Das Besondere

Von Traumperlentaucher

„Vergangene Nacht habe ich von einem Tal geträumt“, erklärte mir Armin mit glänzenden Augen bei meinem letzten Besuch.

„Das ist doch nichts Außergewöhnliches, Täler gibt’s zu Hauff, besonders hierzulande“ hielt ich ihm entgegen.

„Dieses Tal endete auf der einen Seite am Meer, auf der anderen Seite an einem Gebirgspass.“

“Norwegen“, riet ich, „Das kann nur in Norwegen sein.“

„Nein, es befand sich auf einer Insel. Jenseits der Berge gab es nur Wasser.“

„Auch das ist nichts Besonderes.“

„Die Insel befand sich auf einem anderen Planeten, da bin ich mir sicher. Es hatte zwei Monde, ein kleiner und ein großer, viel größer als unserer.“

„Na ja, es war ja ein Traum. Ich habe auch schon von einem Planeten mit zwei Sonnen geträumt.“

„Aber ganz zuoberst im Tal gibt es ein kleines Dorf und das war wirklich etwas Besonderes …“

Gespannt wartete ich auf seine weiteren Erläuterungen.

„… Die Einwohner waren allesamt Fremde. Menschen zwar, aber nicht von der Erde.“

„Gehörten sie etwa zu den Fremden, die ab und zu hierher ins Sanatorium kommen?“

„Ja, stell dir vor, ich habe das Zuhause der Fremden gefunden.“ Armin war aufgeregt. Ich fragte mich, was sie ihm für Medikamente gegeben hatten. Sein Glauben an die Fremden war zur Besessenheit geworden. Wenn ich ihn besuchte, war es immer das zentrale Thema. Er glaubte daran, dass sie aus den Träumen zu ihm kamen um ihn in der Wirklichkeit zu besuchen. Schlimmer noch, er glaubte, dass viele Fremde unauffällig unter den Menschen auf der Erde lebten und unsere Geschicke beeinflussten. Natürlich lebten im Sanatorium viele seltsame Vögel und bei einigen Begegnungen hatten sie auch mich in ihren Bann gezogen. Doch die Fremden, die Armin meinte, existierten nur im Traum, da war ich mir sicher.

„Es war ja nur ein Traum, Armin. Wir begegnen in unseren Träumen immer wieder fremden Wesen, die uns nicht aus der Wirklichkeit bekannt sind,“ versuchte ich ihm zu erklären, doch es würde nichts nützen, Armins Träume waren seine Wirklichkeit. Wie bei vielen anderen Menschen auch.

„Weißt du, was das wirklich Besondere an den Fremden ist?“ Armin sah mich fragend an. „Es ist ihre Art zu sein: Sie tarnen sich mit der Wahrheit und sie sind wahre Zauberkünstler.“

„Magier?“

„Mehr als das, denn sie können Wasser verdünnen ….“

„Das ist verrückt.“

„… und sie sehen das Wesentliche mit ihrem dritten Auge.“

„Und das wäre?“

„Sie sehen das Unsichtbare.“

Genießt eure Träume. Euer Traumperlentaucher