Das System zum Erliegen bringen – mit den Mitteln des Systems? Können Ideale unter Despoten überleben? Und Liebe unter Tod? "Das Fieber steigt in El Pao" (Alternativtitel: "Für ihn verkauf' ich mich") packt schwere Themen und Hypothesen an, ausgebreitet auf einer ebenso theatralisch-explosiven wie süßlich-vergifteten Kolportage. Die Eingangsfragen beantwortet Luis Buñuel, einer der Urväter surrealistischer Tabus, mit dem für ihn starrköpfigen Pessimismus: Ein demoralisierender Zusammenschluss disziplinarischer Statuten saugt früher oder später dessen Wortredner einer christlichen Denkweise ein. Dementsprechend ist der Protagonist Ramón (Gérard Philipe), jener, der sich von Ketten befreien will, um Inés (das fragile Buñuel-Spielzeug der Männer: María Félix), die Frau seines ehemaligen Vorgesetzten, an sich zu binden, in einer finalen Metapher zu sehen – all' die Mühe, die er sich gemacht hat, seine Maßstäbe anderen aufzuzwingen, mündet darin, dass Ramón, er ist Chef des Sicherheitsdienstes auf einer Sträflingsinsel, mit den politischen Gefangenen spaziert. Ramón ist gleichermaßen eingesperrt und politisch gebunden, auch ohne Fesseln. Buñuel umreißt das Chaos, falls eine Ordnung ins Wanken gerät, über Verwicklungen und Kreuzungen. Das "Fieber" des Titels verspricht nicht einen klimatischen, sondern einen erotischen, libidinösen Rhythmus, der vielen Buñuel-Werken inhärent ist, und der über die Momentaufnahme eines politischen Techtelmechtels selten zu einer langlebigen, bindenden Beziehung gelangt.
6 | 10