ich der Meinung, dass TTIP zerstört werden muss.
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