Das Fräulein mit dem Zauberkasten

Das Fräulein mit dem Zauberkasten

Heute Morgen klopfte es an der Tür.

Seit der Strom für die Klingel fehlt, wird geklopft, das ist normal. Überhaupt hat sich vieles geändert, seit dem großen Krach. Also, es klopfte und als ich die Riegel zurück schob und die Tür öffnete, stand draußen ein Fräulein von DHL mit einem Paket in der Hand.

Argwöhnisch beäugte ich sie, mein Schwert für alle Fälle hinter der Tür verborgen.

„Was wollt ihr?“, fragte ich. Ihrzen ist in unserer Gegend normal. Nur die eingewanderten Zürcher checkens nicht.

Anstatt zu antworten, stieß sie einen Schrei aus und ließ das Paket fallen. Hatte ich sie erschreckt? Ach was, dachte ich, sie ist schwach, hat vermutlich seit Tagen nichts Vernünftiges gegessen. Ich versuchte, ein freundliches Gesicht zu machen und sagte:

„Kommt rein und leistet mir beim Frühstück Gesellschaft. Ihr seid sicher hungrig.“ Dann dreht ich den Kopf und rief in den Korridor: „Noch ein Besteck für die Lady!“

Doch das Fräulein bückte sich nach dem Paket, hob es auf und trat drei Schritte zurück.

„Ihr braucht keine Angst zu haben, kleines Fräulein, mein Haus ist sicher und die Bediensteten werden euch nichts tun.“ Ich lächelte, aber vermutlich sah es nicht Vertrauen erweckend aus, denn ich hatte mich weder gekämmt noch rasiert. „Kommt“, sagte ich und deutet auf das Paket. „Was habt ihr mir schönes gebracht? Geschmeide aus fernen Landen? Perlen, Silber gar?“

Sie deponierte das Paket neben der Tür und streckte mir einen schwarzen Kasten hin. „Bitte unterschreiben Sie hier.“

„Die Kugelschreiber sind alle futsch, entgegnete ich, und die neuen Federkiele wurden noch nicht geliefert. Aber ich kann euch mein Siegel geben.“ Dann drehte ich den Kopf und rief in den Korridor: „Den Siegellack, aber schnell!“

„Sie brauchen keinen Kugelschreiber“, sagte das Fräulein und streckte mir einen schwarzen Stift entgegen. „Unterschreiben Sie damit auf dem Display.“

„Aha, ein Zauberkasten“, rief ich verwundert und umklammerte mit meiner Rechten, die hinter der Tür verborgen war, den Griff meines Schwertes.

„Kommt, tretet ein, hübsche Maid, und erkläret mir eure Magie. Ihr trinkt sicher einen Schluck frisch gebranntes Feuerwasser, wenn ihr schon nicht speisen wollt.“

Sie winkte ab. „Wir dürfen während der Arbeit keinen Alkohol trinken.“

Ein verbäustiger Herr, der seinen Dienern das Trinken verbot. Ich schüttelte den Kopf. Meine Haare fielen mir ins Gesicht und ich strich sie zurück. Besser, wenn ich sie heute zu einem Zopf flechten ließ.

„Ach was, euer Herr sieht das nicht. Ein Becher in Ehren, kann niemand verwehren.“ Ich grinste sie an. Sie trat nochmals drei Schritte zurück. Der Zauberkasten war jetzt außer meiner Reichweite. Ob ich den gefährlichen Apparat einfach mit dem Schwert zerschlagen sollte?

„Bitte unterschreiben Sie. Ich muss noch weiter.“

Ich blickte zu ihrem gelben Gespann hinüber. Woher sie wohl das Benzin hatte? In unserer Gegend gab es das nur noch in Dreideziflaschen beim Apotheker und meinen Jaguar hatte ich schon längst ausgeschlachtet und in ein Tomatenhaus verwandelt. Seit dem großen Krach pflanzten die Leute ihr Gemüse an den unmöglichsten Orten. Mein Nachbar hatte sogar Zucchini auf sein Flachdach gepflanzt, bevor sie ihn holen kamen.

Das Fräulein trat wieder drei Schritte näher, offenbar hatte sie Mut gefasst, und streckte mir erneut den Stift entgegen.

Ich winkte ab. „Ich nehme lieber meinen Siegellack.“ Ich griff in den Mund und drückte mit dem Daumen meiner Linken den ausgelaugten Kaugummi in die Tastatur des Zauberkastens.

„Sie sind verrückt“, entfuhr es der gelb gewandeten Maid. Ich runzelte die Stirn. „Nicht mehr als alle anderen.“ Ich musterte das Fräulein. Wie erbärmlich doch diese Leute gekleidet waren. Gelb mit roten Streifen. Wie falsche Wespen.

„Gute Reise verehrtes Fräulein. Mir knurrt der Magen und meine Kehle verlangt nach einem Schnaps.“ Ich griff nach dem Paket.

In diesem Moment fiel mir das Schwert aus der Hand und schepperte zu Boden. Das Fräulein schrie wie am Spieß, als die Klinge hinter der Tür hervorlugte. Dann rannte sie zu ihrem Gespann.

Wir leben wahrlich in einer verrückten Zeit. Euer Traumperlentaucher



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