Damn Birds!: “Ein Jahr vogelfrei!”

Von Denis Sasse @filmtogo

© 20th Century Fox / Owen Wilson, Steve Martin und Jack Black (v.l.n.r.) in "Ein Jahr vogelfrei!"

Man möchte mal wieder besonders witzig sein, anders kann man sich die Floskel zu Beginn der neuen Komödie von David Frankel („Marley & Ich“, „Der Teufel trägt Prada“) nicht erklären: „Dies ist eine wahre Geschichte, nur die Fakten wurden verändert“, heißt es nun also im Vorspann zu „Ein Jahr Vogelfrei“, einer Hetzjagd durch die Vogelwelt Nordamerikas, bei der Jack Black, Owen Wilson und Steve Martin darum buhlen, wer die meisten Vogelarten erfasst bekommt. Dieser Wettbewerb nennt sich dann „Big Year“, wie auch der englischsprachige Originaltitel des Films lautet und ist inspiriert durch das Buch „The Big Year: A Tale of Man, Nature and Fowl Obsession“ des Schriftstellers Mark Obmascik. Die grausame Wahrheit ist, dass dieser anfängliche Satz, der zwischen Echtheit und Fiktion der folgenden Geschichte nicht unterscheiden möchte, tatsächlich der witzigste Moment des Films bleibt.

Ansonsten wird recht schlicht von drei Männern berichtet, die es sich in den Kopf gesetzt haben, einmal quer über den nordamerikanischen Kontinent zu reisen und ihr großes Ziel zu erreichen, zu den renommiertesten Vogelbeobachtern der Welt zu gehören. Diese drei Männer sind der Geschäftsmann Stu Preissler (Steve Martin), der Computerfachmann Brad Harris (Jack Black) und der Bauunternehmer Kenny Bostick (Owen Wilson). Die Herausforderung besteht nun also darin, im Verlauf eines Kalenderjahres in Nordamerika so viele verschiedene Vogelarten wie nur möglich auszumachen. Was sie dabei entdecken sind nicht nur die zwitschernden Objekte der Begierde, sondern auch die Dinge, die ihnen wirklich wichtig sind.

Steve Martin und Jack Black

Und das sind bei zwei von drei Männern nicht die Vögel, die hier die einleitende Sequenz von „Ein Jahr vogelfrei!“ bevölkern: Zuerst Papageien, die sich durch die Lüfte schwingen, dann ein Hahn, der seinen morgendlichen Schrei ausstößt sowie ein Pfau, der mit seiner Schönheit prahlt. Dann sehen wir auch schon Hauptdarsteller Jack Black. Spielt er sonst doch selbst immer den bunten Vogel in seinen Filmen, wirkt es hier so, als würde er nur des Geldes wegen lustlos einen Job verrichten. Da helfen auch Kollegen wie Steve Martin oder Owen Wilson nicht weiter, für alle drei gab es schon bessere Zeiten – oder Filme. „Du bist nicht der einzige mit einem Sinn für Humor“ muss sich Martin (seine besten Auftritte hat er heutzutage in der US-Show „Saturday Night Live“) in einer Szene anhören und erwidert daraufhin „Doch, das bin ich.“, was nicht ganz der Wahrheit entspricht, fehlt es doch im gesamten Drehbuch am nötigen Witz. Das versucht der Film durch verschrobene Angewohnheiten wett zu machen. So wandert Black mit Kopfhörern durch ein Großraumbüro, hört aber nicht etwa Musik, sondern das Geträller von unterschiedlichen Vogelgattungen, damit er diese verinnerlichen kann. Das führt bei seinen Kollegen zu größter Irritation. Einzig Ellie, die von einer viel zu wenig Leinwandzeit bekommenden Rashida Jones dargestellt wird, scheint auf den Sonderling zu fliegen. Kein Wunder, sie selbst imitiert Vogelgesang derart gut, dass der Mann, der in seiner Freizeit Vogelgesängen lauscht, natürlich sofort hin und weg von ihr ist und vice versa. Dieses Schicksal erleidet nicht nur er allein, sondern auch seine Mitstreiter um die „Big Year“-Krone. Stu Preissler, von Steve Martin gespielt, der inzwischen in eine alter, weiser Freund-Kategorie gedrängt wird, möchte endlich in den wohlverdienten Ruhestand gehen, aber seine Mitarbeiter lassen ihn nicht zur Ruhe kommen, bleiben auf seine Hilfe angewiesen und erschweren ihm den Ausstieg so gut es nur geht. Und auch Kenny Bostick, mit 732 Vogelsichtungen der amtierende „Big Year“-Champion, findet nur wenig Anerkennung für sein extravagantes Hobby. Seine letzte Beziehung ist deswegen in die Brüche gegangen und auch aktuell schaut es nicht sonderlich gut für ihn aus.

Owen Wilson

Sie sind die Nerds einer Generation von Vogelkundschaftern. Hier gibt es keine Comics oder Computerspiele, hier fühlt man sich noch der Natur verbunden. Im Grunde versucht der Film aber nicht dieser Vogel-Nerd-Kultur zu frönen, sondern ihren Abgesang zu zwitschern. Während sich einer der drei Hauptprotagonisten zum Super-Vogelkenner auf erhebt, dafür aber sehnsüchtig einem turtelnden Pärchen hinterher schaut, finden die anderen Beiden die Erfüllung ihres Daseins in den Beziehungen zu ihren jeweiligen Frauchen und schließen auch noch Freundschaft miteinander. Das ist dann der wahre Erfolg: Vertrödel nicht zu viel Zeit mit einem belanglosen Hobby, denke lieber an deine Familie. Der Film scheint sich mehr als Rettung aus dem Nerd-Dasein zu verstehen, als diesen Lebensstil zu unterstützen. Und das, wo in einer der Nebenrollen der Über-Nerd Jim Parsons aus „The Big Bang Theory“ agieren darf, ebenso wie die mit den Muppets herumtollende Rashida Jones und „Community“-Darsteller Joel McHale, der innerhalb seiner Serie sicherlich zum Nerd-Versteher gemacht wurde. Daneben sind auch noch Anjelica Huston und Kevin Pollack zu sehen sowie die Stimme von John Cleese zu hören – eine Besetzungsliste, schaut man sie sich in ihrer Gänze an, die auf eine qualitativ hochwertige Komödie schließen lässt. Aber nur, wenn das Drehbuch funktioniert, was es in diesem Fall überhaupt nicht tut. Alle Darsteller wurden schon mal mehr gefordert, bewegen sich hier eher emotionslos von Szene zu Szene ohne dabei nur das geringste Interesse an der Handlung zu wecken.

„Ein Jahr vogelfrei!“ hat seine Möglichkeiten gänzlich verpasst, dass gegenseitige Ausspielen und Betrügen hätte für interessante und lustige Verwicklungen sorgen können, die hier von Drehbuchautor Howard Franklin („Agent Null Null Nix“) offenbar nicht erkannt wurden. Kein Witz zündet. Zeitweise wird man sich sogar fragen, ob der Film überhaupt eine Komödie sein soll, so belanglos scheint hier alles inszeniert worden zu sein. Und wer die Hoffnung hat, hier auf eine ganze Reihe von hübsch anzusehenden Vogelarten zu treffen, wird ebenso enttäuscht werden.

Denis Sasse


‘“Ein Jahr vogelfrei!“