Als ich schwanger wurde, war der Große noch nicht mal anderthalb Jahre alt. Natürlich haben wir ihn, je größer der Bauch wurde, auf das Geschwisterchen vorbereitet, ihm Dinge erklärt und gezeigt, mit ihm Bücher wie dies hier gelesen etc. Wir haben ihm gesagt, dass Mama dann ins Krankenhaus geht und er mit Papa allein zuhause ist. Wir haben mit ihm zusammen einige Babysachen wieder hervorgeholt (Spielzeug, Kleidung) und deren Funktion erklärt. Arztbesuche habe ich aber nie mit ihm zusammen absolviert, er hat auch keinen Geschwisterkurs besucht und es wurde nichts in der Wohnung umgeräumt. Sein Kinderzimmer inkl. Wickeltisch für's Baby (er ließ sich nicht mehr darauf wickeln) blieb unverändert, sein Bett behielt er, der Autokindersitz blieb gleich und es gab wirklich kaum Veränderungen in seiner häuslichen Umgebung. Ein neues Beistellbett stellten wir im Schlafzimmer auf, die neue Babyschale kam ins Auto (beides war schon verkauft) und der Kinderwagen wurde um ein Buggyboard erweitert. Ansonsten wollten wir ihm mit so wenig äußerer Veränderung wie möglich Sicherheit und Vertrauen vermitteln, um die unbekannte Situation zu meistern. Für ihn sollte alles gleich bleiben. Zu diesem Zeitpunkt hat ihn jegliche Veränderung total aus der Bahn geworfen.
Als die Kleine geboren wurde, war er 26 Monate alt. Er kam nach der Kita mit dem Papa zu uns ins Krankenhaus, schaute sich das Baby und mich im Krankenhaushemd kurz an und spielte dann mit seinem Bagger, dem Geschenk des Babys. Klar haben wir auch Aufnahmen, wo er das Baby streichelt, neben ihr im Krankenhausbett liegt oder mein Mann erzählte mir, wie er zuhause abends nach uns fragte. Wirklich süß war, wie sie uns abholten und er wacker mit dem Papa zusammen die Babyschale trug. Insgesamt aber war er relativ zurückhaltend in seinem Interesse für seine Schwester und das setzte sich zuhause fort.
Für das Stillen und Wickeln hat er sich nicht wirklich interessiert, auch nicht, wenn man ihn einbeziehen wollte. Er hat auch nicht meine Handlungen nachgeahmt, wie ich das oft bei anderen Mamas lese und höre. Weder stillte, fütterte, trug, wickelte oder badete er seine Kuscheltiere (für Kuscheltiere hat er sich ja auch nie begeistert) oder seine Babypuppe, die ihm die Großeltern zur Geburt der Schwester schenkten, noch holte er mich, wenn das Baby weinte. Eher saß er in solchen Fällen stumm und unbeteiligt daneben, so wie er auch neben ihr saß, wenn wir spielten, ohne ihr etwas zu zeigen oder sie zu bespaßen. Er hat seine Schwester nie als Subjekt, das er anleiten und beschäftigen könnte, gesehen. Er hat für sich oder mit uns gespielt und sich nicht weiter um sie gekümmert. Nicht groß mit ihr geredet, ihr kein Spielzeug gebracht, sie nicht getröstet, gestreichelt, geknuddelt, abgeknutscht. Sie hat ihn natürlich trotzdem angehimmelt, aber wir fanden das von seiner Seite aus im Vergleich zu anderen Kindern ziemlich wenig Interesse und Begeisterung für das Geschwisterchen. Wenn er von der Kita nach Hause kam, tangierte es ihn nicht, wo die Kleine war. Er hat nie geäußert, dass er auch bei mir schlafen wolle, nur weil die Kleine bei mir schläft. Klar war er erst 26 Monate + alt und noch sehr stark von seinen eigenen Problemen und Unausgeglichenheiten (Autonomiephase) in Beschlag genommen, aber uns erschien sein Desinteresse ungewöhnlich. Allerdings hat er sich eben auch nie - bis heute nicht - für andere Babys interessiert. Vielleicht ist das vergleichbar mit der Tatsache, dass ich keine Baby-Mama bin, wie hier beschrieben.
Eifersucht war übrigens so lange kein Thema, wie sein "System" stimmte, nämlich dass der Papa sich um ihn kümmerte und ich mich ums Baby. Er hatte sich ja in den Wochen vor ihrer Geburt emotional sehr stark an den Papa gebunden. Wenn der Papa in seiner Anwesenheit das Baby nahm, wurde er sehr unleidlich. Wenn alles im Lot war und das Baby bei mir war, war Eifersucht anfangs kaum ein Problem. Das ließ nach ein paar Monaten nach, als er sich mir langsam wieder annäherte und sein "System" aufgeweicht wurde. Danach und mit der zunehmenden Mobilität der Kleinen wurde die Eifersucht etwas sichtbarer. Vor allem die Eifersucht in Hinblick auf das Teilen-Müssen der Aufmerksamkeit. Insgesamt aber war das, was ich seiner Autonomiephase anlaste, schwerwiegender als jegliche Eifersucht und Entthronung, auch wenn sich das natürlich gegenseitig verstärken kann. Man musste bei ihm nie Sorge habe, dass er grob mit der Kleinen ist, ihr bewusst wehtut oder sich zu überschwänglich zeigt. Dafür hat sie ihn einfach zu wenig interessiert.
Wie war oder ist das bei euch, haben eure größeren Kinder in eurer nächsten Schwangerschaft mitgefiebert oder waren sie relativ desinteressiert? Wie haben sie das Baby nach der Geburt aufgenommen? Haben sie euer Verhalten nachgeahmt, waren sie vom Baby begeistert oder war es eher wie bei uns? Sind eure Kinder generell babybegeistert oder dahingehend auch eher leidenschaftslos?