Einer der markantesten Aspekte des Surrealismus war sein aktives Übernehmen der Figur des baudelairschen Flâneur. Jener Spaziergänger, der rastlos durch die modernen Städte wandert auf der Suche nach dem Wunderbaren oder dessen, was die Situationisten, die Jahre später Erfinder des, gleichzeitig ohne die beiden oben genannten vorherigen Begriffe unverständlichen, urbanen Dérive waren, inspiriert durch die Bekenntnisse eines englische Opiumessers von De Quincey, der wiederum so gewaltigen Einfluss auf Baudelaire und die verdammten Poeten hatte, die Nordwestpassage, welche den Zutritt gewährt zu einer anderen Seite, von wo aus es möglich ist das Unmögliche als einzig wahres Leben zu leben und zu denken.
Mit der Sicherheit und Unfehlbarkeit des Zufalls und der Ästhetik des zufälligen Treffens auf dem Seziertisch von Nähmaschine und Regenschirm des mysteriösen Grafen von Lautreamont, erschient ihnen das Wunderbare in Form von Fragmenten, zerbrochenen Spiegeln, Schaufensterpuppen, Telepathie, Dingen ohne Funktion oder erkennbaren Gebrauchswert, Fotografien, Träumen, exquisiten Kadaver, Ready-mades, zusammengefasst, dem gesamten surrealistischen Fetisch schlechthin. Das gefundene Objekt, das nur für jene zugänglich ist, die an Bord des zeitgenössischen Abenteuers gehen, um vagabundierend und flanierend durch die Straßen zu laufen.
Wie Walter Benjamin treffend schrieb, war im Zentrum dieser Welt der Dinge das am meisten erträumte ihrer Objekte die Stadt Paris selbst. „Aber nur die Aufruhr extrahiert komplett das surrealistische Antlitz. (menschenleere Straßen [ hier verspüren wir die Versuchung, wie in den Fotos von Eugene Atget, anzufügen], ….) Und kein Gesicht ist surrealistisch in dem Maße wie es das wahre Gesicht einer Stadt ist.“
Bejamin war Berliner und er lebte in jenem faszinierenden und kurzem Zeitabschnitt, in dem seine Stadt die vibrierende Hauptstadt der Weimarer Republik war. Bis dass er sich durch seine doppelte Eigenschaft als Jude und Linksintellektueller gezwungen sah, Deutschland für immer zu verlassen. Er verstand wie nur wenige die Wichtigkeit innerhalb der Literatur und dem Leben der Städte und der Landschaften. Seine Stadt hat viele Verwandlungen durchlaufen seitdem, die Zerstörung durch die Bomben und die späteren Ruinen, der Bau einer beschämenden Mauer und die Gegenkultur der Neubauten, die gegenkulturelle Stadt und der Underground, der Nick Cave faszinierte und im Himmel über Berlin auftaucht, das erneute Auftauchen des östlichen Teiles mit der Wiedervereinigung von Deutschland… Und heute, wo schlägt das wunderbare, dunkle und goldene Herz des Urbanen in seiner Straßen?
Für den jungen, in Berlin lebenden slowenischen Autor Aleš Šteger, der gerade sein Erzählband Berlin herausgebracht hat, ist die Stadt weiterhin in zwei Teile geteilt. Nicht mehr durch eine physische Mauer getrennt, sondern durch die schreckliche, ökonomische und soziale Ungleichheit ihrer Bewohner. Das erwähnte Herz müsse man in Vierteln wie Charlottenburg, im ehemaligen Westen, suchen. Ein degradierter, dekadenter und wenig differenzierter Stadtteil, wo jedoch noch immer das ehemalige Pulsieren des Urbanen von Berlin zu spüren ist.
Ein Buch in dem die verlorenen Fußspuren des Geistes von Benjamin wiederhallen, in einer profunden Reise zum Herzen der Stadt, seiner Menschen und ständigen Metamorphosen, einer Form des freundlichen Zusammenlebens und das Fortbestehen der Haltung und des Willens, so wie es in der Literatur selbst vorkommt, Dinge aus Nichts zu erschaffen. Und eine großartige Lektüre um sie mit sich zu nehmen, wenn man appartments in Berlin mietet.
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