“Was machen Sie da?” höre ich eine Fistelstimme durch den Regen rufen. Hinter mir steht ein untersetzter, bierbäuchiger Troll mit kariertem Hemd im Pullunder. Oberbiss. Hinter im steht ein in die Jahre gekommener 7er BMW.
“Wonach siehts denn aus?” entgegne ich ihm.
“Das hier ist alles Bahngelände – Betreten verboten – da vorne ist ein Schild!” sagt der Troll
Da hab ich ja Bock drauf: “Ach, und Sie sind von der Bahn beauftragt worden am Sonntag nachmittag über die Einhaltung eines Hinweisschildes zu wachen?”
Der Troll wirft sich in Position: “Nein, mir gehört die Baustoffversorgung da hinten und ich sehe gerade nach dem Rechten.”
Ich: Warum gehen Sie denn nicht einfach an den Zaun Ihrer Baustoffversorgung und und stellen sich in den Regen und füttern die Vögel? Einen Schirm könnte ich Ihnen leihen.”
Er: “Das dürfen Sie nicht!”
Ich: “Was darf ich nicht? Wissen Sie, DÜRFEN ist auch immer relativ. Stauffenberg durfte Hitler auch nicht erschiessen und trotzdem hat er es probiert und jetzt kusch Dich Du Nieswurtz!”
Er: “Ich kann auch die Polizei rufen!”
Ich: “Hui, ich schlottere am ganzen Leib – die Polizei?? Was meinen Sie wie die sich freuen, daß sie am Sonntagnachmittag bei Regen und Sturm zu einem stillgelegten Gleisbett gerufen werden, weil sich ein Troll im Pullunder den Frust über die zu klein geratenen äußeren Geschlechtsmerkmale abbaut?
Er: “So, ich schreibe mir jetzt Ihr Kennzeichen auf. ”
Ich: “Huuuu – ich mach mir gleich in die Hose! Wissen Sie eigentlich, das Schriftstücke dieser Art später zur allgemeinen Belustigung im Verteiler landen? Ich will Ihnen mal was sagen: Wegen Leuten wie Ihnen drehen andere Leute durch und das zurecht! Der iPod kommt zu Recht aus Amerika und nicht aus Deutschland weil es bei uns ein Gesetz gibt, dass Fenster in Garagen verbietet und dann wieder eines, welches Fenster am Arbeitsplatz vorschreibt – und weil es Typen wie Sie gibt, denen die Einhaltung solcher Vorschriften wichtiger ist als Ihr armseliger Sonntag. Sie erreichen damit eigentlich nur, daß noch mehr Menschen Sie hassen, was wiederum dazu führt, daß Sie sich selbst noch weniger leiden können, was dann dazu führt, daß Sie am Sonntag im Regen bei 8°C an stillgelegten Bahngleisen rumstehen und andere Leute maßregeln. Das ist ein merkwürdiger Kreislauf bei deren Durchbrechung ich Ihnen behilflich sein kann. Sie müssen jetzt nur gehen und haben schon den ersten Schritt getan.
Der Troll ist überfordert. Sein Mund sucht nach Worten, seine Lippen bewegen sich, ohne daß ein Wort herauskommt. Dann fällt ihm doch noch was ein: “Da vorne steht ein Schild! Da steht drauf “Betreten verboten! Und das gilt für Alle”
So langsam hab ich die Faxen dicke: “So, Herr Heßling. Wir beide gehen jetzt mal zu Ihrem Schild und dann zeigen Sie mir mal was Ihnen auf den Nägeln brennt!”
Der Idiot folgt mir in der Tat. Wir beide gehen zu einem Schild, das am Wegesrand steht. Es ist komplett mit weisser Farbe übersprüht worden. Buchstaben sind nicht zu erkennen. Das Schild sieht nicht wirklich “offiziell” aus, sondern eher nach Metallwerkstatt einer Baustoffversorgung. Es sieht danach aus, als wäre ich nicht der Einzige in der Umgebung, der Herrn Troll scheisse findet.
Ich schaue erst auf das Schild und dann auf den Troll im Pullunder. Ich habe nun den Physiognomischen Ablauf in meinem Körpers nicht mehr unter Kontrolle und gerate in einen Wechsel aus Schnappatmung und Lachen.
Der Troll weiss, daß er an dieser Stelle seinen Kampf verloren hat. Ich weiss, daß mich das weder befriedigt noch glücklich macht. Für einen kurzen Moment möchte ich den armen Kerl in den Arm nehmen, lass ihn dann doch stehen und mache da weiter, wo ich angefangen habe. Aus der Ferne höre ich ihn “Das dürfen Sie nicht!” rufen.