Das Auroom in München: Meine perfekte Cocktailbar

Von Davidsights @Schlaraffenwelt

Gedimmtes Licht, Gold schimmert an den Wänden und vor mir ein Mai Tai erster Klasse. Ich denke an Harald Juhnke, dessen Definition von Glück mir in diesem Moment wiedermal sehr plausibel vorkommt: „Keine Termine und leicht einen sitzen.“ Das Auroom ist nicht irgendeine Cocktailbar. Für mich ist es zum Inbegriff eines Wohlfühl-Orts nach 22:00 Uhr geworden. Es ist die Mischung aus herausragenden Cocktails, purer Kompetenz, gepaart mit Leidenschaft und einem Servicegedanken, der mit „Entertainment“ eigentlich viel besser umschrieben wäre. Blöde Fragen gibt es hier nicht, blöde Wünsche schon gar nicht. Es gibt keine andere Lokalität, in der ich mich so gerne an die Bar setze, um dem Chefmixer bei seinem Handwerk zuzusehen. Und vor allem zuzuhören. Denn Alexander Wimmer mixt nicht nur Cocktails, er lebt sie. Wenn er in seiner ruhigen Art über das Aromenkonstrukt seiner Mixturen spricht, dann klingt er wie ein Sternekoch. Beginnt er dann sieben seiner Kreationen (die aus jeweils 6-9 Komponenten bestehen) parallel auf der Theke zusammenzubauen, dann will ich das auch nicht mehr Handwerk nennen. Es ist virtuos.

Das Auroom: Qualität spricht sich herum

Ich weiß noch genau, wie ich zum ersten Mal im Auroom landete. Es hatten bereits ein paar Longdrinks den Weg in meinen Magen gefunden. Zwei Jungs auf Tour. Die Stimmung war gut, aber um halb eins im Münchner Glockenbachviertel ist ein Clubbesuch noch keine ernsthafte Option. Ein kleiner Kickstart war noch nötig. Und weil uns der Sinn heute mal nicht nach Sambuca und Tequila stand, schlug mein Partner in Crime vor, geschwind noch edel einen Cocktail trinken zu gehen. Er hatte da eine Bar im Kopf, deren Namen ihm aber nicht mehr einfallen wollte. Doch er blieb hartnäckig und fragte den Türsteher des Clubs, den wir grade passierten: „Ich suche eine gute Cocktailbar – ziemlich dunkel und man geht ein paar Stufen runter.“ Dass uns der Mann auf dem Barhocker ohne nachzudenken den Weg Richtung Auroom wies, wundert mich heute nicht mehr. Qualität spricht sich herum.

Neulich war ich wieder dort. Es ist mittlerweile soweit gekommen, dass ich Gäste regelmäßig ins Auroom schleppe. Es ist ein kleines Angeber-Ding geworden – à la: „Ich hab da noch was in der Hinterhand.“ Nach einem herrlichen Tag in Biergärten, am Flaucher und nach einem guten Dinner ahnen die wenigsten, dass da noch ein Highlight folgen kann. Und dann stolpern sie ins Auroom. So auch dieses Mal. Meine drei Begleiterinnen waren – glaube ich – kurz irritiert, als ich sie um Mitternacht an der Bar positionierte, obwohl noch einige Tische frei gewesen wären. Wohl wissend, dass Karte, Barkeeper, Blick hinter die Bar, Ambiente und Alkohol in genau dieser Kombination schnell ihre Faszination entfalten würden. Zwei Stunden später waren drei junge Damen schwer verliebt und das Auroom hatte drei Edelfans mehr. Was war passiert?

Ein Barkeeper der allerbesten Sorte

Renommierten Barkeepern eilt noch immer der Ruf voraus, dass ihnen die Kunst des Mixens gerne mal zu Kopfe steigt. Dogmen werden erhoben. Flirten und Beraten liegen eng beieinander. Die Routinen des Meisters zu hinterfragen grenzt an Majestätsbeleidigung. Dann lieber einen Gin Tonic bestellen, da kann man sich schon nicht blamieren. Vielleicht sind das alles Klischees, aber ein Funke Wahrheit steckt schon drin. Barkeeper sind spezielle Typen. In den seltensten Fällen hatte ich das Gefühl, einem von ihnen auf Augenhöhe begegnen zu können. Im Auroom ist das anders.

Wir setzen uns an die Bar. Die Karte liest sich jedesmal aufs Neue spannend. Überforderung bei der ein oder anderen. Alex Wimmer kennt diese Situationen. Er wartet kurz und erkennt die missliche Lage. „Auf was hast du denn Lust,“ fragt er. „Auf was Herbes, aber nicht zu sauer und… fruchtig bitte.“ Mit Grapefruit? „Ja, gerne.“ Dann legt er los. Kandidatin zwei scheut sich ein wenig, einen Nutella Martini zu ordern. In so noblem Ambiente Nutella in den Shaker? Kann ich das hier wirklich bringen? Ein wohlwollendes Lächeln von der anderen Seite der Bar lässt alle Zweifel verpuffen. Minuten später steht ein dunkelbrauner Cocktail im Martini-Glas vor ihr. Wir schlürfen derweil Espresso-Martini aus kleinen Tässchen mit Gold-Ornamenten, die Alex auf dem Flohmarkt gefunden hat, wie er uns erzählt.

Platzwahl im Auroom: Wer nicht an der Bar sitzt ist selbst schuld

Es sind Selbstverständlichkeiten eines guten Service, die hier mehr wie freundschaftliche Gesten wirken. Die Damen entdecken die Armada kleiner Fläschchen am Rand der Bar, selbstgemachte Bitters, Liköre, Fleur de Sel. Zu allen Zutaten kann Alex eine kleine Geschichte erzählen. Bei den ganz spannenden Zutaten gibt’s dann sogar mal eine Kostprobe. Als er uns einen Schuss finnischen Salmiaki einschenkt, flippen vier alkoholisierte End-Zwanziger schier aus. Vier Cocktail-Laien tauchen ein in die Welt der feinen Spirituosen, verrückter Sirups, wahnwitziger Kombinationen und persönlicher Anekdoten einer Koryphäe des Barkeepertums. Und das wirkt so bescheiden, so kompetent und nett, dass wir dem Mann hinter der Bar zwei Stunden lang Löcher in den Bauch fragen und gar nicht mehr gehen wollen.

Zugegeben: Das mit der Koryphäe erfahre ich erst, als ich am Tag darauf mit müden Augen, aber ohne Kater den Namen unseres Gastgebers google. Als ich wieder rüber zu Facebook wechsle, muss ich schmunzeln: „Zwei deiner Freunde gefällt jetzt Auroom.“ Zurecht! Genau so gewinnt man treue Fans und Multiplikatoren.