Das Aufklärungsgespräch

Und hier wieder eine Folge von “Wieso ich eigentlich Medizin studiert habe”…

Die befreundete chirurgische Fachabteilung hatte schon gefühlte hundert Mal angerufen. Wann ich denn endlich käme… dieser GAAAANZ wichtige Patient solle am Montag operiert werden. Jetzt, am Samstag, müsse er ganz schnell für die Narkose aufgeklärt werden. Und zwar von mir. Wann ich denn käme? Ich seufzte. Wenn ich hier im OP fertig bin, erklärte ich. Drei weitere Anrufe später schlurfte ich endlich auf Station, um mir diese Notfallaufklärung mal anzusehen. Recht schnell stellte ich fest, dass der ganz wichtige Patient unserer Sprache leider nicht mächtig war. Und ich nicht seiner. Das macht sich immer schlecht im Aufklärungsgespräch. Wenn man sich nicht unterhalten kann. Ich seufzte mal wieder. Nach einigem Suchen hatte ich einen Kollegen der befreundeten Fachabteilung gefunden und beschwerte mich ein wenig darüber, dass man mich hierher zitierte, und dann kann ich nicht mal mit dem Patienten reden. Man solle mir bitte einen Übersetzer organisieren – und zwar pronto. Zerknirscht sicherte man mir einen solchen zu. Ich solle um 19 Uhr wiederkommen. Gesagt – getan. Punkt 19 Uhr stehe ich wieder auf dem Stationsflur. Eine mitleidige Schwester schüttelte nur stumm den Kopf. Ich war mal wieder verärgert. Die Schwester sicherte mir zu, sie würde mich anrufen, wenn der Übersetzer da sei. Gegen 21 Uhr meldete sie sich tatsächlich. Ich stand wieder im OP. Er müsse dann eben warten, sagte ich. Die Schwester druckste ein wenig herum… das mit dem Übersetzer… also, er spreche ja die Sprache des Patienten, aber auch kein Deutsch. Ich müsste das auf Englisch machen. Ich seufzte ERNEUT. Eigentlich mache ich keine Aufklärungen über drei Sprachen, aber wenn es nicht anders ginge… um diese Uhrzeit war ich langsam zu Kompromissen bereit. Ich stiefelte nach getaner Arbeit erneut auf Station. Wortlos nahm ich mir die Akte des Patienten und arbeitete sie durch. Dann ging ich zu Patient und Übersetzer und stellte mich vor. Ich ging mit dem Übersetzer die lange Liste der Vorerkrankungen durch. Ich redete und redete, der Übersetzer, der, wie man sich denken kann, kein professioneller Dolmetscher war (war ja schließlich Wochenende), sondern vielmehr ein Verwandter des Patienten, sagte immer “ja”, bzw. “yes”. Nach etwa 15 Minuten war ich damit fertig und fing an, Fragen zu stellen. Ich wollte da etwas zu den Medikamenten wissen. Der Übersetzer sah mich an wie ein Mondauto. Mich beschlich eine leise Ahnung.
“Verstehen Sie eigentlich ein Wort von dem, was ich zu Ihnen sage?” fragte ich. Wieder dieser unverständige Blick.
Schließlich sagte er in gebrochenem Englisch: “Können wir das vielleicht morgen machen… mit Dolmetscher?”

Ich seufzte. Und ging.


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