Dänemark gehört nicht zu den Eurostaaten. Genau so wenig wie Polen. Oder Ungarn. Das mag für diese Länder in der aktuellen Eurokrise ein Segen sein, für Europa ist es jedoch ein Fluch. Ungarn hatte bis Ende Juni 2011 die EU-Ratspräsidentschaft inne. Das schwere Erbe übernahm mitten im Krisensommer Polen, nun folgt – mitten im Krisenwinter – Dänemark.
Ein schweres Los für das skandinavische Land. Es gibt momentan in Europa nur ein Thema: die Euro-Rettung. Auch Dänemarks neue Regierungschefin Helle Thorning-Schmidt nennt die Stabilisierung des Euros als wichtigstes Ziel der kommenden sechs Monate. Was anderes könnte Thorning-Schmidt auch nicht sagen. Sie weiß genau, wie wichtig die gemeinsame Währung ist, für Europa, aber auch für Dänemark.
Denn obwohl die Dänen mit Kronen bezahlen, sind sie längst nicht so unabhängig vom Euro, wie sie es gerne hätten. Sollte der Euro im weiteren Verlauf der Krise stark an Wert verlieren, würde das die dänische Krone automatisch aufwerten. Das ist schlecht für die dänische Wirtschaft: Dänemark lebt wie auch Deutschland vom Export, eine Verteuerung der eigenen Währung würde zugleich eine Verteuerung der Exportwaren bedeuten.
Mit aller Kraft für den Euro
Wie gefährlich so etwas für eine Exportnation ist, zeigte 2011 das Beispiel Schweiz. Weil der Schweizer Franken stetig teurer wurde, litt der Export. Eine Pleitewelle erfasste vor allem kleinere, landwirtschaftliche Betriebe. Um diesen Trend zu stoppen, koppelte die Schweizer Notenbank im September den Wert des Franken künstlich an den Euro.
Das wollen die Dänen mit ihrer Krone nicht tun müssen. Deswegen hat sich die Thorning-Schmidt vorgenommen, mit aller Kraft um den Euro zu kämpfen. Doch das ist schwierig. Denn auch wenn die Regierung hinter der europäischen Gemeinschaftswährung steht, das dänische Volk lehnt den Euro ab. Schon zwei Mal wurde es in einer Volksabstimmung zur Einführung des Euros befragt, beide Male scheiterte die EU-Währung.
Die Dänen gelten eh schon als Europa-kritisch, Thorning-Schmidt fehlt also die Rückendeckung vom eigenen Volk. Und dann ist die EU auch noch zerstritten wie nie zuvor. Der polnische Regierungschef Donald Tusk übergab das Zepter jedenfalls mit viel Frust an seine dänische Nachfolgerin. «Ich kann heute nicht sagen, dass Europa Ende 2011 geeinter ist als vor sechs Monaten, vor einem Jahr oder vor fünf Jahren», sagte er zum Abschluss vor dem Europäischen Parlament.
Bürde und Chance zugleich
Diese Schwierigkeiten erkennt auch Thorning-Schmidt. «Wir übernehmen die Präsidentschaft zu einem historisch schwierigen Zeitpunkt. Unsere Präsidentschaft erfolgt, ebenso wie die polnische, inmitten einer Krise», sagte sie bei der Vorstellung des Programms in Kopenhagen. Wirtschafts- und Innenministerin Margrethe Vestager betonte: «Obwohl wir kein Mitglied der Eurozone sind, haben wir eine wichtige Rolle beim Überbrücken der verschiedenen Interessen.» Es sei ein «Kernanliegen» der Dänen, die Geschlossenheit der 27 EU-Mitgliedsländer zu stärken.
Bei solchen Voraussetzungen ins Amt zu kommen ist eine Bürde für Helle Thorning-Schmidt, die erst seit Anfang Oktober Ministerpräsidentin ist. Aber zugleich ist es auch eine Chance: Dänemark könnte als kleines Nicht-Euroland zwischen den zerstrittenen Parteien England auf der einen Seite und Frankreich und Deutschland auf der anderen vermitteln. Außerdem kann Dänemark mit seiner Ratspräsidentschaft eine Brücke zwischen den Eurostaaten und der restlichen EU bilden.
So sieht es auch das deutsche Außenministerium. Auf news.de-Anfrage hob ein Sprecher die Vorbildfunktion der Dänen hervor. «Dänemark gehört zusammen mit Deutschland zu der Gruppe der EU-Länder, die sich konsequent für Haushaltsdisziplin und den Abbau öffentlicher Schulden eingesetzt haben.» Außerdem sei Dänemark obwohl es nicht Teil des Euro-Raums ist, dem Euro-Plus-Pakt beigetreten. «Das zeigt, dass der Euro keine Trennlinie durch Europa bildet.»
Der Euro soll Europa nicht entzweien, sondern einen. Was lange Zeit als logisch galt, wurde zuletzt oft bezweifelt. Es ist nun an Dänemark, die Grundidee der Europäischen Union wiederzubeleben: die Einheit verschiedener Völker.
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Euro-Krise – Dänemarks schwere Bürde