Zugegeben, es hat etwas gedauert bis ich mich wirklich getraut habe nach Thailand zu fliegen. Das lag ganz sicher nicht an der fremden Kultur oder dem Essen auf der Straße, im Gegenteil. Es war der lange Flug, der mich viel mehr verunsicherte. 12 Stunden, zusammen gepfercht mit einer Vielzahl von fremden Menschen, ohne sich wirklich richtig bewegen zu können, ohne festen Boden unter den Füßen. Eine sehr mulmige Vorstellung für mich. Bis zum 5. Januar 2017.
Ich hatte so gar kein Bild von Thailand, geschweige denn Asien. Zumindest kein reelles. Meine bisherigen Bilder stammten alle aus diversen Dokus und Blogberichten, die ich bis zu unserer Reise im Januar 2017 gesehen und gelesen hatte. In meinen Gedanken konstruierte ich mir ein Land zurecht, voll bunter Farben, tropischen Stränden und nach Kokos und Jasmin duftenden Garküchen. Ich hatte eine Ahnung, vergaß dabei aber völlig, dass man in der Realität nicht nur sieht, sondern auch spürt, hört, schmeckt, riecht und vor allem fühlt. Es kam dann also doch ganz anders als ich dachte.
Bangkok, Saphan Taksin. Beim Öffnen der Türen des Skytrains, verlasse ich die geschützte, klimatisierte Kapsel und betrete ich neue Welt. Die Luft ist feuchtwarm, der Asphalt glühend und die Geräusche vielseitig. Wären nicht soviel Gebäude und Autos um uns herum, könnte man meinen man wäre im Dschungel. Ich tauche ein in den Strom der Menschen, meinen Freund Nick vor mir mit dem blauen Backpack als mein Orientierungspunkt. Weiter, einfach nur weiter, und immer wieder mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund staunend.
Alles ist so anders hier, einfach alles. Der Gesichtsausdruck der Menschen, die Werbetafeln an den Geschäften, der fließende Verkehr und selbst die Steinplatten auf dem Boden. Alles bewegt sich harmonisch, aber keiner meckert oder hupt. Wenn gerempelt wird, sind es eher wir und bekommen dafür dann auch noch eine Entschuldigung. Die Menschen lächeln gelassen und sind wenig beeindruckt von der Dynamik der Stadt. So langsam bekomme ich Durst und Hunger, entdecke aber nirgends ein Restaurant oder Café. Alle Läden auf der Soi Charoen Krung, der Straße Richtung unserer Unterkunft, sehen irgendwie gleich aus. Ist das hier ein Wohnzimmer oder ein Restaurant? Wäre ich alleine, würde ich wohlmöglich verzweifeln, oder verhungern. Doch dann bleibe ich vor einem Laden stehen, erkenne von draußen hinter der Theke Bildern von gekühlten Shakes, und trete erleichtert ein. Hauptsache sitzen, Hauptsache Ruhe, Hauptsache Klimaanlage. Was für eine Stadt.
Danni lost in Translation
Die 17. Etage oberhalb der Stadt, mitten im Thaiviertel, blicke ich vom Balkon unseres airbnb Apartments über die neue Welt. Einfach unbeschreiblich und so neu, dass ich mich heute noch an jedes feine Detail dieses lebendigen Wimmelbildes erinnern kann. Eine Mischung aus Mopedrauschen, Baulärm und Beorufen machen dieses Bild noch surrealer. Auf der Straße laufen Hühner frei herum und die ersten Nachbarn schmeißen ihre Garküchen für den Abend an, während daneben die Wäsche und Taxis vorbeidüsen. Ich komm mir vor wie Scarlet Johansen in „Lost in Translation“ und schaudere etwas bei dem Gedanken, meine sichere Insel wieder zu verlassen.
Szenen auf meinem inneren Film
Jedes Mal, wenn ich doch diese sichere Insel verlasse, ist es als ob ich mich in ein unbekanntes Abenteuer schmeiße. Ich weiß nicht was kommt, was passiert, manchmal sogar nicht welchen Weg wir folgen werden. Alles was ich sehe, bespielt meine Festplatte neu. Und ich bin erstaunt wieviel Platz da eigentlich noch frei ist. Den Alltag auf den Straßen Bangkoks, erlebe ich wie einzelne Szenen aus einem Film. Dabei ist es mein Film, der sich Stück für Stück zusammensetzt, und am Ende dann „Das erste Mal in Asien“ heißt.
Über die (Un)Möglichkeit eine viel befahrene Straße zu überqueren
Obwohl die Menschen allgemein in Asien und insbesondere in Thailand eine so ganz andere Kultur pflegen als wir daheim im Westen, fühle ich mich erstaunlich schnell wohl und willkommen. Es ist die zurückhaltende und besonders menschliche Art der Thais, welche mich in diesem Strom der neuen Kultur mitfließen lässt. Das beste Bild zum Vergleich ist dafür der Verkehr in Bangkok. Als wir das erste Mal die Straße überqueren müssen, suche ich vergeblich eine Ampel oder einen Zebrastreifen. Den Blick nach rechts, und dann nach links gewendet, nichts! Nick lacht mich schon aus und nimmt ermutigend meine Hand, um einfach loszugehen. „Bist Du wahnsinnig!“ ertönt meine aufgeregte Stimme. Doch dann finden wir sie, diese Minilücke im Verkehrsstrom und gehen einfach. Ein bisschen komme ich mir vor wie Moses, der das rote Meer teilt, so reagiert dieser Schwarm an Mopeds und Autos auf uns, synchron mit einem kurzen Innehalten, um nach unserer Überquerung wieder loszudüsen. Es ist wie ein Tanz, eine einstudierte Choreographie, die hier jeden Tag – ohne bewusste Absprachen oder Regeln – harmonisch läuft.
Pedestrian Highway Streetlife in Bangkok 1 2 3 – Go! Alles ist im Fluss