Darf man Kritik an Israel üben?

Stein des Anstoßes ist ein im „Deutsches Pfarrerblatt“ erschienener Artikel, der sich kritisch mit der Siedlungspolitik Israels beschäftigt.
Der Pfarrer Jochen Vollmer schreibt in der Einleitung:
Für den Friedensprozess im Nahen Osten erachtet die internationale Politik den Ausgleich der Interessen zwischen Israelis und Palästinensern als fundamental an. Doch das Selbstverständnis des Staates Israel steht dem im Weg. Jochen Vollmer rekonstruiert die Konfliktlage historisch und politisch und plädiert für eine Befreiung der Theologie aus nationalreligiösen Engführungen.

Ich halte diese Kritik von Pfarrer Vollmer für berechtigt, wenn er schreibt.
Die Menschenrechte sind unteilbar. Wo Christen und Christinnen einseitig für Israel und den Staat Israel Partei ergreifen, machen sie Gott zum Parteigänger und Komplizen. Nur wenn sich Israel seiner Geschichte stellt und nicht nur die Erinnerung an den Holocaust einfordert, sondern auch die Erinnerung an die Nakba zulässt und sich zu eigen macht32, wenn es das Land mit den Palästinensern zu teilen bereit ist, kann es eine friedliche Zukunft für Juden und Palästinenser geben. Das Problem sind die nationalreligiösen Siedler, die das Land, nicht den Frieden wollen.33 Der Staat Israel in den sicheren Grenzen vor 1967 und ein lebensfähiger Palästinenserstaat sind ein Gebot der Vernunft und des Friedens.

Die Webseite israelnetz.com macht daraus:
Völlig überhoben hat sich ein Pfarrer, der pünktlich zum Israelsonntag vieles niederschrieb, was unter Israelfeinden gedacht wird. Im Mittelalter war es der "böse jüdische Glaube", später war es die "minderwertige jüdische Rasse", heute ist es der angebliche "jüdische Landraub" palästinensischer Erde. Nun lässt sich mit solchen Verfassern kaum diskutieren, denn deren Einschätzung ist Weltanschauung, ist antijüdische Ideologie.

Wenn wir nicht endlich umdenken, hin zu Kooperation und Partnerschaft, werden noch Generationen brauchen, um zu erkennen, das Gewalt keine Lösung ist.
Der eigentliche Skandal ist nicht jener Text im Deutschen Pfarrerblatt (Ausgabe August 2011), sondern dass er dort überhaupt veröffentlicht worden ist. Gewiss, eine Zeitung muss nicht komplett mit Inhalten von Namensartikeln einverstanden sein, aber eine Redaktion trägt die Gesamtverantwortung. Sie muss den Leser, vielleicht sogar den Verfasser, vor Blödsinn schützen und vor böser Polemik und antisemitischer Hetze.
Im langen Sermon "Vom Nationalgott Jahwe zum Herrn der Welt und aller Völker" spekuliert der Verfasser über das Thema "Der Israel-Palästina-Konflikt und die Befreiung der Theologie". Dort heißt es am Schluss: "Wo Christen und Christinnen einseitig für Israel und den Staat Israel Partei ergreifen, machen sie Gott zum Parteigänger und Komplizen…Das Problem sind die nationalreligiösen Siedler, die das Land, nicht den Frieden wollen." Sollte man präziser sagen: "Das Problem sind die nationalreligiösen JUDEN"? Oder auf den Punkt gebracht und in deutscher und kirchlicher Tradition: "Die Juden sind unser Unglück"?

In Anbetracht der Proteste in Israel, wird ein Umdenken erzwungen werden.
Quellen:
Deutsches Pfarrerblatt
Israel-Netz
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