Das Geheimnis des Wortes

Das Geheimnis des Wortes

Der Klang

Es gibt Worte, deren Klang berührt einen plötzlich und man weiss nicht warum. Vielleicht denkt man, dass es eine Erinnerung sei, aber manchmal wirkt das Wort einfach so. Arabeske, Marakesch, Honolulu oder Libelle.

Das Kind

Vielleicht zeige ich als kleines Kind auf etwas und frage „Isch das?“ und die Mutter oder der grosse Bruder sagt dann: „Das isch es Zundholzschächteli“ eine Streichholzschachtel. Und ich horche dem Klang nach, wie Zauberhaft das klingt, ob dung-dong-dätteli, dung-dong-dätteli. Und dieser Zauber dringt in mich, bis tief in mein Innerstes.

Das Geräusch

Ein kleinwenig spüre ich das vielleicht noch, wenn ich im Tram sitze, und zwei Junge Schwarzafrikaner diskutieren lautstark miteinander, gestikulieren mit ihren Handys und das was sie sagen, klingt wie ein ferner Trommelruf, wie eine Musik oder Klänge von Insekten im Wald. Oder wenn ein Vater mit seiner Tochter im Supermarkt in der Schlange steht und die Tochter fragt ihn etwas und sie spricht eine Sprache, die man nicht einordnen kann, schnarrend oder glutal, singsang oder streng.

Erlernen

Als ich klein war, bestand die ganze Welt nur aus Dingen, Dingen ohne Namen, und mit grossen Augen guckt man hierhin und dorthin und betrachtet die Dinge, die keine weitere Bedeutung haben als mich zu unterhalten. Das Mobile über der Wiege zum Beispiel, die Bäume vor dem Fenster oder die Fliege an der Wand. Und irgendwann bekommen die Dinge Namen, zuerst ganz einfache, brummbrumm, bä und pssst. Und dann heissen sie Bär, dreckig und Sei still. Und was zuerst Baum war, wird dann zum Ahorn und später zum kanadischen Spitzahorn. Die Benennung lässt die Dinge zuerst an Zauber gewinnen, sie werden wie geadelt durch die Klangfolge, die ihnen gehört … ar-bol …  tree  … ruk … baum. Der Klang erinnert einen vielleicht an etwas und ich verknüpfe ihn mit dem Objekt. Das verknüpfen verleiht mir eine Lust, eine Kraft, eine Macht. Ich kann das Objekt taufen, wie der mächtige Pfarrer. Ich kann auch einem Objekt einen andern Namen geben wenn ich will, zum Beispiel einen beleidigenden, weil ich mich geärgert habe. Ich sage meinem Teddybär blöde Kuh zum Beispiel.

Zauber zerstört

Aber die Benennung edelt die Dinge nur am Anfang. So wie das Autofahren nur solange eine hohe Kunst ist, wie ich es noch übe und nicht ganz beherrsche. Sobald aber die Namen automatisch werden, unterbewusst, ja sogar kommen noch vor ich das Objekt richtig wahrnehme, dann zerstören sie den Zauber der Dinge. Und am Schluss zerstören die Etiketten sogar die Dinge selbst.

Zauber neu erweckt

Dann aber beginnt der Übungsweg, nämlich die Dinge wieder so zu sehen, wie sie sind, und ihnen zu erlauben, wieder den ursprünglichen Zauber auszustrahlen.

Welche Erfahrung hast Du, mit der Unmittelbaren Wahrnehmung der Dinge – ohne Umweg über die Benennung?


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