Es war einmal eine Bundesfamilienministerin, die hieß Kristina Schröder und wollte die Märchen der Gebrüder Grimm für Kinder entschärfen und säubern. Ihre Begründung: Politisch nicht korrekt, sexistisch und überhaupt ganz schlimm. Ihrer Tochter, so kündigte sie an, werde sie beim Aufkommen erster Zweifel „sofort offen“ die Wahrheit sagen: „Das mit dem Weihnachtsmann ist eine schöne Geschichte.“ Abgesehen davon, dass das so nicht ganz stimmt und es den Weihnachtsmann natürlich gibt, wie auch auf Opas Blog nachzulesen ist, tun diese so wahrheitsliebenden Eltern ihren Kindern einen Tort an. Denn nichts ist für die Entwicklung von Kindern so wichtig wie Illusionen, in denen sie sich so richtig austoben und ihre Fantasie entwickeln können. Vielleicht erinnert sich ja noch der eine oder andere, wie schrecklich es war, als die eine oder andere Illusion wie eine Seifenblase zerplatzt ist. Oma kann heute noch die Tränen fühlen, die sie geweint hat, als sie davon erfuhr, dass es Sinter Klaas, den holländischen Nikolaus, nicht wirklich gibt. Opa selbst hat keine diesbezüglichen Erinnerungen, konnte aber jetzt bei unserem jüngsten Enkel eine ähnliche Beobachtung machen. Als er letztens bei uns war, foppten Oma und Opa ihn dahingehend, dass wir ihm weismachten, er könne mit seinen Zauberhänden unseren Brunnen an und aus stellen. Natürlich merkte er nicht, dass immer einer von uns nicht mit draußen, sondern drinnen am Schalter war, und diesen zeitgleich mit seinen Handbewegungen bediente. Als ich ihm schließlich erklärte, dass immer entweder Opa oder Oma den Schalter bedient hatten, schaute er mich ganz enttäuscht und traurig an und meinte nur: „Aber da muss es doch noch ein Geheimnis geben!“ Was soll ich sagen! Leute, lasst den Kindern ihre Illusionen und damit ihren Spaß. Wissenschaftlich ausgedrückt hört sich das so an: „Beim Kind füllt die Fantasie die großen Lücken in seinem Verständnis aus. Diese beruhen auf der Unreife des kindlichen Denkens und dem Mangel an Sachinformationen. Fantasie entspringt also aus einem beobachteten Ausschnitt der Wirklichkeit, den sich das Kind nicht rational erklären kann“, schreibt Ninja Christine Rickwärtz in ihrer Arbeit „Die Welt der Kinderfilme – zu realitätsfern oder kindgerecht?“. Aber das ist wieder an anderes Thema. Bis dahin lassen wir es beim Märchenhaften: … und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.