Das Benazuza in Cancún: Essen von einem anderen Stern

Von Janina @ferntastisch

Seit einigen Tagen sind wir zurück von unserer Reise. Praktisch direkt im Anschluss wurde ich von einem mittlerweile bereits sechs Tage andauernden Fieber dahin gerafft. Wenn man auf die Karibik-Staaten blickt, die wir besucht haben, muss man natürlich auf Nummer sicher gehen und kann auch Malaria, Dengue- und Chikungunya-Fieber nicht ausschließen. Deshalb wurden mir heute beim Tropenarzt gefühlte drei Liter Blut abgezapft, und ich warte ängstlich auf die Ergebnisse. Allerdings bin ich guter Dinge, dass sich der Verdacht bestätigt, und ich nur eine Influenza mitgebracht habe. Heute fühle ich mich erstmals wieder in der Lage, länger als zwei Minuten am Stück vor dem Laptop zu sitzen, und kann endlich diesen Artikel schreiben, der schon so lange in meinem Kopf herumschwirrt. Meinen Bericht über ein ganz besonderes Restaurant: das Benazuza in Cancún.

Das Benazuza in Cancún ist kein gewöhnliches Restaurant. Die erste Besonderheit ist, dass hier ein Koch den Löffel schwingt, der ganze zwei Michelin-Sterne besitzt: Rafael Zafra. Was in der Küche des Benazuza passiert, hat weniger mit Essenszubereitung, und mehr mit Kunst zu tun. Die Art des Kochens und Anrichtens, die von Rafael Zafra entwickelt wurde, und die er sich schlauerweise hat patentieren lassen, wird eingeordnet unter dem Begriff “Molekularküche”. Mir persönlich klingt das ein bisschen zu künstlich, und ich finde, dass die alternativen Bezeichnungen “moderne Küche” oder “experimentelle Kochkunst” das Benazuza viel besser beschreiben. Die Speisen und Getränke werden in außergewöhnlichen, manchmal bizarr erscheinenden Formen und Kombinationen zubereitet und angerichtet, wobei nur feinste Zutaten verwendet werden, und der Gast jede einzelne Facette deutlich schmecken soll. Überraschenderweise war das Ergebnis nicht nur interessant, sondern schmeckte noch dazu unwahrscheinlich lecker.

Als wir das Benazuza besuchten, welches in unserem Hotel in Cancún – im Oasis Sens – beheimatet war, wussten wir erstmal überhaupt nicht, was uns da erwarten würde. Zuerst wurden wir an die Bar geführt, wo uns mehrere Cocktails serviert wurden. Gestartet wurde mit einem unsichtbaren Caipirinha. Wir bekamen ein leeres Glas mit einem Stück Zuckerrohr. Darauf sollten wir kauen, um den Drink aufzusaugen. Ja, tatsächlich. Da war er, der Caipirinha. Es folgten Kaktusschaum, Piña Colada mit Zuckerwatte, eine Rose mit essbarem Inhalt, und einige andere Leckereien, die uns in Staunen versetzt haben. Im Anschluss wurden wir an unseren Tisch gebracht, der schön privat und abseits von anderen Gästen lag.

Von jetzt an kümmerten sich drei Kellner praktisch alleine um uns. Zwei servierten uns gleichzeitig die Speisen, ein anderer erklärte uns jedes Gericht genau und beschrieb, wie und in welcher Reihenfolge wir es essen sollten (vor allem das “wie” war nicht immer auf Anhieb klar). Wie schon bei der Reservierung und an der Bar, hat sich unser Kellner nochmal versichert, dass keine Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder Allergien vorliegen, und dass wir alles essen und trinken dürfen. Jetzt ging es richtig los: eine heißkalte Margarita, gedünstete Tacos, Kartoffelschaum im Ei, frittierte Krabbenchips in Krakenform, Babymais mit Vanille-Mayonnaise, Hühnerbrühe mit knisternden Pfefferflocken. Das waren nur einige der insgesamt 16 Aperitifs, Snacks, und Vorspeisen (ausgenommen die Cocktails an der Bar).

Jeder Gang wurde uns wunderschön und perfekt bis ins Details angerichtet in kleinen Portionen serviert – teilweise einzeln oder in Kombination mit ein bis zwei anderen Speisen. Als Hauptspeise aßen wir Spargel, mexikanischen Grillfisch und eine Lammrolle. Jedes Gericht wurde einzeln serviert und verzehrt, so dass man es unverfälscht und in all seiner Perfektion auf sich wirken lassen und jede Zutat erschmecken konnte. Übrigens ist das Menü im Benazuza fest, und man wählt die Speisen nicht individuell. Im Nachhinein betrachtet ist das nur sinnvoll, da man so Dinge probiert und genießt, deren Namen man bis dahin nicht einmal kannte.

Es folgten sechs Desserts, darunter eine Muschel mit einer weichen “Perle”, die beim Aufbeißen einen leckeren, süßen Saft offenbarte, ein Zuckerwatteball, Kirschen aus Mousse au Chocolat, und eine Limette mit Gelee-Füllung. Als Highlight wurde uns eine Kugel aus hauchdünnem Passionsfrucht-Eis serviert, die wir mit einem Holzknüppel aufschlagen durften, und die eine himmlische Komposition aus Waldfrüchten und Brownie-Stückchen zum Vorschein brachte.

Nach unseren insgesamt 25 Gängen und den vorangegangenen Cocktails an der Bar waren wir pappsatt und um eine fantastische Erfahrung reicher. Das Erlebnis war so ganz anders als jeder Restaurantbesuch, den wir bis dahin hatten. In fast drei Stunden haben wir geschmeckt, in winzigen Happen genossen, und die Detailverliebtheit, mit der Rafael Zafra seine Speisen kreiert, bewundert. Seine zwei Michelin-Sterne hat er (sofern mein ungeschulter Geschmack das beurteilen kann) zu Recht. Wenn ich also in Zukunft mal irgendwo ein Restaurant mit Molekularküche entdecke, werde ich mich nicht irritiert abwenden, sondern freudig unseren Besuch planen.

Ich danke dem Oasis Sens Cancún ganz herzlich für die Einladung, insbesondere Herrn Rafael Sloman. Auf die Gestaltung des Artikels wurde keinerlei Einfluss genommen, und ich schildere wie immer meine eigene Meinung.